# taz.de -- Streit der Woche: „Ihr Deutsche redet Italien schlecht“ | |
> Italien erlebe eine Zeit des Umbruchs, wird aber nicht zerbrechen, sagt | |
> der Satiriker Dario Fo. Ein italienischer Politologe widerspricht. | |
Bild: Der Präsidentenpalast in Rom: Ob die zerstrittenen Parteien es schaffen,… | |
Der italienische Künstler Dario Fo hat im Streit der Woche der aktuellen | |
sonntaz kritisiert, dass die Deutschen der Wahl in Italien pessimistisch | |
entgegensehen: „Ihr in Deutschland seid weit weg und neigt dazu, die | |
Situation in Italien schlecht zu reden.“ Das Land werde nicht an der Wahl | |
zerbrechen. | |
Der Aufruf des Politikers Beppe Grillo an al-Quaida, das italienische | |
Parlament in die Luft zu sprengen, sei nur ein „grotesker Scherz“ gewesen. | |
„Er ist Kabarettist wie ich“, schreibt Fo. Populismus sei im Sinne der | |
Bevölkerung und entstehe in Momenten des Umbruchs: „Die Grille zirpt immer | |
beim Sonnenuntergang.“ | |
Auch Giuliano Ferrara betrachtet das Geschehen vor der Wahl eher poetisch. | |
Der Herausgeber und intellektuelle Unterstützer Berlusconis vergleicht den | |
derzeitigen Wahlkampf mit der Comedia dell'arte, in der Berlusconi die | |
Rolle des Revoluzzers Masaniello übernimmt. Allerdings, so schreibt er, | |
habe Berlusconi eines noch nicht gemerkt: „Seine Zeit ist unwiderruflich | |
vorbei.“ | |
Beppe Grillo habe die Rolle des Volkshelden übernommen. Doch trotz des | |
Schauspiels: „Italien ist eigentlich ein normales Land“, schreibt Ferrara. | |
„Auch wenn es ihm nicht immer gelingt, seine Nachbarn davon zu überzeugen. | |
Italien geht es besser, als man denkt.“ | |
## Italien könnte an diesem Wahlkampf zerbrechen | |
Das sieht Alexandra Porcu etwas anders. Die Vorsitzende des Sardischen | |
Kulturzentrums Berlin kritisiert die italienischen Politiker mit ihren | |
Fehltritten, die Italien eine zweifelhafte Berühmtheit verschaffen. Während | |
in Deutschland über nicht-diskriminierende Sprache in Kinderbüchern | |
diskutiert werde, sage Berlusconi am Holocaustgedenktag, dass Mussolini | |
auch Gutes gemacht habe. Darüber empöre sich auch ihre Mutter, die ihre | |
Wahlunterlagen kurzerhand weggeworfen habe. Ihr Kommentar dazu: „Ich bin | |
aus diesem Land ausgewandert... und glaube mir, ich hatte meine Gründe.“ | |
Der italienische Politologe Gian Enrico Rusconi kommt zu einem ähnlichen | |
Ergebnis: Ja, Italien könnte an diesem Wahlkampf zerbrechen. „In keinem | |
zuvor waren die Bündnisse so zerstritten“, schreibt er in der aktuellen | |
sonntaz. Er vermutet: „Wenn die italienischen Wähler nicht anders | |
entscheiden, als alle Umfragen vorhersagen, wird es in der nächsten | |
Legislaturperiode nicht möglich sein, eine Regierung zu bilden.“ | |
Der italophile Verleger Klaus Wagenbach entgegnet, dass Italien sich in | |
einem Prozess der „Verleimung“ befinde: „Berlusconi wird keine große Rol… | |
mehr spielen, die Linke ist weniger zerstritten als üblich, die | |
Klientelparteien werden geschwächt oder verschwinden sogar.“ Auch Roberto | |
Gualtieri, Mitglied des Europäischen Parlaments, blickt optimistisch in die | |
Zukunft: „Diese Wahlen werden die Einheit des Landes um eine progressive | |
Mehrheit herum wieder herstellen.“ | |
Die sonntaz-Frage beantworten außerdem Karoline Rörig, die den | |
„Länderbericht Italien“ der Bundeszentrale für politische Bildung | |
mitherausgegeben hat und die taz-Leserin Jutta Lütkecosmann – in der | |
[1][sonntaz vom 23./24. Februar 2013]. | |
23 Feb 2013 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gottschalk | |
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