| # taz.de -- Piraten setzen sich durch: Berlin bekommt Unisex-Toiletten | |
| > Bürgerämter, Büchereien, Schulen: Im Berliner Bezirk | |
| > Friedrichshain-Kreuzberg soll es gemeinsame Toiletten für Frauen, Männer | |
| > und Intersexuelle geben. | |
| Bild: Da lang: Eine Toilette für alle – egal ob mit Hut, mit Stock, mit Dame… | |
| BERLIN taz | Die öffentlichen Gebäude des Berliner Bezirks | |
| Friedrichshain-Kreuzberg sollen Unisextoiletten erhalten. Überall dort, wo | |
| es möglich ist, soll es zusätzlich zu den getrennten Toiletten für Männer | |
| und Frauen auch eine entsprechende Räumlichkeit für alle Menschen geben – | |
| auch für die, die sich keinem dieser beiden Geschlechter zuordnen. Das | |
| beschloss das Bezirksparlament am Mittwochabend auf Antrag der Piraten und | |
| unterstützt von Grünen, SPD und Linken. | |
| ## | |
| Die Unisextoiletten werden nicht neu gebaut. Stattdessen wird einer der | |
| Räume, der bisher exklusiv für Männer oder Frauen bestimmt war, neu | |
| beschildert. Faktisch wird das nur in größeren Gebäuden möglich sein, in | |
| denen es mehr als zwei öffentliche Toiletten gibt. „Man könnte denken, es | |
| gebe wichtigere Themen“, sagt Piratin Lena Rohrbach, die den Antrag | |
| ausgearbeitet hat. „Aber für die Betroffenen, die nicht in das binäre | |
| Geschlechtersystem passen, ist das sehr relevant. Jedes Mal, wenn sie in | |
| ein Gebäude gehen, wird ihnen suggeriert, dass sie eigentlich gar nicht | |
| existieren dürfen.“ | |
| Das Fehlen von Unisextoiletten sei nicht das größte Problem für | |
| Intersexuelle, meint Rohrbach, die Geschlechtsoperationen im Kindesalter | |
| seien der viel größere Skandal. „Aber das können wir im Bezirk nicht | |
| ändern“, sagt Rohrbach, die im Herbst auch auf der Liste der Piratenpartei | |
| [1][für den Bundestag kandidiert]. Die Einrichtung von Unisextoiletten sei | |
| jedoch immerhin ein erster Schritt und ein Signal. | |
| Die grüne Fraktionsvorsitzende im Bezirksparlament sagt, ihre Partei finde | |
| die Idee gut und werde deshalb zustimmen: "Wir denken nicht nur in binären | |
| Geschlechterkategorien. Es gibt auch Menschen, die sich anders definieren, | |
| und dann bieten wir auch denen ein Örtchen“, so Jana Borkamp. | |
| Die grüne Fraktionsvorsitzende im Landesparlament sieht das anders als ihre | |
| Kollgen im Bezirk: Das Anliegen sei "total undurchdacht und kurzsichtig", | |
| [2][twitterte] Antje Kapek am Donnerstagmorgen. | |
| ## | |
| „Gerade an Schulen sind Unisextoiletten wichtig“, findet Michael Bandt, | |
| Mitarbeiter der Initiative [3][Lambda] für lesbische, schwule, bisexuelle, | |
| transsexuelle und intersexuelle Jugendliche. „Denn die Schule ist ein | |
| Zwangskontext, aus dem man nicht ausbrechen kann.“ | |
| In einem [4][Kurzfilm] haben Jugendliche von Lambda eine typische Situation | |
| dargestellt: Eine transsexuelle Jugendliche, die zuvor noch als Junge | |
| wahrgenommen wurde, kommt zum Sportunterricht. Die Mädchen in der | |
| Frauenumkleide wollen sie nicht drinhaben. Und in die Jungenumkleide will | |
| sie nicht rein, weil sie ja kein Junge mehr ist. Die Sportlehrerin ist mit | |
| der Situation überfordert. Eigentlich brauche es daher auch | |
| Unisexumkleiden, meint Brandt. Doch auch Unisextoiletten hätten schon eine | |
| Signalwirkung: „Die Schule erkennt, dass es ein Problem gibt, und reagiert | |
| darauf. Die Jugendlichen fühlen sich viel akzeptierter.“ | |
| ## | |
| Die Unisextoiletten sollten auch Wickeltische haben, findet Ralf Gerlich, | |
| Fraktionsvorsitzender der Piraten im Bezirksparlament. "Die sind bisher | |
| prinzipiell in Frauentoiletten angesiedelt. Wenn sie in die Unisextoiletten | |
| kommen, dann können auch Väter dort ihr Kind wickeln." Er wünscht sich, | |
| dass die Einrichtung der Unisextoiletten "so breit wie möglich angegangen | |
| wird, denn für die Menschen, die damit konfrontiert sind, ist das eine | |
| spürbare Einschränkung der Lebensqualität". | |
| Noch offen ist dagegen die Sache mit den Urinalen. Ralf Gerlich meint: Wenn | |
| Urinal, dann sollte es in einer Box stehen, genau wie die | |
| Toilettenschüsseln. „Es ist ein gewisses Schamgefühl da, wenn jemand dort | |
| steht, und dann kommt jemand anders vom anderen Geschlecht in den Raum. | |
| Solange ein solches Schamgefühl noch vorhanden ist, sollte dem durch | |
| entsprechenden Sichtschutz Rechnung getragen werden.“ | |
| In der Landesgeschäftsstelle der Piraten gibt es bereits gar keine Toilette | |
| mehr, die nur einem bestimmten Geschlecht vorbehalten ist. Stattdessen gibt | |
| es dort zwei Toilettenräume - einer mit und einer ohne Urinal. Gerlach | |
| persönlich wünscht sich, dass die Geschlechtertrennung in der Gesellschaft | |
| langfristig irgendwann aufgehoben ist, so dass niemand mehr den Bedarf nach | |
| eingeschlechtlichen Toilettenräumen hat. Eine offizielle Position der | |
| Piratenpartei gebe es dazu allerdings noch nicht. | |
| Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wird die Verwaltung nun zunächst prüfen, | |
| welche Gebäude des Bezirks für die Einrichtung von Unisextoiletten | |
| überhaupt geeignet sind. | |
| Siehe auch | |
| [5][Antrag der Piraten mit Begründung] | |
| [6][Tweet von Ralf Gerlich], durch den die taz auf das Thema aufmerksam | |
| wurde | |
| Eine weitere erfolgreiche Idee der Piraten in Friedrichshain-Kreuzberg: | |
| [7][Daimler brüskieren] | |
| 27 Feb 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Piraten/!111782/ | |
| [2] http://twitter.com/Antje_Kapek/status/307032123422941185 | |
| [3] http://www.lambda-bb.de/ | |
| [4] http://www.youtube.com/watch?v=P_DAKpv2qEM | |
| [5] http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/bvv-online/vo020.asp?VOLFD… | |
| [6] http://twitter.com/Kortikalknoten/status/306474709061611521 | |
| [7] /!107829/ | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Heiser | |
| Sebastian Heiser | |
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