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# taz.de -- Brutale Gänsemast in Spanien: Fette Qual für fette Leber
> Die Produktion der Delikatesse „Foie Gras“ gerät in Spanien ins
> Kreuzfeuer der Kritik. Nach schockierenden Bildern reagieren die
> Behörden.
Bild: Völlig überfüttert wächst die Leber der Gänse auf mehr als ein halbe…
MADRID taz | Die diesjährige Weihnachtszeit ist den spanischen Schlemmern
gründlich verdorben worden. Die internationale Tierschutzorganisation
Animal Equality hat Fotos aus spanischen Betrieben veröffentlicht, in denen
Enten und Gänse gehalten werden, deren Leber zu Foie Gras verarbeitet wird
– auch als Stopfleber bekannt. Bilder in Zeitungen schocken die Leser, im
Internet machen zudem Videos die Runde.
Und sie haben Konsequenzen: Ein Betrieb – Momotegi im Baskenland – wurde
nach einer Anzeige der Tierschützer von den Behörden unter die Lupe
genommen und wegen Verstoß gegen Hygienevorschriften mit einem Bußgeld
belegt, ebenso der Momotegi-Kunde Mugaritz. Dem Lokal mit zwei
Michelin-Sternen wird vorgeworfen, Leber bei einem Betrieb zu kaufen, der
nicht den Vorschriften entspricht.
Die Videos und Fotos von Animal Equality stammen aus vier Mastbetrieben.
Sie zeigen gestresste Tiere, die sich beim Versuch, aus den viel zu engen
Käfigen zu entkommen, selbst verletzen. Tiere, die ohne Betäubung getötet
werden. Kranke Tiere, die ohne Tierarzt bis zum Tod vor sich hin
vegetieren.
Hinzu kommen die Bilder vom Stopfens. So heißt die Methode, mit der die
Enten und Gänse mithilfe eines Trichters zwangsernährt werden. Völlig
überfüttert wächst die Leber der Tiere auf mehr als ein halbes Kilogramm –
bei einem Gesamtgewicht von rund 7 Kilo. Es sind diese völlig überfetteten
Lebern, die zu Foie Gras verarbeitet werden.
## Aufschrei der Gourmets
„Die Bußgeldbescheide zeigen, das wir gute Arbeit geleistet haben“, erklä…
Animal-Equality-Sprecherin Xoxe Gómez zufrieden. Die Forschungsteams hätten
„als Personen, die sich für die Branche interessieren“, Zutritt zu den
Betrieben erhalten.
Der Aufschrei der Gourmets ließ nicht auf sich warten. Über 400 Menschen
unterzeichneten ein Manifest, das den Mugaritz-Küchenchef Adoni Luis Aduriz
in Schutz nimmt. Sie werfen den Tierschützern „Rufschädigung“ und
„Manipulation von Bildern“ vor. Bekannte spanische Köche wie Ferran Adría,
Juan Mari oder Elena Arzak gehören zu den Unterzeichnern.
Ramón Puyuelo, Geschäftsführer des Branchenverbands Interpalm, der 78
Prozent der Mastbetriebe und 80 Prozent der weiterverarbeitenden Industrie
zu seinen Mitgliedern zählt, bestreitet die Unregelmäßigkeiten beim
Schlachten nicht, entschuldigt sie aber: „Wenn Zehntausende von Tieren
geschlachtet werden, kann es schon einmal zu Fehlern kommen“, sagt er „Das
ist wie im Krankenhaus: Bedauerlicherweise geht eine von Tausenden von
Operationen auch schief.“
Zudem erhebt Puyuelo seinerseits Vorwürfe gegen die Tierschützer: Für
einige Aufnahmen sei Animal Equality nachts in Ställe eingedrungen und habe
damit überhaupt erst die Stresssituationen für die Tiere erzeugt, in deren
Folge sich diese dann verletzt haben.
## Drittgerößter Produzent
Während die Mastform des Stopfens in vielen europäischen Staaten, darunter
in Deutschland, als Tierquälerei verboten ist, werden in Spanien jährlich
rund 1,2 Millionen Tiere zu Lieferanten der Fettleber herangezogen. Nach
Frankreich und Bulgarien ist Spanien damit der drittgrößte europäische
Produzent von Foie Gras.
Einer der marktführenden weiterverarbeitenden Betriebe, Collverd, gehört
dem Interpalm-Vorsitzenden und Vizepräsidenten des europäischen Verbandes
EuroFoieGras, Jordi Terol. Collverd ist einer der Großkunden von zwei der
von Animal Equality beschuldigten Mastbetrieben.
„Wir werden in den kommenden Wochen weiteres Material veröffentlichen“,
erklärt Animal-Equality-Sprecherin Xoxe Gómez. „Wir haben insgesamt elf
spanische Mastbetriebe unter die Lupe genommen“, sagt sie. Das entspreche
über 80 Prozent der spanischen Produktion. Eine Gruppe von acht
Europarlamentariern wolle das Material nutzen, um ein europaweites Verbot
des Stopfens zur Foie-Gras-Produktion zu erreichen.
Dass es auch anders geht, zeigt ein kleiner Betrieb in Südspanien. Er hält
die Tiere im Freien. Sie fressen sich ganz natürlich eine Fettleber an, da
sie sich auf den herbstlichen Flug nach Afrika vorbereiten, zu dem es dann
freilich nicht mehr kommt. Auf Drängen der Produzenten aus dem Mutterland
der Fettleberpastete, Frankreich, darf sich das so gewonnene Produkt –
trotz eines gallischen Feinschmeckerpreises – allerdings nach europäischer
Richtlinie nicht Foie Gras nennen.
21 Dec 2012
## AUTOREN
Rainer Wandler
## TAGS
Tierschutz
Spanien
Tierschutz
Spanien
Landwirtschaft
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