# taz.de -- Programm der Linkspartei: Von Revolution keine Rede | |
> Die Partei Die Linke reklamiert das Copyright aufs Thema Gerechtigkeit. | |
> Ihr Wahlkampf wird von Rente, Mindestlohn und Reichensteuer handeln. | |
Bild: Empfehlungsschreiben in der Linken-Wahlkampfzentrale | |
BERLIN taz | Die Linkspartei will im Wahlkampf mit einem auf Umverteilung | |
fokussierten Programm bestehen. Die Kernforderungen zielen auf einen | |
großformatigen sozialen Umbau, von dem vor allem die Unterschicht | |
profitieren würde. Parteichefin Katja Kipping illustrierte dies bei der | |
Vorstellung des 87 Seiten umfassenden Entwurfs in Berlin mit einem | |
Beispiel: „Der Chef der Bahn AG Herr Grube verdient 86-mal so viel wie ein | |
Zugbegleiter, der nachts arbeitet. Niemand leistet 86-mal so viel wie | |
jemand anderes.“ | |
Geht es nach der Linken, soll die Mindestrente 1.050 Euro betragen, die | |
Rente generell wieder mit 65 Jahren beginnen und auch der „demografische | |
Faktor“, der das Niveau der Altersbezüge auf bis zu 43 Prozent des | |
durchschnittlichen Nettolohns absenken wird, gestrichen werden. Zentral | |
sei, so Kipping, auch die komplette Angleichung der Ost- an die Westrenten | |
bis 2017. | |
Offenbar haben die herben Niederlagen bei Wahlen im Westen Spuren | |
hinterlassen. Man betont die Ostkompetenz. Bei der Rente geht die | |
Linkspartei über die Ideen der SPD hinaus, die, nachdem sie in der | |
Regierung forsch die Rente mit 67 eingeführt hatte, diese jetzt mit | |
Ausnahmeregelungen versehen will. | |
## Kosten: 160 Milliarden Euro | |
Zwei weitere bekannte Schlüsselforderungen der Linkspartei sind die | |
Anhebung des Hartz-IV-Satzes auf 500 Euro – die Grünen fordern 420 Euro – | |
sowie ein Mindestlohn von 10 Euro in der Stunde. SPD und Gewerkschaften | |
wollen 8,50 Euro. | |
Die Kosten des Programms bezifferte Parteichef Bernd Riexinger auf 160 | |
Milliarden Euro im Jahr. Finanzieren soll dies vor allem das obere Zehntel | |
der Gesellschaft. Eine jährliche Vermögensabgabe von 5 Prozent für privaten | |
Geld- und Immobilienbesitz über eine Million Euro soll dem Staat 80 | |
Milliarden Euro im Jahr einbringen. Zudem sollen, wie in Frankreich, | |
Einkommen von über einer Million Euro im Jahr mit 75 Prozent besteuert | |
werden. Insgesamt soll der Staat 180 Milliarden Euro mehr einnehmen, auch | |
durch die Finanztransaktionssteuer, die 27 Milliarden bringen soll. | |
Die Parteiführung versicherte dabei, dass alle, die bis 6.000 Euro brutto | |
im Monat verdienen, gleichwohl weniger Steuern als derzeit zahlen würden – | |
was eine gewisse Skepsis betreffs der Solidität der Rechenmodelle der | |
Linkspartei weckt. | |
## Staat als Umverteilungsmaschine | |
Das Ganze wirkt wie ein traditionelles, linkssozialdemokratisches, stark | |
auf den Staat als Umverteilungsmaschine fixiertes Projekt. Von Revolution | |
ist keine Rede, dafür von einem „Modell des Miteinander“. Die Handschrift | |
von Parteichefin Kipping, die ein bedingungsloses Grundeinkommen will und | |
anschlussfähig an Lebensstile im grünen Milieu wirkt, ist sichtbar – wenn | |
man genau liest. | |
Kipping hatte zum Beispiel vorab das Recht auf ein Sabbatical vorgeschlagen | |
und Rot-Grün Unterstützung signalisiert, falls man sich auf ein Verbot von | |
Waffenexporten einigen könne. Das Sabbatical ist knapp auf Seite 12 | |
erwähnt, ein Verbot von Waffenexporten kommt auch vor. | |
„100 Prozent sozial“ heißt das Programm. Matthias Höhn, der pragmatische, | |
stets besonnen auftretende Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, bringt es | |
auf den Punkt. „Wir setzen bewusst auf Kontinuität“, so Höhn zur taz. | |
Kipping tippt, vorsichtig, aber deutlich, die Rolle der Partei als | |
Sprachrohr des Ostens an. Dort sind, trotz Überalterung, noch immer zwei | |
Drittel der Mitgliedschaft zu Hause. Der Zuspruch im Westen ist volatil – | |
die verlässliche Basis bleibt der Osten, wo rund 20 Prozent die Partei | |
wählen. | |
Gerechtigkeit wird die Agenda des Wahljahres bestimmen. Die Union ist | |
eifrig bemüht, alle Angriffsflächen im Sozialen abzuräumen. Sogar die FDP | |
nimmt gezwungenermaßen das Wort Mindestlohn in den Mund. Für die | |
Linkspartei ergibt sich daraus zwangsläufig, das Copyright reklamieren zu | |
müssen, um Abgrenzung zur links blinkenden SPD herzustellen. Man setzt auf | |
die bekannten Themen Rente, Hartz IV, Reichensteuer. Neueres, etwa eine | |
Arbeitszeitsverkürzung, wirkt im Programmentwurf, der im Juni beschlossen | |
werden soll, eher verschattet. | |
20 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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