# taz.de -- Ex-Anführer des Ku-Klux-Klans: Die Reue des Rassisten-Chefs | |
> Achim Schmid war Chef eines deutschen Klan-Ablegers, bei dem auch | |
> Polizisten mitmischten. „Wir wollten die Gesellschaft unterwandern“, | |
> bekennt er nun. | |
Bild: Der Ku Klux Klan: Der Galgen und das brennende Kreuz sind nur symbolisch … | |
BERLIN taz | Früher besang Achim Schmid die „arischen Krieger“. Heute | |
trällert er seichte Songs über die Vergänglichkeit der Liebe und des | |
Lebens. Früher war er Chef eines deutschen Ablegers des Ku-Klux-Klan. Heute | |
sagt er: „Wie konnte ich nur?“ | |
Schmid steht im Mittelpunkt einer Polizei- und Geheimdienstaffäre, die erst | |
mit Verspätung ans Licht kam. Der heute 37-Jährige führte von 2000 bis 2002 | |
die „European White Knights of the Ku Klux Klan“ an. An Ruinen in | |
Süddeutschland feierten die Rassisten in weißen Kutten ihre Rituale, | |
verbrannten Kreuze und nahmen neue Anwärter in ihren Geheimbund auf. „Unser | |
Ziel war ganz klar: die Rassentrennung“, sagt Schmid rückblickend. „Wir | |
wollten die Gesellschaft unterwandern, um unser Weltbild durchzusetzen.“ | |
Wie die taz 2012 mit aufgedeckt hatte, gehörten zeitweise auch zwei | |
Polizisten zu den 20 bis 30 Mitgliedern in dem rassistischen Geheimbund. | |
Schmid sagt, insgesamt habe es fünf oder sechs Interessenten aus den Reihen | |
der Polizei gegeben. „Wir hatten zwischenzeitlich sogar überlegt, eine | |
eigene Untergruppe nur für Polizisten zu gründen.“ Doch dazu kam es nicht. | |
Gut belegt ist aber die mehrmonatige Mitgliedschaft der zwei Beamten. Als | |
dies polizeiintern bekannt wurde, kamen sie mit milden Rügen davon und | |
durften im Dienst bleiben. Weil einer der beiden später Gruppenführer der | |
2007 vom NSU in Heilbronn ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter war, | |
interessierte sich 2012 zwischenzeitlich auch das BKA für die Vergangenheit | |
der Beamten – konnte allerdings keinerlei Zusammenhang feststellen. | |
## Geweckter Größenwahn | |
Bei den Kapuzen-Rassisten hatte die Aufnahme der Polizisten damals jedoch | |
den Größenwahn geweckt. „Als sich uns zwei Polizisten anschlossen, kamen | |
wir uns richtig wichtig vor“, erinnert sich Schmid im Gespräch mit der taz. | |
Man habe gehofft, auch Politiker für den Klan zu gewinnen. Aus heutiger | |
Sicht sei „das alles völlig absurd“, sagt er und beteuert: „Ich würde am | |
liebsten die Uhr zurück drehen und wünschte, ich wäre nie in der | |
rechtsextremen Szene aktiv gewesen.“ | |
Über ein Thema will Achim Schmid jedoch nicht sprechen: Bevor er seine | |
Klan-Gruppe gründete, war er in den 90ern laut geheimer Akten V-Mann des | |
baden-württembergischen Verfassungsschutzes. Als Schmid sich im Herbst 2000 | |
hinter dem Rücken des Dienstes in den USA zum „Grand Dragon“ des Klans | |
schlagen ließ und von Schwaben aus die „European White Knights“ aufbaute, | |
soll er „abgeschaltet“ worden sein, heißt es in den Akten. „Dazu sage ich | |
nichts“, sagt Schmid. | |
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte in dem Klan-Ableger freilich | |
einen eigenen Spitzel: Thomas R. alias V-Mann „Corelli“. Da dessen Name | |
aber auch auf einer 1998 gefundenen, bis 2011 jedoch von den Ermittlern | |
ignorierten Adressliste des NSU-Mörders Uwe Mundlos stand, bekommt die | |
Affäre zusätzliche Brisanz. Thomas R. selbst bestreitet, Kontakt zum | |
NSU-Trio gehabt zu haben. Auch Ex-Klan-Anführer Achim Schmid beteuert: | |
„Unsere Klan-Gruppe hatte nie etwas mit Terror zu tun, schon gar nicht mit | |
dem NSU.“ | |
Der Untersuchungsausschuss des Bundestags will sich damit nicht zufrieden | |
geben. Dort will man den V-Mann-Führer von „Corelli“ hören. Das | |
Bundesinnenministerium hatte sich zuerst geweigert, dem Gremium den Beamten | |
zu benennen. Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) drohte darauf | |
mit Klage. An diesem Mittwoch gibt es nun ein Krisengespräch. Im Vorfeld | |
wurde damit gerechnet, dass ein Weg gefunden wird und die Abgeordneten wohl | |
doch noch den V-Mann-Führer vernehmen können – unter Tarnnamen in streng | |
geheimer Sitzung. | |
20 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
Wolf Schmidt | |
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