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# taz.de -- KunstHalle der Deutschen Bank: Große Versprechen
> Mit der ersten europäischen Soloschau von Imran Qureshi, ihrem Künstler
> des Jahres 2013, eröffnet die Deutsche Bank ihre KunstHalle in Berlin.
Bild: Imran Qureshi, Selbstportrait, 2009.
Imran Qureshis Stärke sind deutlich seine Papierarbeiten und in situ, also
vor Ort ausgeführten Malereien. Die diffizilen Darstellungen des Alltags in
Pakistan, ausgeführt in der hybriden Technik einer islamischen
Miniaturmalerei, thematisieren notwendigerweise immer wieder die blutige
Gewalt, die diesen Alltag beherrscht. Die zarte florale Ornamentik wächst
dann auch einmal ins Monumentale und überzieht einen ganzen Innenhof mit
vermeintlichen Blutlachen, wie es die Arbeit „Blessings Upon the Land of My
Love“ während der 10. Sharjah Biennale 2011 tat.
Diese bösen, zugleich schönen Blütenträume sind auch auf den großformatigen
Leinwänden zu entdecken, die Qureshi erstmals für seine Ausstellung als
„Künstler der Jahres 2013“ der Deutschen Bank geschaffen hat. Allerdings
wirken die Leinwände, wie sie jetzt in Berlin, im Haus Unter den Linden,
präsentiert sind, vergleichsweise plakativ und eindimensional. An diesem
Format muss der Künstler noch wachsen.
Auch die Stärke der Deutschen Bank, die seit rund drei Jahren den Künstler
des Jahres im Rahmen ihres Kunstengagements auslobt, sind Arbeiten auf
Papier. Zeichnungen, Fotografien und Druckgraphiken bilden, neben
vereinzelten Gemälden und Skulpturen der Klassischen Moderne, den
Schwerpunkt der seit 1979 bestehenden, hauseigenen Kunstsammlung. Die
großformatigen Leinwände der Ausstellungen in den Räumlichkeiten Unter den
Linden steuerte bislang die New Yorker Guggenheim Foundation bei, mit der
die Bank seit 1997 unter der Marke Deutsche Guggenheim kooperierte.
Die überaus erfolgreiche Zusammenarbeit mit 61 Ausstellungen und mehr als
zwei Millionen Besuchern wurde 2012 in beidseitigem Einvernehmen beendet.
Die Bank führt den Raum nun unter dem Namen „KunstHalle by Deutsche Bank“
in eigener Regie fort und es wird sich auch hier noch herausstellen müssen,
ob sie das große Format wirklich beherrscht.
Zu schwer beherrschbarer Größe wuchs jedenfalls erst einmal die Werbeaktion
für die neue Kunsthalle heran. Unter dem Motto „Macht Kunst“ hatte die
Kunstabteilung der Bank vor knapp zwei Wochen Berufs- wie Hobbykünstler
eingeladen, Arbeiten einzureichen: Sie sollten dann von René Block, einem
von Fluxuszeiten bis heute wichtigen Galeristen und Kunstvermittler, für 24
Stunden gehängt werden, dazu war ein Publikumspreis, ein einjähriges
Stipendium von monatlich 500 Euro, ausgelobt.
## Die Schlange wuchs auf drei Kilometer Länge
Wie sich herausstellte, trieb kein Kunstereignis seit der MoMA-Ausstellung
in der Neuen Nationalgalerie vor knapp zehn Jahren, so viele Menschen auf
die Straße wie dieser Aufruf. Die Schlange vor dem Haus Unter den Linden
wuchs im Lauf des ersten Freitags im April auf drei Kilometer an.
Der unglaubliche Ansturm zunächst von Künstlern, und dann am
Ausstellungstag, auch von Besuchern, führt nun zu einer zweiten
Ausstellung. Sie soll während des Gallery Weekends Ende April in der Alten
Münze stattfinden, wie der Leiter der Kunstabteilung, Friedhelm Hütte, auf
der Pressekonferenz zur Ausstellung von Imran Qureshi erklärte.
