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# taz.de -- Martin Korol ist jetzt Wutbürger: Korols wahre Heimat
> Nach seinem Ausschluss aus der SPD ist der „überzeugte Sozialdemokrat“
> Martin Korol jetzt Bürgerschaftsabgeordneter der rechtspopulistischen
> „Bürger in Wut“.
Bild: Schon Ende der 60er bildete Martin Korol (hinten links) gerne Gruppen mit…
Endlich sind Jan Timke und Martin Korol nicht mehr allein: Timke vertrat
als einziger Abgeordneter die Wählervereinigung „Bürger in Wut“ (BIW) in
der Bürgerschaft und Korol als ehemaliger SPD-Abgeordneter vertrat zuletzt
sich selbst. Nun hat sich Korol zu Timke gesellt – und dort, bei der
rechtspopulistischen BIW, stoßen die Gedanken des pensionierten Deutsch-
und Geschichtslehrers auf mehr Verständnis als bei der Bremer SPD.
Wobei: Als Korol, SPD-Mitglied seit 1969, Anfang 2013 als Nachrücker in den
Landtag einzog, standen seine Hetztiraden gegen Roma und Sinti bereits seit
zwei Jahren auf seiner Website: In einer „uralten patriarchalischen
Gesellschaft“ würden die leben, in der Männer „keine Hemmungen“ hätten,
„die Kinder zum Anschaffen zu schicken“ und „ihren Frauen die Zähne
auszuschlagen“. Und zur Geschlechtergleichheit teilte der überzeugte
Katholik Korol mit, dass sich der „Wahn der sogenannten
Selbstverwirklichung der Frau“ zeige „in der Lust an der Entfremdung auf
dem fremdbestimmten Arbeitsplatz in einer Firma und im Massenmord der
Abtreibungen“. Das hatte die SPD wohl übersehen – bis die taz.bremen sie
darauf aufmerksam machte.
Es folgten Korols Fraktions- und Parteiausschluss, was der „nicht
angemessen“ fand: „Im Gegensatz zu Sarrazin, der nun wirklich biologistisch
argumentiert hat, habe ich mir nichts zu Schulden kommen lassen“, sagte er
im September gegenüber der taz. Dennoch nahm er seine Homepage vom Netz –
und bagatellisierte seine Worte zu „marottenhaften und bizarren
Privatansichten“, deren Publikation nach dem „Grundsatz ’erst denken und
dann schreiben‘ besser unterblieben wäre“. Rassistisch sei er nicht,
sondern ein „überzeugter Sozialdemokrat“ – wenn auch vielleicht ein
„kulturkonservativer“.
Und genau deswegen umwarb ihn auch der BIW-Landtagsabgeordnete Jan Timke:
„Nach seinem Partei-Ausschluss habe ich ihn angesprochen“, sagt der, „denn
auf seiner Homepage hat Herr Korol durchaus interessante Gedanken
geäußert.“ Vor allem zum Umgang der SPD mit Rechtsextremismus: „Er hat da
sinngemäß geschrieben, dass die SPD sich ausschließlich um Straftaten von
rechts kümmern würde und auf dem linken Auge blind sei“, sagt Timke. Dem
könne er vorbehaltlos zustimmen, „und ich fand es gut, dass er da mutig mit
seiner eigenen Partei ins Gericht gegangen ist“.
Die antiziganistischen und sexistischen Äußerungen teile er
selbstverständlich nicht, „aber dafür hat Herr Korol sich ja auch deutlich
entschuldigt“. Jeder habe doch eine zweite Chance verdient, „schließlich
ist ja auch Sarrazin nicht aus der SPD geworfen worden“. Sowohl die SPD als
auch die CDU, sagt Timke, bewegten sich immer mehr nach links, „und Korol
steht rechts von beiden“. Zwischen ihm und dem ehemaligen Sozialdemokraten
gebe es „mehr Schnittmengen als Dinge, die uns trennen“, sagt Timke. So
teile Korol die Auffassung der BIW, dass die Inklusion in Bremen
gescheitert und das Bildungssystem am Ende sei „und dass der Kampf gegen
kriminelle Familien-Clans unbedingt verstärkt werden muss“.
Im Parteiprogramm der BIW wird dazu etwas deutlicher „hartes Vorgehen des
Rechtstaates gegen kriminelle kurdisch-arabische Clans“ gefordert und:
„Eine Haftverbüßung im Herkunftsland des verurteilten Ausländers ist in
jedem Einzelfall zu prüfen und wenn möglich umzusetzen.“ Für die
öffentliche Sicherheit sollen laut BIW mehr Polizei und überdies eine
„freiwillige Sicherheitswacht aus dafür geeigneten Bürgern“ Sorge tragen.
Korol, der für die taz nicht erreichbar war, verspricht auf seiner
Homepage, „dass ich ein unbequemer Querdenker und Nonkonformist bleiben
werde und gegen Filz und eine Politik vorgehen werde, die für Bremen
inhaltlich enttäuschend, kraftlos und ohne wirkliche Perspektiven ist“.
Perspektiven birgt sein Wechsel jedenfalls schon einmal für die BIW. Die
sind jetzt eine parlamentarische Gruppe, was bedeutet: Es gibt Geld.
Während der Einzelabgeordnete Timke nur eine Diät bezog, wird das
Wutbürger-Duo auch Geld für z.B. gemeinsame Büros erhalten. „Das müssten …
gegen 5.000 Euro sein“, sagt dazu ein Sprecher der Bürgerschaft. Und: Ab
sofort dürfen die BIW auch aktuelle Stunden in der Bürgerschaft beantragen,
innerhalb derer sie längere Redezeiten erhalten als bisher.
23 Oct 2013
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Martin Korol
Schwerpunkt Rassismus
Bremen
SPD
Bürgerschaft
Sexismus
Antiziganismus
Senat Bremen
Antiziganismus
Martin Korol
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Bremen
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