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# taz.de -- Milliardentransfers ins Steuerparadies: Schwarzgeld-Russen auf Zype…
> Russische Geschäftsleute überweisen Milliarden Dollar nach Zypern – oft
> aus dubiosen Geschäften. Deshalb regt sich Widerstand gegen
> EU-Hilfskredite für die Insel.
Bild: Zypern: Ein Platz an der Sonne für russisches Schwarzgeld.
MOSKAU/BERLIN taz | Zypern ist ein Eiland, klein, sonnig und warm. Das
genaue Gegenteil von Russland. Zehntausende Russen zog es in den letzten 20
Jahren deshalb für immer auf die Mittelmeerinsel. Zudem stieg Zypern seit
dem Zusammenbruch des Kommunismus Anfang der 1990er Jahre zum
Offshore-Paradies der russischen Geschäftswelt auf.
Dies ist jetzt auch dem Bundesnachrichtendienst (BND) aufgefallen. Er legte
einen „geheimen“ Bericht vor, dessen Inhalt die Spatzen schon seit Jahren
von den Dächern pfeifen. Danach sollen 26 Milliarden Dollar von russischen
Schwarzgeldkonten in Zypern lagern, berichtet der Spiegel. Schlussfolgerung
des BND: Von potenziellen EU-Krediten würden vor allem Schwarzgeld-Russen
profitieren.
Entsprechend formierte sich am Wochenende Widerstand gegen EU-Hilfen. „Vor
der Zustimmung der SPD zu einem Hilfskredit für Zypern muss über das
Geschäftsmodell des Landes geredet werden“, sagte der SPD-Haushaltsexperte
Carsten Schneider. Auch in Union und FDP mehrten sich Stimmen gegen eine
unbedachte Zypern-Rettung.
Offiziell sind rund um Nikosia 2.000 russische Firmen registriert.
Tatsächlich dürfte die Dunkelziffer höher ausfallen. Denn allein Anfang
2012 beantragten 1.400 russische Unternehmen, sich auf Zypern registrieren
zu lassen. Für rund 2.000 Euro gibt es eine Firma mit Briefkasten.
## Schnell und günstig
Das Konto bei der Bank of Cyprus kostet nichts und ist drei Tage nach
Eröffnung betriebsbereit. Ideale Bedingungen im Vergleich zum unwirtlichen
Geschäftsklima in Russland. Zudem lockt Zypern mit einer Firmensteuer von
zehn Prozent und einer Befreiung von Einkommen- und Gewinnsteuer.
Doch nun ist der Platz an der Sonne für russisches Kapital in Gefahr. Die
zypriotische Wirtschaft, die zuletzt bis zu 70 Prozent auf
Finanzdienstleistungen basierte, ist selbst in der Krise. Präsident
Dimitris Christofias hat einen EU-Rettungskredit beantragt. Die Summe soll
zwischen zehn und 17 Milliarden Euro betragen – Geld, das dringend benötigt
wird, um die Banken zu retten, die sich mit griechischen Staatsanleihen
verhoben haben. Außerdem ersuchte Nikosia in Russland einen
Fünf-Milliarden-Kredit.
Schon im vergangenen Jahr half Moskau mit frischem Geld zu günstigen
Konditionen aus. Die russische Regierung stellte das Kapital nicht nur aus
Selbstlosigkeit zur Verfügung. Unter Beamten und Regierungsmitgliedern ist
Zypern eine beliebte Adresse. Das russische Ministerium für wirtschaftliche
Entwicklung schätzt, dass bis Ende 2011 rund 78 Milliarden Dollar auf der
Mittelmeerinsel landeten.
## Russlands kapitalträchtigste Konzerne
Angeblich werden in ruhigen Zeiten monatlich mindestens eine Milliarde
Dollar aus dem Norden auf zypriotische Konten überwiesen. Im Mai
registrierten die Banker sogar „Investitionen“ in Höhe von 18 Milliarden
Dollar. Acht von zehn russischen Firmen mit mehr als eine Milliarde Gewinn
im Jahr haben einen Sitz auf Zypern. Darunter befinden sich so bekannte
Giganten wie Gazprom, Norilsk Nickel, Severstal oder Lukoil.
Passend zur Warnung des BND stocken die Verhandlungen zwischen der Troika
und Zypern. Sparvorschläge blockte die Regierung in Nikosia bislang ab. Sie
präsentierte eigene Ideen wie Einsparungen und Steuererhöhungen. Das
reichte den Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds bei weitem
nicht. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte unlängst, er rechne
nicht vor 2013 mit einem Abschluss.
Aber: Die Angelegenheit eilt. Sollte Zypern nicht bald neue Kredite
erhalten, könnte die Zahlung der Gehälter im öffentlichen Dienst auf
Schwierigkeiten stoßen – die Kassen sind erschreckend leer.
4 Nov 2012
## AUTOREN
K.-H. Donath
K. Hillenbrand
## TAGS
Zypern
Russland
Schwarzgeld
Rettungsschirm
Zypern
EU-Gipfel
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