Verstärkte Hauptstadtpräsenz einerseits bei einem gleichzeitig globaleren
Kunstangebot andererseits, sind die Ziele, die sich das neue Führungsteam
unter Hütte gesetzt hat, in Zusammenarbeit mit dem verantwortlichen
Vorstand der Deutschen Bank für deren globales Kunstengagement, Stefan
Krause, und dem Beraterteam aus Okwui Enwezor, dem Leiter der Münchner
Hauses der Kunst, den Kuratoren Hou Hanru und Victoria Noorthoorn sowie dem
Direktor der Berliner Nationalgalerie, Udo Kittelmann.
Neben der Ausstellung mit dem Künstler des Jahres bilden eine von
internationalen GastkuratorInnen verantwortete Ausstellung aus den
Beständen der eigenen Sammlung, eine Kooperation mit einer internationalen
Kunstinstitution und last not least eine Ausstellung in Verbindung mit
Berliner Kunsteinrichtungen das künftige Jahresprogramm.
Konkret bedeutet das, dass die am 18. April eröffnete, erste europäische
Soloschau von Imran Qureshi bis zum 4. August läuft. Im Herbst folgt dann,
im Rahmen der Berlin Art Week, „Painting Forever“, ein Projekt, das in
Zusammenarbeit mit der Berlinischen Galerie, den Kunst Werken, KW Institute
for Contemporary Art, und der Neuen Nationalgalerie konzipiert wird. Im
Sommer gibt es noch ein „Süden“ betiteltes Zwischenspiel. Es handelt sich
um ein Ausstellungs-, Musik- und Performance-Programm mit den Stipendiaten
und Alumni des Künstlerhauses Villa Romana in Florenz, zu dessen Förderern
die Deutsche Bank Stiftung zählt.
## Zusammenarbeit mit der Tate Modern
2014 startet dann eine Ausstellungsserie in Zusammenarbeit mit der Tate
Modern in London, die wegweisende Künstler aus Afrika, Asien und dem nahen
Osten in Berlin vorstellen will. Ebenfalls für das nächste Jahr ist in
Zusammenarbeit mit der Neuen Nationalgalerie eine Hommage an den
Zero-Künstler Otto Piene geplant.
Victoria Noorthoorn aus Buenos Aires, die sich 2012 mit ihrer Lyon-Biennale
international bekannt gemacht hat, ist die diesjährige Gastkuratorin. Im
November eröffnet ihre Schau „The Circle Walked Casually“ mit Arbeiten aus
der Sammlung der Deutschen Bank. Auch das Magazin der Deutschen Guggenheim
hat einen Nachfolger: „ArtMag by Deutsche Bank“ stellt unter anderem die
Frage, ob es eine Wiederkehr des Religiösen in der Kunst gibt, was die
Mehrzahl der Befragten entschieden verneint.
Mit der Wiederkehr des Religiösen in Form terroristischer Gewalt sieht sich
die Gesellschaft weltweit konfrontiert. Besonders Imran Qureshi setzt sich
damit künstlerisch auseinander, nachdem unweit seines Hauses ein
Selbstmordanschlag verübt wurde und sich ein lebendiger Ort in eine
Landschaft aus Blut verwandelte.
Seine Blattwerkornamentik im Basohli-Stil nahm danach eine blutrote Färbung
an, überzogen von Farbpfützen und Rinnsalen, die sich über die gesamte
Fläche verteilen, wobei die Ornamentik teilweise auch mit Abdrücken von
Körperteilen, Händen oder Füßen verschmilzt. Mit diesen eindrücklichen
Blättern war Imran Qureshi schon einmal 2011 in Berlin vertreten, in der
Ausstellung „Political Pattern – Ornament im Wandel“, der ifa-Galerie.
Ähnlich wie im gepflasterten Innenhof des Bait Al Serkal, einem ehemaligen
Krankenhaus in der denkmalgeschützten Altstadt von Sharjah, entwickeln sich
aus den Farbansammlungen, die an Blutlachen erinnern, auch auf den großen
ovalen Leinwänden in der KunstHalle zarte, weiß akzentuierte
Blütenornamente, effektvoll kontrastiert durch den traditionellen Goldgrund
der Miniaturmalerei.
