# taz.de -- Reform des Verfassungsschutzes: Bald auch in Farbe | |
> Der Inlandsgeheimdienst hat das Morden der Terrorzelle NSU verschlafen. | |
> Doch von heute an soll alles besser werden – mit einer 14-teiligen | |
> Reform. | |
Bild: Der Verfassungsschutz soll moderner werden. | |
BERLIN taz | Der Verfassungsschutz will sich nach der Skandalserie um die | |
Terrorzelle NSU modernisieren. Am Freitag wurden die Mitarbeiter des | |
Inlandsgeheimdienstes in Köln-Chorweiler von den Reformplänen der | |
Behördenspitze und des CSU-geführten Bundesinnenministeriums informiert. | |
„Wir müssen in einer ganzen Reihe von Punkten einfach besser werden“, sagte | |
ein ranghoher Beamter. Bis Sommer sollen die Reformen umgesetzt sein, heißt | |
es in Sicherheitskreisen. | |
Wichtigster Punkt ist wohl die angestrebte Fokussierung des Bundesamts auf | |
das Wesentliche: die Beobachtung von gewalttätigen und gewaltbereiten | |
Extremisten. Bei ihnen soll das ganze Arsenal der Überwachung eingesetzt | |
werden, bis hin zur Beobachtung durch V-Leute, Observationen und | |
Telefonäbhormaßnahmen. Gewaltlose Radikale sollen dagegen ein Stück weit | |
aus dem Fokus rücken. | |
Insgesamt besteht die Reform aus 14 Teilen, bis hin zum Versprechen einer | |
stärkeren Transparenz gegenüber Parlament und Presse. Einige der Punkte | |
klingen allerdings auf den ersten Blick etwas wolkig. | |
Unklar ist beispielsweise noch, wie genau die anvisierte zentrale | |
V-Leute-Datei von Bund und Ländern aussehen wird, in der die Szenespitzel | |
der 17 Ämter ohne Nennung ihrer Namen abgespeichert werden sollen. Bisher | |
wussten die Behörden teils nicht gegenseitig von ihren jeweiligen V-Leuten. | |
Als Konsequenz aus der Aktenschredder-Affäre nach Auffliegen des NSU, die | |
zum Rücktritt des langjährigen Geheimdienstchefs Heinz Fromm führte, soll | |
es nun auch klare Regeln für die Aufbewahrung und Löschung von Akten geben | |
und der Datenschutz gestärkt werden. | |
## Fachprüfeinheit | |
Völlig neu ist die Idee eines kleinen Teams von „Querdenkern“, die | |
„ausgetrampelte Pfade“ verlassen und Alternativhypothesen entwickeln | |
sollen. In den USA heißen diese Trupps „Red Teams“. Nun soll es so etwas | |
unter dem deutlich trockeneren Namen „Fachprüfeinheit“ auch beim Bundesamt | |
für Verfassungsschutz geben. | |
Man kann davon ausgehen, dass die Pläne von vielen Politikern jenseits der | |
Union als nicht weitreichend genug angesehen werden. Die Grünen hatten | |
zuletzt den Radikalumbau des bisherigen Verfassungsschutzes in eine | |
eingeschrumpfte „Inlandsaufklärung“ gefordert, die mit neuem Personal | |
Terror und Gewalt verhütet; für alles andere soll es ein „Institut | |
Demokratieförderung“ geben. | |
Die FDP setzt sich vor allem für eine deutlich stärkere parlamentarische | |
Kontrolle der Geheimdienste ein und sympathisiert mit einer Zusammenlegung | |
kleinerer Landesämter. Und die Linkspartei würde den Verfassungsschutz am | |
liebsten ganz abschaffen. | |
Doch zu solch fundamentalen Umbauten wird es kaum kommen. SPD und Union | |
sind sich zwar in vielen Details nicht einig, aber die Beibehaltung der | |
Ämter von Bund sowie Ländern ist unter den beiden großen Parteien genauso | |
Konsens wie das prinzipielle Festhalten an der Praxis der vom Staat | |
bezahlten V-Leute in den extremistischen Szenen. Für deren Einsatz soll es | |
aber eindeutigere Regeln als bisher und eine Kontrolle durch den Bundestag | |
geben. | |
22 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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