# taz.de -- Verdi und die DAA Job Plus GmbH: Pikante Nähe zur Leiharbeit | |
> Verdi-Funktionäre sind im Vorstand einer Stiftung, deren Tochterfirma | |
> Leiharbeiter vermittelt. Der von Verdi geforderte Mindestlohn ist dort | |
> nicht verbindlich. | |
Bild: Verdi hat grundsätzliche eine klare Haltung: Mindestlöhne von 8,50 Euro… | |
BERLIN taz | Mindestlohn von 8,50 Euro brutto in der Stunde, gleiche | |
Entlohnung zwischen Stammbeschäftigten und Leiharbeitern – die Haltung der | |
Gewerkschaften zu Leiharbeit und Niedriglöhnen ist eigentlich klar. Umso | |
erstaunlicher ist, dass man es im näheren Gewerkschaftsumfeld nicht immer | |
ganz so streng nimmt mit den Standards. | |
Wie die Internetseite „Leak Leiharbeit“ jetzt bekannt gemacht hat, operiert | |
unter dem Dach der Verdi-nahen „DAA Stiftung Bildung und Beruf“ eine | |
Tochterfirma, die Leiharbeit betreibt. Die DAA Job Plus GmbH wendet dabei | |
Tarifverträge mit Löhnen unter 8,50 Euro an. | |
Die DAA Stiftung ist hauptsächlich als Bildungsträger tätig: Unter dem | |
Stiftungsdach bilden über 15 Einrichtungen Beschäftigte aus oder weiter. | |
Die Stiftung selbst ist das ehemalige Bildungswerk der Deutschen | |
Angestellten Gewerkschaft. Diese fusionierte 2001 mit mehreren anderen | |
Gewerkschaften zu Verdi. Seither existiert eine „enge ideele Verbindung“ | |
zwischen der Stiftung und Verdi, wie Gewerkschaftssprecher Christoph | |
Schmitz der taz sagte. | |
Das drückt sich auch personell aus: Im dreiköpfigen Vorstand der | |
DAA-Stiftung sitzen Gerd Herzberg, bis Herbst 2011 Vize-Bundesvorsitzender | |
von Verdi, sowie Dina Bösch, amtierendes Mitglied des | |
Verdi-Bundesvorstands. Unter den Kuratoriumsmitgliedern findet sich zudem | |
der Name von Andrea Kocsis, ebenfalls Mitglied im Verdi-Bundesvorstand. | |
Aber Verdi-Sprecher Schmitz betont: „Die DAA-Stiftung ist weder rechtlich | |
noch wirtschaftlich mit Verdi verbunden. Wir verdienen kein Geld mit | |
Leiharbeit und vermitteln nicht in Leiharbeit.“ | |
Die DAA Job Plus GmbH, eine von über 15 Töchtern der Stiftung, nutzt für | |
die Vermittlung von Leiharbeitern nach eigenen Angaben „die vorhandenen | |
Ressourcen von über 80.000 Fachkräften“ und umwirbt Arbeitgeber mit Sätzen | |
wie: „Sie tragen dabei keinerlei Beschäftigungs- oder Kündigungsrisiko.“ | |
## „Nichts vorzuwerfen“ | |
Auf der Internetseite findet sich auch die Information, dass die GmbH | |
Tarifverträge anwendet, die zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund und | |
dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen abgeschlossen | |
wurden. Die untersten Tarifvergütungen liegen dabei im Westen bei 8,19 Euro | |
in der Stunde, im Osten bei 7,50 Euro. Das ist zugleich der bundesweit | |
gültige Leiharbeitsmindestlohn. | |
Für Peter Rother, Sprecher der DAA-Stiftung, hat sich diese „nichts | |
vorzuwerfen“. Die Stiftung arbeite vor allem als Bildungsträger, | |
Vermittlung in Leiharbeit falle dagegen kaum ins Gewicht. Und die Job Plus | |
GmbH „hält Tarifverträge und den Mindestlohn in der Leiharbeit ein“, sagt | |
Rother. Zudem dränge der Vorstand darauf, dass die Leiharbeiter, die vor | |
allem in der Metall- und Elektro- sowie der Pflegebranche tätig seien, | |
übertariflich bezahlt würden. In wie vielen Fällen das vorkommt, kann | |
Rother jedoch nicht sagen. „Wir ermitteln das gerade.“ | |
Doch die Geschichte hat mehr als ein Geschmäckle. Das scheint man auch bei | |
Verdi begriffen zu haben. „Stiftungsvorstand und Kuratorium werden darüber | |
diskutieren“, heißt es dort nun. Wie und ob Konsequenzen gezögen würden, | |
sei jedoch noch unklar. | |
22 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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