## Der Kontrast von Schönheit und Schrecken
Quershi betrachtet das Blattwerk als „Hoffnungskeim“, analog zum Blattwerk
wirklicher Pflanzen, die selbst Beton und Asphalt sprengen und neues Leben
produzieren. Zusammen mit dem Berg zusammengeknüllter Papierarbeiten, in
dem das gleiche Motiv zur dreidimensionalen monumentalen Rauminstallation
anwächst, gerät der Kontrast von Schönheit und Schrecken ein wenig zu
plakativ.
Dass Imran Qureshis Kunst sehr viel subtiler argumentieren und politisch
weiter ausgreifen kann, erfährt man im hinteren Ausstellungsbereich, in dem
der Künstler eine labyrinthische Architektur entwickelt hat, die sich an
den Befestigungsbauten aus der Zeit des Mogulreiches auf dem indischen
Subkontinent orientiert. In dieser Zeit wurzelt auch die aus Persien
überkommene Miniaturmalerei, in deren Technik Imran Qureshi die Studenten
am National College of Arts in Lahore in einer eigenen Abteilung
unterrichtet.
Wie seine Miniaturen jetzt in Berlin zeigen, weiß er Respekt vor der
Tradition mit ikonoklastischem Mutwillen zu verbinden, wobei er die
Miniaturmalerei mit ihren überlieferten Techniken und Bildcodes als
diskursives Medium behandelt, das Aussagen über kulturelle und politische
Phänomene unserer Zeit zulässt.
In diesem Labyrinth ist dann auch der Künstler zu entdecken, der eine
Soloschau im New Yorker Metropolitan Museum stemmen kann. Dort sollte auch
auf seine langjährige Beschäftigung mit dem Marionettentheater eingegangen
werden, das in der muslimischen Kultur eine lange Geschichte als einzig
akzeptierter figurativer Kunstform hat.
Schon als Student führte er zusammen mit seinen Kommilitonen von Rockmusik
begleitete Tanztheaterstücke auf, mit im Atelier gefertigten Marionetten
und Handpuppen. Die Puppenspiele waren so erfolgreich, dass die Truppe
damit ganz Pakistan bereiste.
## Einzelausstellung im Metropolitan Museum New York
Die Ausstellungseinladung aus New York ist eine Folge seiner Auszeichnung
als Künstler des Jahres 2013 der Deutschen Bank. Mit deren Kunstabteilung
muss künftig als einem wichtigen Player im globalen Kunstgeschehen
gerechnet werden. Die Übernahme des Ausstellungsraumes unter den Linden
erlaubt es der Bank, die bislang mit ihren Ankäufen von Arbeiten auf Papier
eher Breitenförderung in der Kunstszene betrieb, nun auch hochkarätige
Malerei, Skulptur und Installationen zu erwerben.
Nach dem Ende der Deutschen Guggenheim müssen jetzt achtzehn
millionenschwere Auftragsarbeiten von Künstlern wie Jeff Koons, Gerhard
Richter oder James Rosenquist zwischen den ehemaligen Partnern aufgeteilt
werden. Die Entscheidung soll nächstes Jahr in New York bekannt gegeben
werden.
Auch das wohl eher aus der Not geborene Konzept wechselnder Kooperationen
und Partnerschaften stärkt das Gewicht der Deutschen Bank als Akteur im
Kunstbetrieb. Die stets unter finanziellem Druck stehenden internationalen
Kunstinstitutionen werden allesamt bemüht sein, mit der Bank ins Geschäft
zu kommen. Vielleicht enthält die flapsige Bemerkung des Staatssekretärs
für kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin, André Schmitz, bei der
Pressekonferenz zur Eröffnung der KunstHalle, die Frankfurter Abordnung
käme „mit dem Besten, was die Deutsche Bank hat, nämlich ihrer
Kunstsammlung“ eine Wahrheit, die Bankern wie der Kunstwelt noch zu Denken
geben wird.
Bis 4. August, Imran Qureshi: Artist oft he Year 2013, KunstHalle, Berlin.
Katalog 35 EUR. Vortrag Dr. Stefan Weber, Fragen an die Islamische Kunst“,
am 27. Mai, 19 Uhr.
21 Apr 2013
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
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