| # taz.de -- Untergrenze für Niedriglöhne: Kompromisse à la FDP | |
| > Die Liberalen wollen sich jetzt auch mit einer Lohnuntergrenze | |
| > anfreunden. Doch die Partei stellt dafür widersprüchliche Bedingungen. | |
| Bild: Kein Mindestlohn: Friseure verdienen oft trotz Tarif nur wenig Geld. | |
| BERLIN taz | Rund 3,85 Millionen Beschäftigte haben in Deutschland bereits | |
| Anspruch auf einen Branchenmindestlohn, der ihnen einen Verdienst von | |
| mindestens 7,50 Euro Brutto in der Stunde garantiert. Das zeigen Zahlen des | |
| Bundesarbeitsministeriums, auf die am Montag die Rheinische Post verwies. | |
| Geht es nach CDU und FDP, könnten bald noch mehr Beschäftigte Anspruch auf | |
| eine Lohnuntergrenze haben. | |
| Es ist die FDP, die das eigentlich ungeliebte Thema zurück in die | |
| Wahlkampfarena gespielt hat. FDP-Parteichef Philipp Rösler plädierte | |
| vergangene Woche für „branchenspezifische Lösungen für faire Löhne“, | |
| Außenminister Guido Westerwelle hält Stundenlöhne von 3 Euro für nicht mehr | |
| kompatibel mit der Leistungsgerechtigkeit. | |
| Doch ein Kompromiss zwischen CDU und FDP ist längst nicht ausgemacht. „Wir | |
| müssen abwarten, was die FDP auf ihrem Bundesparteitag im Mai beschließt“, | |
| gab sich Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der | |
| CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zurückhaltend gegenüber der taz. | |
| Die Marschrichtung der Union ist klar. Sie will eine Lohnuntergrenze in | |
| Branchen ermöglichen, „in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn | |
| nicht existiert“. Alles Weitere, wie die Lohnhöhe oder regionale und | |
| branchenspezifische Differenzierungen, soll eine unabhängige Kommission mit | |
| Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ermitteln. | |
| ## Kein flächendeckender Mindestlohn | |
| Doch genau hier bleiben die Liberalen widersprüchlich. Zwar machte sich | |
| Fraktionschef Rainer Brüderle Sonntagabend in der ARD für eine unabhängige | |
| Kommission zur Lohnfindung stark. Gleichzeitig stellte er die | |
| Unabhängigkeit im gleichen Atemzug in Frage und gab vor: „Wir wollen eine | |
| regionale Differenzierung.“ Auf die Nachfrage, ob die FDP bereit wäre, per | |
| Gesetz einen Mindestlohn einzuführen, den die Tarifpartner ausgehandelt | |
| hätten, wurde Brüderle erneut deutlich: „Einen einheitlichen, | |
| flächendeckenden Mindestlohn, nein.“ | |
| Der Arbeitnehmerflügel der CDU warnt jedoch vor zu vielen | |
| Differenzierungen. „Ein Flickenteppich aus Dutzenden von Mindestlöhnen löst | |
| das Problem Lohndumping nicht“, so Karl-Josef Laumann, Vorsitzender der | |
| Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, zur taz. | |
| Doch auch das Unionskonzept würde für viele Beschäftigte nichts verbessern. | |
| Denn in etlichen Branchen, so im Fleischer- und Friseurhandwerk, in der | |
| Floristik, im Hotel- und Gaststättengewerbe oder im Garten- und | |
| Landschaftsbau, existieren tariflich festgelegte Löhne. Ein Mindestlohn | |
| wäre somit nach Lesart der Union nicht nötig. Doch die Tariflöhne sind | |
| extrem niedrig. So bekommen Friseure in Ostdeutschland zwischen 3 und 5 | |
| Euro brutto in der Stunde, im Fleischerhandwerk des Ostens sind es zwischen | |
| 5 und 7 Euro. | |
| Gewerkschaften, Oppositionsparteien, selbst Michael Hüther, Direktor des | |
| arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, sprechen sich deswegen | |
| für einen einheitlichen Mindestlohn aus. | |
| 25 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Eva Völpel | |
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