| # taz.de -- Zoff unter Piraten: Drohen für Fortgeschrittene | |
| > Seit Tagen sorgt eine Droh-SMS gegen Vorstandsmitglied Johannes Ponader | |
| > für Ärger bei den Piraten. Jetzt kommt es zum Grundsatzstreit. | |
| Bild: Streit auf billigem Niveau: Ponader und Lauer. | |
| BERLIN taz | Es ist nicht einmal ein Jahr her, da wurden die Piraten als | |
| Partei neuen Stils gehyped: offener als die Konkurrenz und auf die | |
| wichtigen Themen fokussiert, statt auf das eigene Personal. Inzwischen | |
| klingt all das wie eine Mär aus fernen Zeiten. Seit Tagen liefern sich | |
| prominente Vertreter der Partei eine Schlammschlacht, die in ihrer | |
| Hässlichkeit bemerkenswert ist. | |
| Wer Täter und wer Opfer ist, wer mit welcher gezielt in der Öffentlichkeit | |
| platzierten Information, was erreichen will - alles kaum noch zu | |
| überblicken. Fest steht aber: Die Frage, ob dieser Bundesvorstand der | |
| Piratenpartei in seiner aktuellen Zusammensetzung noch eine Zukunft hat, | |
| treibt inzwischen höchst sonderbare Blüten. | |
| Am vergangenen Donnerstag um 11.54 Uhr erreichte die taz-Redaktion eine | |
| Nachricht des Politischen Geschäftsführers der Piraten, Johannes Ponader. | |
| Darin ein Link auf sein persönliches Blog [1][netzkind.net], ein Passwort, | |
| eine Sperrfrist. Auch für weitergehende Rechechen sollte die Sperrfrist 12 | |
| Uhr gelten. Nachrichten mit Sperrfrist - eigentlich nichts Unübliches im | |
| politischen Berlin. Sperrfristen für Recherchen aber schon. Zumal es in | |
| dieser Exklusivgeschichte nicht um politische Inhalte, sondern um eine | |
| Intrige unter prominente Piraten geht. Vorstandsmitglied Ponader | |
| informierte vorab über eine Enthüllung, die er wenig später auf | |
| netzkind.net publik machen sollte. | |
| Der mit Screenshots dokumentierte Vorwurf: Der Fraktionschef der Piraten im | |
| Berliner Abgeordnetenhaus, Christopher Lauer, habe ihn per SMS wüst | |
| bedroht. „Lieber Johannes, wenn Du bis morgen 12.00 Uhr nicht | |
| zurückgetreten bist, knallt es ganz gewaltig. Ich seh mir nicht länger | |
| schweigend und untätig an, wie Du meine Partei gegen die Wand fährst. Gruß, | |
| Christopher.“ | |
| So weit so bemerkenswert. Inzwischen hat sich die SMS-Affäre zum | |
| Grundsatzstreit unter prominenten Piraten ausgewachsen. Der Berliner | |
| Piratenabgeordnete Oliver Höfinghoff solidarisierte sich in einem | |
| [2][Blogpost] mit Vorstandsmitglied Johannes Ponader: „Die einzige Art und | |
| Weise, wie man auf Erpressung reagieren kann, ist es, die Öffentlichkeit zu | |
| suchen." Eine Veröffentlichung einer Erpressung sei auch "keine Verletzung | |
| der Privatsphäre, sondern dringend erforderlicher Selbstschutz“. | |
| ## Solidarität und ein Ultimatum | |
| Fraktionskollege Alexander Morlang, selbst für eine nicht gerade | |
| zimperliche Wortwahl berüchtigt, richtete via Twitter sogar ein | |
| [3][Ultimatum] an den Bundesvorstand: Wenn das Gremium nicht bis | |
| Montagmittag zu dem Vorfall Stellung beziehe „gegen das Mittel der | |
| Erpressung, dann ist es legitimiert“. Doch die große Solidaritätsnote blieb | |
| aus. Stattdessen ein paar leidenschaftslose Kommentare auf Twitter. | |
| Natürlich lehne er „solche Methoden“ ab, versicherte Parteichef Bernd | |
| Schlömer. Auch Vorstandsmitglied Markus Barenhoff distanzierte sich von | |
| Erpressungen „als legitimes Mittel“. Beisitzer Klaus Peukert hingegen | |
| merkte zur Christopher Lauer vorgeworfenen Erpressung an: „Das war weder | |
| die erste noch die einzige noch die unhöflichste Rücktrittsforderung.“ | |
| Zugleich [4][monierte] er, dass Ponader die Affäre mit Sperrfrist einzelnen | |
| Redaktionen zugespielt, aber der Parteisprecherin gegenüber verschwiegen | |
| und sie so habe auflaufen lassen. Süffisante [5][Bilanz] des | |
| Vorstandsmitglieds: „Das muss diese Transparenz sein, von der man so viel | |
| hört.“ Oder vielleicht die von Parteichef Schlömer angekündigte neue | |
| Geschlossenheit unter Piraten? | |
| ## Entschuldigung von Lauer gefordert | |
| Doch um Geschlossenheit scheint es gerade nicht mehr zu gehen. Eine | |
| [6][Solidaritäts-Initiative] für den umstrittenen Parteivorstand Johannes | |
| Ponader mit dem Titel „Drohungen / Nötigungen / Erpressungen öffentlich | |
| machen“ fand binnen kurzer Zeit in der Meinungsbildungssoftware Liquid | |
| Feedback zahlreiche Unterstützer aus der Partei. Sie ist damit zur | |
| Abstimmung zugelassen. | |
| Der Landtagsabgeordnete Oliver Höfinghoff rechtfertigte den öffentlichen | |
| Zoff am Montag: „Es mag sein, dass dieser Streit unsere Beliebtheit bei den | |
| Wählern nicht fördert“, sagte er der taz. „Aber wenn solche Erpressungs-S… | |
| stillschweigend geduldet werden, halte ich das für noch viel schädlicher.“ | |
| Zugleich wandte er sich an seinen Fraktionskollegen: „Ich wünsche mir, dass | |
| sich Christopher Lauer öffentlich bei Johannes Ponader für diese Aktion | |
| entschuldigt.“ | |
| Lauer selbst äußerte sich am Montag zu dem Thema nicht weiter öffentlich. | |
| „Er hat den Vorgang schon weitreichend kommentiert“, sagte die | |
| Pressesprecherin der Fraktion der taz. Ende vergangener Woche hatte er | |
| wissen lassen: „Zu besagtem Blogpost kann ich nur sagen: Entweder die SMS | |
| sind echt - dann handelt es sich um die Veröffentlichung privater, | |
| vertraulicher Kommunikation. Oder aber sie sind nicht echt - dann handelt | |
| es sich um eine falsche Tatsachenbehauptung seitens Ponaders. Beides wäre | |
| eine maßlose Frechheit.“ | |
| Auch Johannes Ponader wollte die Folgen seines ungewöhnlichen Schachzugs am | |
| Montag nicht weiter kommentieren. | |
| 11 Feb 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://netzkind.net/ | |
| [2] http://piratenstadt.net/erpressung/ | |
| [3] http://twitter.com/alx42/status/300668762594627584 | |
| [4] http://twitter.com/tarzun/status/300548535328321536 | |
| [5] http://twitter.com/tarzun/status/300549532620562432 | |
| [6] http://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/5809.html | |
| ## AUTOREN | |
| Astrid Geisler | |
| Paul Wrusch | |
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