Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Grüner Finanzexperte über Zypern: „Der Finanzsektor muss schrum…
> Nach einem Besuch rechtfertigt Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick die
> harte Lösung. Für umso wichtiger hält er nun Hilfen für den
> Strukturwandel.
Bild: Auch eine Lösung für das ganze Land? Ein Musiker sammelt Geld in Nikosi…
taz: Herr Schick, Sie waren gerade mit dem Finanzausschuss des Bundestages
auf Zypern. Angeblich braucht die Insel nun 6 Milliarden Euro mehr
Hilfsgeld. Die Regierung hat ihren Bedarf auf rund 23 Milliarden Euro
beziffert. Ist das begründet?
Gerhard Schick: Ich halte die höhere Summe für plausibel, kann das aber im
Einzelnen bisher nicht nachvollziehen.
Wenn es sich als notwendig erweisen sollte – würden Sie der zusätzlichen
Summe am kommenden Donnerstag im Bundestag zustimmen?
Das hängt davon ab, ob die Lösung tragfähig erscheint. Einfach zusätzliche
Kredite draufzusatteln würde das Problem nur in die Zukunft verschieben.
Wie ist die Lage der Bürger und Unternehmen auf Zypern?
Soweit wir das sehen konnten, machen viele Geschäfte bald zu. Auf Schildern
werden Preisnachlässe zum Räumungsverkauf angeboten. Zahlreiche Läden sind
bereits geschlossen. An Geldautomaten bekommt man nur 300 Euro pro Tag,
größere Überweisungen müssen genehmigt werden. Das ist eine enorme
Belastung für Unternehmen, die Rechnungen und Löhne bezahlen wollen. Wenn
solche Maßnahmen länger anhalten, geht auch die gesündeste Ökonomie vor die
Hunde. Würden die zypriotische Regierung und die Eurogruppe ein sinnvolles
Krisenmanagement betreiben, müsste das alles nicht geschehen.
Wohin führt das? Müssen wir damit rechnen, dass auf der Insel die
Arbeitslosigkeit wie in den Krisenländern Griechenland und Spanien auf 25
Prozent und mehr steigt?
Die Prognosen der Troika – Zentralbank, Euro-Gruppe und Internationaler
Währungsfonds – sagen, dass die Erwerbslosigkeit dramatisch zunehmen wird.
Ein Grund: Die Wirtschaft der Insel ist auf den überdimensionierten
Finanzsektor konzentriert. Dieser muss nun schrumpfen. Umso wichtiger sind
jetzt konkrete europäische Hilfen für den Strukturwandel, gerade bei den
erneuerbaren Energien.
Sie befürworten, dass eines der beiden größten Finanzinstitute des Landes,
die Laiki-Bank, komplett geschlossen wird. Warum?
Seit Beginn der Krise haben sich die europäischen Regierungen meist dafür
entschieden, die Schulden der Banken durch staatliche Institutionen zu
übernehmen oder abzusichern. Dies belastet die öffentlichen Finanzen mit
vielen Milliarden Euro. Warum letztlich die Steuerzahler für die Fehler der
Banken haften sollen, ist überhaupt nicht einzusehen. Deshalb ist es
richtig, ein verschuldetes Institut wie Laiki zu schließen.
Die Bankenabwicklung zerrüttet die Wirtschaft der Insel, wie Sie gerade
selbst argumentieren. Und warum soll es richtig sein, die Zyprer in ihrer
Rolle als Steuerzahler zu schützen, aber als Besitzer von Sparkonten zur
Kasse zu bitten?
Die zyprischen Banken haben in den vergangenen Jahren viele Kapitalanleger
angelockt, durch hohe Zinsen und steuerliche Vorteile. Die großen Guthaben
werden nun herangezogen, um die Schulden der Banken zu finanzieren. Das ist
vertretbar. Die kleineren und mittleren Sparguthaben bis 100.000 Euro sind
ja geschützt.
Sehen Sie in der Bankenabwicklung auf Zypern einen grundsätzlichen Wandel
der Politik gegenüber Finanzinstituten?
Ja, die Herangehensweise ändert sich allmählich. Aber wie die neue
Strategie umgesetzt wird, ist katastrophal. Die Kanzlerin und ihr
Finanzminister verhindern seit vier Jahren, dass ein europäischer Fonds zur
Bankenabwicklung eingerichtet wird, den die Finanzbranche selbst füllt.
Gäbe es diesen, hätten die Probleme viel früher und ohne große
Verunsicherung der Sparer europaweit gelöst werden können. Auch die
Belastung für Bankkunden und Firmen wäre geringer.
Warum will die Bundesregierung das nicht?
Der alte Fehler. Man meint, Deutschland und die deutsche Wirtschaft davor
zu bewahren, zu viel Geld für andere Länder zu bezahlen. Dabei wären die
Kosten für uns geringer, wenn Europa funktionsfähige Strukturen hätte.
14 Apr 2013
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Zypern
EU
Schulden
Banken
Deutsche Bank
Griechenland
Bundestag
Zypern
EU-Finanzpolitik
EU-Finanzpolitik
Zypern
## ARTIKEL ZUM THEMA
Deutsche Bank löst Kapitalproblem: Über Nacht fließen Milliarden
Warum denn nicht gleich so? Die Deutsche Bank gibt zu, dass ihre
Eigenkapitaldecke zu dünn ist, und sammelt neues Geld ein.
Erntehelfer in Griechenland beschossen: Angriff der Erdbeer-Mafia
Sie protestierten für ihre Löhne: In der griechischen Kleinstadt Manolada
wurden Erdbeerpflücker aus Bangladesch beschossen.
Bundestag stimmt Zypern-Hilfe ab: Ansteckungsgefahr verhindert
Der Bundestag stimmt den Milliarden-Hilfen für Zypern zu. Außerdem
verlängert das Parlament Hilfskredite für Irland und Portugal um sieben
Jahre.
Zyprische Staatsbürgerschaft für Russen: Geld weg, dafür EU-Pass
Wer wegen der Zwangsabgabe auf Bankguthaben in Zypern mindestens drei
Millionen Euro verliert, darf Bürger des Inselstaats werden. Ein Mittel
gegen Kapitalflucht.
Hilfe der EU: Milliardenflucht aus Zypern
Das Land bekommt Hilfskredite, allerdings reicht das Geld nicht, weil viele
Anleger ihr Geld abgezogen haben. Jetzt muss der Inselstaat noch mehr
sparen.
Treffen der Euro-Finanzminister: Mehr für Zypern?
Die Euro-Finanzminister beraten über ein Hilfsprogramm für Zypern. Das Land
braucht mehr, als zuvor angenommen. In der Union macht sich Unmut breit.
Rettungsabkommen Zypern: Panik auf dem Goldmarkt
Zypern soll als Teil seiner Vereinbarung mit internationalen Geldgebern
Gold verkaufen. Aber das Land braucht nun noch mehr Rettungsgelder als
bisher angekündigt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.