# taz.de -- NSU-Opfer-Familien und Gauck: Nicht ohne meinen Anwalt | |
> Bundespräsident Gauck erhält weitere Absagen von Angehörigen der | |
> NSU-Opfer. Sie wollen ihn nicht treffen und nennen sein Verhalten | |
> „unangebracht“. | |
Bild: Auf einem Gedenkstein sind die Namen der NSU-Opfer verewigt. | |
HAMBURG taz | Vor dem Treffen von Bundespräsident Joachim Gauck mit | |
Angehörigen von Opfern der Neonazi-Terrorzelle NSU am Montag hat es weitere | |
Absagen gegeben. Nicht nur aus dem Norden von der Familie des NSU-Opfers | |
Süleyman Tasköprü, auch aus dem Süden wiesen Betroffene die Einladung | |
zurück. „Meine Mandantinnen finden diese Form der Empathie unangebracht. | |
Die Zuständigen sollten vielmehr die Aufarbeitung nicht weiter erschweren“, | |
sagt ihr Anwalt aus München der taz. | |
In einem Brief hätten seine Mandantinnen Gauck „mit sehr deutlichen Worten“ | |
abgesagt, so der Anwalt, der namentlich nicht genannt werden möchte. Das | |
Schweigen des Bundesinnenministers über den V-Mann Thomas R. alias „Corelli | |
enttäusche“ sie „besonders“, so der Anwalt. | |
R. gehörte zu den rund 20 Mitgliedern des deutschen Ku-Klux-Klans – so wie | |
zwei Kollegen der Polizistin Michèle Kiesewetter, die der NSU ermordet | |
haben soll. R. soll auch bei dem rechten Fanzine „Der Weiße Wolf“ | |
mitgewirkt haben, in dessen Heft Nummer 18 2002 zu lesen war: „Vielen Dank | |
an den NSU“. Geld vom NSU soll per Post gekommen sein. Das Bundesamt für | |
Verfassungsschutz soll „Corelli“ über Jahre hinweg als eine Quelle geführt | |
haben. | |
Die Situation würde seine Mandantinnen sehr belasten, sagte ihr Anwalt. | |
Dies sei auch der Grund, warum sie ihre Namen nicht genannt sehen wollen. | |
Ihre Fragen und Enttäuschung wollten sie dem Bundespräsidenten über ihren | |
Anwalt vortragen. „Sie fühlen sich selbst dazu nicht so sehr in der Lage“, | |
sagt dieser. | |
Auch die Angehörigen von Tasköprü wollten Gaucks Einladung nicht ohne | |
Rechtsbeistand folgen. „Es wäre emphatisch von Ihnen gewesen, nicht darauf | |
zu bestehen, dass ich alleine ins Präsidialamt komme. Ich fühle mich dem | |
nicht gewachsen“, schreibt Aysen Tasköprü in einen offenen Brief an Gauck, | |
den die taz.nord bereits am Wochenende dokumentierte. Die 39-jährige | |
Schwester des Opfers aus Hamburg betont: „Herr Bundespräsident Gauck ist | |
mein Bruder doch nur wichtig, weil die NSU ein politisches Thema ist. Was | |
wollen Sie an unserem Leid ändern? Glauben Sie, es hilft mir, wenn Sie | |
betroffen sind?“ | |
## „Persönlicher Charakter“ des Treffens | |
Gaucks Sprecherin bedauerte die Absage. Man lege aber Wert auf einen | |
„persönlichen Charakter“ des Treffens – das sei der Grund, warum die | |
Anwälte der Angehörigen nicht eingeladen wurden. | |
Bereits zum ersten Jahrestag der Aufdeckung der NSU-Mordserie im November | |
2012 hatte es Unstimmigkeiten mit den Opferfamilien gegeben. Die Türkische | |
Gemeinde in Deutschland hatte Gauck den Wunsch der Hinterbliebenen nach | |
einem persönlichen Gespräch übermittelt, doch Gauck lehnte den | |
Terminvorschlag damals ab. Der Bundespräsident wolle „seine eigenen | |
Akzente“ setzen, hieß hieß es damals. | |
Zu dem zweistündigen vertraulichen Gespräch im Schloss Bellevue werden | |
heute etwa 70 Teilnehmer erwartet. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) | |
will sich im April oder Mai mit den Angehörigen treffen. | |
17 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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