# taz.de -- Deutsch-französisches Verhältnis: Namenloser Frontalangriff auf M… | |
> In einem internen Papier kritisieren die Sozialisten die EU-Politik der | |
> Kanzlerin. Nach heftigen Reaktionen der Opposition wurde der Passus | |
> gestrichen. | |
Bild: Keine guten Beziehungen: Angela Merkel und Francois Hollande. | |
PARIS taz | Über das Wochenende war in den Medien von einer Krise der | |
deutsch-französischen Beziehungen die Rede. Dass die Regierungen in Berlin | |
und Paris in der EU spätestens seit der Wahl des Sozialisten François | |
Hollande nicht immer auf derselben Wellenlänge waren, ist nicht gerade neu. | |
Von Beginn an hatte der neue französische Präsident ergänzend zu den | |
anerkanntermaßen notwendigen Sparanstrengungen der verschuldeten Staaten | |
auch Maßnahmen zur Förderung des Wachstums in der EU gefordert. Er hatte | |
dabei gerade in Deutschland nur sehr bedingt Gehör gefunden. In Paris wuchs | |
seit Monaten der Unmut. | |
Dieser fand seinen Niederschlag unter anderem in einem internen Papier der | |
Parti Socialiste zur Vorbereitung eines Konvents über die Europapolitik im | |
Juni: „Das Projekt der Gemeinschaft ist heute bedroht durch eine den | |
Umständen gehorchende Allianz aus britischem Thatcherismus und der | |
egoistischen Unnachgiebigkeit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die | |
nur an die Guthaben der Sparer, an die Handelsbilanz und ihre eigene | |
Wiederwahl denkt.“ | |
So denken viele in Frankreich, bei weitem nicht nur innerhalb der | |
politischen Linken. Der nicht für eine Veröffentlichung bestimmte Text fand | |
aber den Weg in die Redaktion der Zeitung Le Monde, die diesen Angriff auf | |
die deutschen Partner sofort an die große Glocke hängte. | |
Hatte doch auch der sozialistische Vorsitzende der Nationalversammlung, | |
Claude Bartolone in einem persönlichen Diskussionsbeitrag erklärt, | |
Frankreich dürfe in der EU-Debatte die „Konfrontation“ mit Merkel nicht | |
scheuen. Parteichef Harlem Désir bezeichnete Merkel als „Kanzlerin der | |
Austerität“. | |
## Angriffe als Ausdruck von Verzweiflung | |
Da werde die deutsch-französische Freundschaft ausgerechnet im | |
Jubiläumsjahr infrage gestellt, behaupteten sofort Sprecher der rechten | |
Opposition, die sich zu Gralshütern der EU-Partnerschaft erhoben. Der sonst | |
eher besonnene Expremierminister Alain Juppé warnte in dramatischen Tönen | |
tags darauf, ebenfalls in Le Monde, eine „Konfrontation mit Berlin“ stelle | |
eine „tödliche Gefahr“ dar, und die Sozialisten seien verantwortlich dafü… | |
dass Paris das Vertrauen Deutschlands verspielt habe. | |
In Berlin verstand man sofort, welchen wahlpolitischen Nutzen aus diesem | |
Geplänkel zu ziehen war. Deutschland sei nicht schuld an Frankreichs | |
Problemen – sprich Hollandes Versagen – lautete der Tenor der Replik. | |
Andreas Schockenhoff, der Vizepräsident der CDU-CSU-Bundestagsfraktion, | |
bezeichnete die französische Angriffe empört als „unangemessen“. | |
Diese seien Ausdruck der „Verzweiflung, in der sich die französischen | |
Sozialisten aufgrund der Tatsache befinden, dass sie auch ein Jahr nach | |
ihrer Regierungsübernahme noch keine überzeugenden Antworten auf die | |
wirtschafts- und finanzpolitischen Probleme ihres Landes finden.“ | |
Konsterniert beschuldigten schließlich in Paris die Oppositionschefs der | |
UMP, François Fillon und Jean-François Copé, François Hollande, er sei | |
schuld an einer schweren Krise mit Berlin aufgrund des „katastrophalen | |
Tons“, den er von Anfang an Deutschland gegenüber „aus kleinlichen | |
parteilichen Überlegungen“ angeschlagen habe. Resultat: Im kritischen | |
Vorbereitungspapier des PS wurde jede persönliche Erwähnung von Angela | |
Merkel gestrichen. Die Kritik am rechtsliberalen EU-Kurs bleibt namenlos. | |
30 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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