# taz.de -- Zuwanderer in Österreich: Einen Pass kriegt, wer Schnee schippt | |
> Wer sich in Österreich einbürgern lassen will, muss gut Deutsch sprechen | |
> und sich ehrenamtlich engagieren. Zum Beispiel bei der Freiwilligen | |
> Feuerwehr. | |
Bild: Schneeschippen in Wien: Tätigkeiten zum Nulltarif erhöhen für Ausländ… | |
WIEN taz | Die Freiwillige Feuerwehr in Österreichs Dörfern wird in den | |
nächsten Jahren wohl kräftigen Zulauf von Zuwanderern bekommen. Denn nach | |
den neuen Einbürgerungsregelungen, auf die sich die Koalitionsparteien SPÖ | |
und ÖVP am Dienstag einigten, wird ehrenamtliches Engagement ein wichtiges | |
Kriterium für den Grad der Integration. | |
Wer nach sechs und nicht erst nach zehn Jahren den begehrten Pass | |
ausgestellt bekommen will, muss außerdem Deutsch auf | |
Abitur-Fremdsprachenniveau nachweisen und durchschnittlich 1.000 Euro netto | |
im Monat verdienen. Wer auch nach zehn Jahren nicht ausreichend Deutsch | |
kann, soll gar nicht eingebürgert werden. | |
Staatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) stellte das in weiten Teilen von ihm | |
entworfene Modell als „modernes Staatsbürgerschaftsrecht“ vor, das | |
Intergrationsbemühungen honoriere. „Man sollte stolz darauf sein, | |
Österreicher zu werden“, verkündete Kurz, der vor allem auf bessere | |
Sprachkompetenzen von Zuwanderern drängt. Auch SPÖ-Verhandler | |
Staatssekretär Josef Ostermayer zeigte sich zufrieden, obwohl seine | |
Bemühungen, Hürden zu senken, im letzten Entwurf nicht berücksichtigt | |
waren. | |
So plädierte die SPÖ dafür, nicht sechs, sondern nur die besten drei Jahre | |
Einkommen zu berücksichtigen und auch Sozialtransfers wie Kindergeld | |
mitzurechnen. Diese Regelung wird nur für die zehnjährige | |
Einbürgerungsfrist gelten. Eine echte Verbesserung gibt es für unehelich | |
geborene Kinder. Bisher hatten diese nur Anspruch auf die | |
Staatsbürgerschaft, wenn die Mutter Inländerin war. Jetzt soll das auch für | |
den österreichischen Vater gelten. Allerdings nur, wenn er die Vaterschaft | |
vor der Geburt anerkennt. | |
Was das Ehrenamt betrifft, so muss es nicht unbedingt die Feuerwehr sein. | |
Auch drei Jahre im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich werden | |
angerechnet. Allerdings fordert ein Zusatzpassus „integrationsrelevanten | |
Mehrwert für die Integration in Österreich“ ein. Und im Büro von Sebastian | |
Kurz spricht man dazu Klartext: „Die Mitgliedschaft in einem türkischen | |
Kulturverein etwa wäre im Gegensatz dazu segregativ.“ | |
## Staatsbürgerschaft als „demokratisches Recht“ | |
Eine Novellierung des Staatsbürgerschaftsrechts war notwendig geworden, da | |
ständige Verschärfungen in den vergangenen Jahren einen enormen Rückstau | |
erzeugt haben. Wurden 2003 noch über 44.000 Menschen eingebürgert, so | |
erhielten 2011 nur mehr 6.690 Zuwanderer einen österreichischen Pass. | |
Das österreichische Recht gehört zu den restriktivsten in Europa. Der im | |
ORF-Morgenjournal befragte Migrationsforscher Gerd Valchars von der | |
Universität Wien hält den Ansatz, dass sehr gut integrierte Menschen schon | |
nach sechs Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten sollen, | |
für problematisch und die vorgesehenen Hürden für zu hoch. | |
Anders als die Regierungspolitiker meint er, die Staatsbürgerschaft solle | |
kein pädagogisches Instrument sein: „Sie ist ein demokratisches Recht.“ | |
Valchars hält auch die Einkommensgrenze für zu hoch. „Selbst 30 bis 40 | |
Prozent der Arbeitnehmer und 60 bis 70 der Arbeitnehmerinnen in Österreich | |
erreichen dieses Niveau nicht“. | |
Diese Kritik deckt sich mit der der Grünen. Die rechte FPÖ ist aus einem | |
anderen Grund unzufrieden: sie will weitere Verschärfungen und fordert | |
Regeln für den Entzug der Staatsbürgerschaft. Nach vier Wochen Begutachtung | |
soll der Entwurf dem Parlament vorgelegt werden. In Kraft treten soll das | |
Staatsbürgerschaftsgesetz am 1. Juni 2013. | |
6 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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