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# taz.de -- Arbeitskampf beim DGB: Gewerkschaftsbund wird bestreikt
> Der DGB fordert gern 6,5 Prozent mehr Lohn. Die Beschäftigten beim
> DGB-Rechtsschutz sollen nur 0,9 Prozent bekommen – und legen die Arbeit
> nieder.
Bild: „Eine Katastrophe“: Die Streikenden vor der DGB-Zentrale halten das A…
BERLIN taz | Es ist ein seltener Anblick vor der Zentrale des Deutschen
Gewerkschaftsbunds: Rund 150 Menschen demonstrieren für bessere Löhne,
halten Schilder hoch, lärmen mit ihren Trillerpfeifen. Aber es geht nicht
gegen einen rücksichtslosen Privatkonzern, sondern gegen den
Gewerkschaftsbund selbst. Am Dienstag streikten die Angestellten des
DGB-Rechtsschutzes.
Im Tarifkonflikt mit den Bundesländern wird der DGB nicht müde, ein
Lohnplus von 6,5 Prozent zu fordern. Doch die Angestellten beim
gewerkschaftseigenen Rechtsschutz sollen bloß 0,9 Prozent mehr Geld
bekommen. Der Verband der Gewerkschaftsbeschäftigten (VGB) und die
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di haben daher zum ganztägigen Warnstreik
aufgerufen.
Mehr als 200 der bundesweit 730 Rechtsschutz-Mitarbeiter haben nach
VGB-Angaben ihre Arbeit niedergelegt, etliche Büros blieben den Angaben
zufolge geschlossen oder waren nur dünn besetzt. Einen Notdienst habe es
jedoch gegeben, versichert der VGB-Vorsitzende Helmut Wagner –
beispielsweise für DGB-Mitglieder, die bei einer Kündigungsschutzklage eine
Frist einhalten müssen.
Er hält das Angebot von 0,9 Prozent für eine „Katastrophe“. Zusammen mit
einer jährlichen Inflation von um die 2 Prozent bedeute das real weniger
Geld für die Beschäftigten.
## „Falscher Adressat“
Die Rechtsschutzabteilung wurde im Jahr 1998 vom DGB ausgegliedert und ist
seitdem eine private GmbH. Trotzdem haben die Gehälter dort einen großen
Einfluss auf die Wirtschaftslage des DGB. Damit die Finanzierung des
Rechtsschutzes dauerhaft gesichert ist, bekommt die GmbH jedes Jahr 40
Prozent der DGB-Beitragseinnahmen.
Der VGB wirft dem Gewerkschaftsbund nun vor, die Einnahmen bewusst zu
niedrig zu schätzen. Ein DGB-Sprecher widerspricht dem jedoch: „Wir müssen
natürlich konservativ planen.“ Wenn später mehr Geld zur Verfügung stehe,
komme das in einen Topf, auf den die Rechtsschutz GmbH zurückgreifen könne.
Auch sonst sieht sich der DGB nicht in der Pflicht, auf die Forderungen der
streikenden Rechtsschutz-Mitarbeiter einzugehen. Der Gewerkschaftsbund sei
„der falsche Adressat für die Aktionen“, Tarifpartner sei schließlich „…
eigenständige Rechtsschutz GmbH“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Dietmar
Hexel, der gleichzeitig stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der
Rechtsschutz GmbH ist.
Das Firmengeflecht hat den Effekt, dass Ver.di bei der Rechtsschutz GmbH
über Tarife verhandeln darf, beim DGB selbst ist der Gesamtbetriebsrat
zuständig. Der Gewerkschaftsforscher Claus Schnabel von der Universität
Erlangen kennt das Problem. „Der DGB erlaubt eine Mitarbeitervertretung,
aber keine Gewerkschaft in der Gewerkschaft.“
Die Angestellten hätten Schwierigkeiten, über ihre Gehälter zu verhandeln –
zumal sich viele mit ihrem Arbeitgeber und seinen politischen Forderungen
identifizierten. „Das Problem haben die Gewerkschaftsangestellten seit
Jahrzehnten.“ Dass die Mitarbeiter von der Großzügigkeit des DGB
profitierten, erkennt Schnabel nicht. „Die Gewerkschaften sind nicht
notwendigerweise die besseren Arbeitgeber.“
Der DGB bietet allen Mitgliedern der acht Teilgewerkschaften rechtliche
Beratung in einem der 111 Büros in ganz Deutschland. Nach Angaben der
Rechtsschutz GmbH wurden im Jahr 2011 insgesamt rund 300 Millionen Euro für
Gewerkschaftsmitglieder erstritten. Die Gehälter für die
Rechtsschutz-Mitarbeiter seien in den vergangenen drei Jahren um 6,8
Prozent gestiegen.
26 Feb 2013
## AUTOREN
Felix Werdermann
## TAGS
DGB
Arbeitskampf
Michael Sommer
Tarif
Streik
Mindestlohn
Gewerkschaft
Mindestlohn
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