# taz.de -- Rassismus in Bremen: SPD-Abgeordneter hetzt gegen Roma | |
> Ein SPD-Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft verbreitet auf seiner | |
> Homepage Stereotype über Roma. Die Partei sieht Gesprächsbedarf. | |
Bild: Da fängt das Elend an, wenn man Martin Korol glauben darf: Markt der Br�… | |
BREMEN taz | Mit Heinrich Himmler will Martin Korol nicht verglichen | |
werden. Konfrontiert mit dem Vorwurf sprachlicher Nähe zum | |
Nazi-Innenminister, bricht er das Gespräch ab und verlangt eine | |
Entschuldigung. Und womöglich ist ein Vergleich auch irreführend. Korol ist | |
kein Minister. Er ist Pensionär. Wenn er dieselben Gemeinplätze wie Himmler | |
über Roma verbreitet, tut er dies bloß in einem Online-Aufsatz. | |
Ganz anders als jener bleibt Korol auch bezüglich der Folgerungen aus dem, | |
was er als „Problem“ beschreibt, vage: Er gibt bloß unverbindlich der | |
Hoffnung Ausdruck, es möge gelingen, „uns vom ,grässlichen Fatalismus der | |
Geschichte‘ (Georg Büchner) zu befreien“. Der Dichter skizziert auch den | |
Staatsterrorismus als mögliche Ausflucht aus jenem „ehernen Gesetz“ - der | |
allerdings für ihn selbst nicht in Frage komme. "[1][[I]ch]", schreibt er, | |
"bin kein Guillotinemesser". | |
Zur öffentlichen Angelegenheit wird Korols Essayistik, seit er am Mittwoch | |
in die Bremische Bürgerschaft nachgerückt ist. Als Mitglied der | |
SPD-Fraktion. Auf seiner Website steht ein Bild, auf dem er das Logo der | |
Landespartei in den Händen hält. Einen dunkelroten, transparenten Würfel, | |
auf dem in weißen Buchstaben „Echt Bremen“ steht, und „SPD“. | |
Drunter hat er seine Schriften abgelegt. In einer von ihnen insistiert er, | |
ungeachtet der Pogrome in Rumänien, der Morde in der Slowakei und der | |
Gesetzgebung in Ungarn, darauf, dass Roma „nicht aus politischen Gründen | |
nach Bremen“ kämen, sondern weil es für sie „das Land Utopia“ sei. | |
Blöderweise würden sie „ihre Töchter aus der Schule nehmen […] um sie da… | |
zwangszuverheiraten“. Die jungen Roma-Männer unterdessen „schmelzen sich | |
mit Klebstoffdünsten das Gehirn weg“. Folge: „Die Aussicht, dass sie je zum | |
BSP oder auch nur zur Rente beitragen, wo auch immer und also auch meiner“ | |
sei „gleich Null.“ | |
## „Niederträchtig und massiv diskriminierend“ | |
Hier werde „pauschalisierend mit klassischen Bildern gearbeitet“, so das | |
Urteil des Marburger Antiziganismus-Forschers Udo Engbring-Romang, sodass | |
„die Passage sicherlich antiziganistisch“ sei. „Niederträchtig und massiv | |
diskriminierend“, nennt Arnold Roßberg, von der Rechtsabteilung des | |
Zentralrats der Sinti und Roma, die Anwürfe Korols. | |
„Als eine Konsequenz aus dem Nationalsozialismus hat in unserem Rechtsstaat | |
nur jeder einzelne sein Fehlverhalten zu verantworten und nicht seine | |
Gruppe, Familie, Verwandtschaft, Minderheit, der er angehört“, erinnert er | |
an ein „Grundprinzip unserer Verfassung“, das der SPD-Abgeordnete „offenb… | |
noch nicht gelernt“ habe. „Da wir davon ausgehen, dass dies nicht für die | |
SPD in Bremen allgemein gilt, wäre von ihr eine Klarstellung zu erwarten“, | |
so Roßberg zur taz. | |
Sie erfolgt auch wirklich: „Ich möchte mich von diesem Text für die | |
SPD-Bremen in aller Deutlichkeit distanzieren“, sagt der Landeschef Andreas | |
Bovenschulte. Auch wenn Korol keine konkreten politischen Forderungen | |
erhebe, bestätigt Bovenschulte die Analyse der taz, lege er doch „Maßnahmen | |
nahe, die mit sozialdemokratischer Programmatik nicht zu vereinbaren“ | |
seien. „Mir ist unklar, ob Korol das so meint“, so der SPD-Chef weiter. | |
„Darüber wird mit ihm auch in der Fraktion noch zu reden sein.“ | |
