Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Polizeieinsatz gegen 96-Fans: Aufmarsch in Achim
> Die Polizei kesselt 434 Hannover-Fans auf einem Bahnhof in Niedersachsen
> ein und spricht von Randale. Zeugen sehen das anders und kritisieren die
> Beamten.
Bild: Ankunft in Hannover: Polizeibeamte nehmen die in Achim eingekesselten 96-…
Martin Kind war richtig sauer. Der Präsident von Hannover 96 musste am
Freitagabend zunächst mit ansehen, wie sein Klub bei Werder Bremen
unterlag. Später erreichte ihn die Nachricht, dass Anhänger der 96er auf
dem Weg nach Bremen auf dem Bahnhof Achim randaliert hätten. Einen Tag
später [1][äußerte] Kind sich im NDR: „Wir müssen überlegen, ob wir in d…
neuen Saison noch Karten an die Ultras verkaufen.“ Kind lobte die Polizei
für ihr „konsequentes“ Handeln.
Gehandelt hatten die Beamten der Bundespolizei aus Bremen und Hannover in
der Tat: 434 Personen wurden bis in die frühen Morgenstunden in der
niedersächsischen Landeshauptstadt erfasst. Ein Hubschrauber und drei
Hundertschaften waren im Einsatz.
Laut der Behörden müssen die „Randalierer“ jetzt mit Strafanzeigen wegen
des Verdachtes auf gemeinschaftlich begangenen Landfriedensbruch,
Missbrauch von Nothilfemitteln, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und
Sachbeschädigung rechnen.
In der Bewertung dessen, was im Landkreis Verden passiert ist, waren sich
Polizei und norddeutsche Presse [2][einig]. „Hannover-Fans randalieren auf
Achimer Bahnhof, titelte etwa der [3][Weser-Kurier]. Dagegen wehrt sich die
Fanhilfe Hannover. Sie zeigt sich in einer Stellungnahme „erschrocken über
die Falschdarstellung in den Pressemitteilungen der Bundespolizei“.
## Verbotene Fanmärsche
Was war los in Achim? Am Freitagnachmittag waren etwa 700 Fans aus
Hannover, unter ihnen etwa 300 Ultras, mit dem Regionalexpress 4424
Richtung Bremen unterwegs. Um 18 Uhr stiegen in Achim etwa 150 Ultras aus,
um einen Anschlusszug in Richtung Bremen-Sebaldsbrück zu nehmen. Von dort
aus ist das Weserstadion fußläufig zu erreichen.
Den vorgesehenen Anreiseweg, der in Bremen vom Hauptbahnhof per Shuttlebus
organisiert ist, wollte man verlassen und damit eine Verfügung der
Hansestadt umgehen, die Fanmärsche in Richtung Stadion verbietet. Für
Florian Meyer von der Fanhilfe Hannover war das eine „spontane Aktion“,
während der Bremer Polizeisprecher Holger Jureczko von einer „gezielten
Aktion“ spricht. „Für eine Auswärtsfahrt waren die Leute eher
unterdurchschnittlich alkoholisiert und entspannt unterwegs“, erinnert sich
Meyer.
Der Anschlusszug kam nicht, obwohl er im Bahnfahrplan steht. Stattdessen
rückte Verstärkung für die vorhandenen Beamten an. Die Fans wurden
eingekesselt, ein Polizeihubschrauber begann über Achim zu kreisen. „Es
ging darum zu verhindern, dass die Fans ins Bremer Stadtgebiet einsickern“,
sagt Polizeisprecher Jureczko. Das Aufeinandertreffen verfeindeter
Fangruppen sollte verhindert werden.
Die Fans wurden unruhig, blieben aber friedlich. Schließlich wurden zwei
Böller gezündet. Florian Meyer bestätigt das, nicht aber das bengalische
Feuer, von dem in der Polizeimeldung die Rede ist. Weil im Kessel keine
Möglichkeit bestand, zur Toilette zu gehen, wurde vom Bahnsteig gepinkelt.
Laut Polizei waren einige Fans auf den Gleisen unterwegs – Grund für die
Vollsperrung der Strecke. Randale?
## Körperliche Auseinandersetzungen
Kurz nach 20 Uhr traf ein leerer Regionalexpress ein, der die Fans zurück
nach Hannover transportieren sollte. Ein Großteil der 96-Fans wanderte in
den doppelstöckigen Zug. Wer sich weigerte, wurde in die bereits
überfüllten Eingangsbereiche geschoben. Es kam zu körperlichen
Auseinandersetzungen. Begann nun die Randale?
