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# taz.de -- Kanzlerkandidat im Wahlkampf: Steinbrück macht Zypern Druck
> Der SPD-Kanzlerkandidat stellt Bedingungen für Hilfskredite. Und wirft
> Bundeskanzlerin Angela Merkel eine „Lebenslüge“ vor
Bild: Immer mehr Geschäfte machen in Zyperns Stadt Nikosia dicht.
BRÜSSEL taz | SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück macht nun auch Europa zum
Wahlkampfthema. Bei einem zweitägigen Besuch in Brüssel warf er Kanzlerin
Angela Merkel (CDU) eine „Lebenslüge“ bei der Eurorettung vor – und
forderte mehr Druck auf Zypern. Die von der Pleite bedrohte Insel müsse die
neue Finanztransaktionsteuer einführen; zudem müsse der Kampf gegen die
Geldwäsche verstärkt werden.
Die Zypern-Rettung sei „kein Selbstläufer“, warnte Steinbrück. Er sei sich
zwar der strategischen Bedeutung der Insel bewusst. Für eine Zustimmung der
SPD im Bundestag müsse Merkel aber ein „beratungsfähiges Angebot“ machen,
betonte der Kandidat. Dazu gehöre auch die Finanztransaktionsteuer, die
Deutschland, Frankreich und neun weitere EU-Staaten einführen wollen, von
der die Regierung in Zypern bislang aber nichts wissen will. Erst am
Dienstag hatte sich Zyperns Finanzminister Vassos Shiarly in der taz gegen
die Steuer ausgesprochen.
Brüssel habe sich seit seiner Zeit als Finanzminister der großen Koalition
verändert, so Steinbrück. Durch die Wahlsiege der Linken in Dänemark und
Frankreich sei zwar noch nicht die Politik, doch aber die Wortwahl eine
andere geworden. Nur Merkel habe nichts dazugelernt.
Sie vermittele seit Beginn der Eurokrise das „Gefühl, dass einigen Ländern
Lösungen aufoktroyiert werden, die ihnen nicht von Vorteil sind“. Dies
gelte vor allem für Griechenland. Die harten deutschen Spardiktate stellten
die Stabilität des Landes auf eine harte Probe, warnte Steinbrück, der vor
Brüssel auch nach Athen gereist war.
Zudem verschweige Merkel den Deutschen die Wahrheit: Deutschland sei seit
Beginn der Griechenland-Rettung „in einer Haftungsunion“. Den Bürgern sei
diese unangenehme Wahrheit durchaus zuzumuten, gab sich Steinbrück
optimistisch. Mit Merkels „Lebenslüge“ müsse Schluss sein, das werde er
auch im Wahlkampf zu Hause sagen.
## Steinbrück hat selbst keine Vorschläge für Haftungsunion
Wer erwartet hatte, dass Steinbrück Vorschläge für die Ausgestaltung dieser
Haftungsunion machen würde, wurde allerdings enttäuscht. Über Eurobonds
wollte der Kandidat ebenso wenig reden wie über einen
Schuldentilgungsfonds, den das Europaparlament fordert. Man müsse diese
Themen „im Werkzeugkasten“ behalten, so Steinbrück – das war’s.
Seine Rezepte gegen die Krise unterscheiden sich nur in Nuancen von denen
Merkels. So will Steinbrück die „Dosis der Konsolidierung“ verringern und
die Sparprogramme etwa in Griechenland strecken. Zugleich soll es „Anreize“
für Reformen in Südeuropa geben.
Beim Eurorettungsfonds ESM hingegen gibt sich Steinbrück noch zugeknöpfter
als die Bundesregierung. Während Finanzminister Wolfgang Schäuble direkte
Bankenhilfen aus dem ESM auf 80 Milliarden Euro begrenzen will, möchte der
SPD-Kandidat am liebsten gar nichts geben – die Banken sollten sich selbst
absichern. Zudem will er ein Trennbankensystem in Europa einführen.
Und dann ist da noch Zypern. Steinbrück nutzt die drohende Pleite des
Inselstaates, um Merkel und Schäuble vorzuführen. Genüsslich doziert er,
dass Merkel in der Zypern-Frage um ihre Kanzlermehrheit fürchten muss. Die
Bundestagswahl werde allerdings nicht mit Europathemen gewonnen, gab sich
der Kandidat sicher – sondern mit der Innenpolitik.
19 Feb 2013
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Zypern
Schwerpunkt Angela Merkel
SPD
Zypern
EZB
Kanzlerkandidatur
Wahlkampf
EU
Zypern
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