Betroffen wirkt auch deren integrationspolitische Sprecherin Valentina | |
Tuchel: „Das ist für mich nicht SPD-Politik“, sagt sie, mit dem Schreiben | |
des neuen Kollegen konfrontiert. „Wir setzen nicht auf Stigmatisierung.“ | |
Das ist mehr als nur eine Behauptung. Denn, auch darauf hatte der | |
Zentralrat hingewiesen, Bremen war „immer ein vorbildliches Land im | |
Hinblick auf den Schutz der Minderheit“: So gedenkt der Bundesrat aufgrund | |
einer Bremer Initiative jährlich am 16. Dezember, dem Tag des | |
Auschwitzerlasses, des Porajmos, also des Völkermords an Sinti und Roma. | |
Und im vergangenen Jahr hatte Bürgermeister Jens Böhrnsen mit dem Bremer | |
Zentralratsvorsitzenden Romano Hanstein eine Rahmenvereinbarung | |
unterzeichnet – als erst zweites Bundesland. „Wir hoffen, dass diese gute | |
Tradition nicht in Gefahr ist“, beendet Roßberg seine Stellungnahme. | |
## Korols kosmetisches update | |
Das Problem des Rassismus ist dabei eines in den Köpfen seiner Urheber, das | |
offenkundig nur schwer heilbar ist: So hat der SPD-Abgeordnete Martin Korol | |
zwar mit einem update aufs Zureden seiner GenossInnen reagiert. Allein | |
haben die ihn nur davon überzeugen können, die drastischen Formulierunge | |
wegzulassen, die, so seine Behauptung "zu Missverständnissen geführt" | |
hätten. | |
Das allerdings ist ein Missverständnis. Korols Opus nämlich hatte | |
Eindeutigkeit allenfalls bei den zu ziehenden Schlüssen vermissen lassen: | |
Dass er pauschale Aussagen über alle "Roma, die genug Kraft und Mittel | |
hatten, um den Weg nach Bremen zu finden" trifft, hat keiner überlesen | |
können. Nur dass hier genau sein Rassismus wurzelt, dessen hasserfüllte | |
Stilblüten er nun beschnitten hat, scheint sein Kopf nicht aufnehmen zu | |
können. | |
So wird auch die - bei ihm durch keinerlei, in der bundesweiten Debatte nur | |
durch [2][manipulierte] Zahlen belegte - Behauptung einer massenhaften | |
Wirtschaftsflucht von Roma aufrecht erhalten. Deren Zielort sei Bremen und | |
sie würden aus Bulgarien und Rumänien stammen: Dass die dort seit Jahren | |
schwelende [3][Pogromstimmung] erst kürzlich durch Äußerungen von Zsolt | |
Bayer, einem engen Freund und Berater des ungarischen Premiers Victor | |
Orbán, gefährlich angeheizt worden war, verschweigt Korol. Bayer hatte | |
aussdrücklich "die Endlösung" der "Romafrage" gefordert. Wörtlich hatte er | |
gesagt: "Sie sollen nicht existieren, die Tiere. Das muss man lösen - mit | |
allen Mitteln!" Rumänische Neonazis hatten darauf mit einer | |
Sterilisierungskampagne für Romafrauen reagiert - ohne dass staatliche | |
Stellen für nötig gehalten hätten, das zu stoppen. | |
Für Korol kommen "die Roma" trotzdem "in ganzen Clans erklärtermaßen nicht | |
aus politischen Gründen nach Bremen, um hier Asyl zu beantragen, sondern | |
wegen der Armut in der Heimat und der Möglichkeit hier, warm und trocken zu | |
leben". Korol behauptet nun "diese Menschen" zu verstehen - schließlich | |
habe er "zwei Jahre in Sofia gearbeitet". Unverändert hält er aufgrund | |
dieser Erfahrung auch "die Aussicht, dass sie je zum BSP oder zur Rente | |
beitragen" ganz pauschal für gering. Und er schürt auch weiterhin noch die | |
Furcht, "dass diese Menschen sich nur schwer integrieren lassen". So weit | |
Martin Korols Überarbeitung. | |
Am Urteil, dass dieser Mensch ein Rassist ist, ändert sie freilich nichts. | |
21 Feb 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://gutenberg.spiegel.de/buch/421/3 | |
[2] http://www.migazin.de/2013/02/22/keine-belege-fur-armutszuwanderung-aus-bul… | |
[3] http://fra.europa.eu/en/theme/roma | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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