Hermann Kadel, der in der Nähe des Bahnhofs wohnt, beobachtete das
Geschehen: Der Einstiegsbereich des Zuges „war voll wie eine
Sardinenbüchse, da ging keiner mehr rein“. Weil gerempelt und geschoben
wurde, habe im Türbereich ein schmächtiger, 1,70 großer Jugendlicher das
Gleichgewicht verloren. „Drei Beamte haben den rausgezogen und ihm die Arme
auf den Rücken gerissen. Dann ist von der Seite ein vierter Beamter
dazugekommen und hat mit beiden Fäusten auf den Jungen eingeschlagen“, sagt
der Augenzeuge.
Wenn irgendwo eine Zugtür aufgegangen sei, hätten die Beamten wahllos auf
die Personen in die Türöffnungen eingeprügelt. In der Polizeimitteilung ist
vom „kurzzeitigen Schlagstockeinsatz“ die Rede. Der vom Polizeiverhalten
schockierte Hermann Kadel überlegt nun, Anzeige zu erstatten.
Bis 3 Uhr morgens waren Polizeibeamte in Hannover damit beschäftigt, die
Personalien der Fans aus dem Zug von Achim aufzunehmen. Danach wurde die
[4][Pressemitteilung] über die Fanrandale verfasst.
5 Feb 2013
## LINKS
[1] http://www.ndr.de/ndr2/audio146869.html
[2] http://www.neuepresse.de/Hannover-96/Aktuell/96-Ultras-randalieren-bei-Anre…
[3] http://www.weser-kurier.de/region/zeitungen_artikel,-Fussballfans-randalier…
[4] http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/70255/2409020/bpol-hb-abschluss…
## AUTOREN
Jan Scheper
## TAGS
Ultras
Martin Kind
Hannover 96
Bundespolizei
Fans
Fans
Fans
Niedersachsen
Fußball
Alemannia Aachen
Andreas Rettig
## ARTIKEL ZUM THEMA
Polizeieinsätze bei Fussballspielen: Wer zahlt?
Die Bremer SPD will, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) künftig für
Polizeieinsätze rund um die Spiele von Werder Bremen zahlt.
Ultras in Deutschland: Teil einer Jugendbewegung
Ultras sind extreme Fußballfans. In Istanbul, Rio und Kairo sind sie Helden
des Protests. Hier gelten sie als Krawallos. Sind die wirklich so böse?
Kolumne Press-Schlag: Anschwellende Nacktdebatte
Zwei Jugendlichen aus Halle wurde bei einer Polizeikontrolle in den After
geschaut. Die Fanszene ist alarmiert. Möge ihr Kampf weitergehen!
Koalitionsverhandlungen Niedersachsen: Freie Fahrt für Rot-Grün
Niedersachsens Grüne lenken beim Bau der A20 und der A39 ein. Damit ist ein
Knackpunkt in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD vom Tisch.
Niedersachsen-Derby: Triumph des Schwächeren
Die Fußballer von Hannover 96 besiegen deutlich überlegene Wolfsburger mit
2:1. Denen hat der jüngste Trainerwechsel zwar Stabilität gebracht - aber
die nötige Sicherheit vor dem Tor fehlt noch.
Kolumne Pressschlag: Die transatlantische Kleinwerdung
Hannover 96 hat der Bundesliga vorgemacht, wie effektives Scouting
funktioniert: Man ordert per Katalog. Kleine Fehler nimmt man dann auch in
Kauf.
Aachener Ultra über Nazifans: „Wir sind mürbe geworden“
Die linken Aachener Ultras ziehen sich wegen ständiger Attacken von
Nazifans aus dem Stadion zurück. Dass ihr Klub fast tatenlos zusieht, macht
sie ratlos.
DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig: „Ich bin froh, dass es die Ultras gibt�…
Der neue DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig fordert Vereine, Fans und
Polizei auf, ihre Machtspielchen zu beenden. Er fühlt sich im Stadion
sicher.
Demo zu 20 Jahre Lichtenhagen: Rostock-Nachspiel in Berlin
Auf der Rückfahrt von Rostock-Lichtenhagen wurden am Wochenende in Berlin
viele Demonstranten aufgehalten und durchsucht. Das war rechtlich
fragwürdig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.