# taz.de -- Audimax-Neubau in Lüneburg: Rechnungsprüfer ohrfeigen Uni | |
> Aufträge an gute Bekannte? Die Uni Lüneburg soll fragwürdige | |
> Beraterverträge für den Neubau der Aula abgeschlossen haben. | |
Bild: Schöne neue Welt, aber leider mit fadem Beigeschmack: CAD-Image der gepl… | |
BERLIN taz | Dieser Bericht hat es in sich. Auf 36 Seiten machen Prüfer des | |
Landesrechnungshofs Niedersachsen der Leuphana-Universität Lüneburg schwere | |
Vorwürfe. Das Dokument, das der taz vorliegt, beschäftigt sich mit 21 | |
Beratungsverträgen im Umfang von 1,23 Millionen Euro, die die Hochschule im | |
Zuge eines Aula-Neubaus an externe Dienstleister vergeben hat – oft unter | |
fragwürdigen Bedingungen, wie die Prüfer festhalten. | |
Ihr Fazit: „Im Rahmen der Prüfung ist aufgefallen, dass einzelne | |
Auftragnehmer, zum Beispiel durch besondere Zahlungsmodalitäten oder für | |
uns nicht nachvollziehbare Vergütungen, begünstigt wurden.“ | |
Damit erreicht die Affäre um den vom wirtschaftsnahen Reformpräsidenten | |
Sascha Spoun und seinem Vize Holm Keller angestoßenen Campus-Neubau eine | |
neuen Höhepunkt. Spoun und Keller wollten die einstige Zwangsfusion aus FH | |
und Uni in der Heide zu einem akademischen Leuchtturm entwickeln, | |
verpassten ihr den von Werbeprofis entwickelten Kunstnamen Leuphana und | |
schmiedeten ein viel beachtetes Bachelor-Konzept. Als sichtbare Zeichen für | |
den Aufbruch sollte ein neues Zentralgebäude her, für das der New Yorker | |
Stararchitekt Daniel Libeskind gewonnen werden konnte. Seit 2007 ist | |
Libeskind Professor in Lüneburg. Ist das etwas zu viel Glamour für eine | |
Hochschule in der Provinz? | |
Bereits vor zwei Jahren hatte der Landesrechnungshof Unregelmäßigkeiten | |
rund um den 60 Millionen Euro teuren Libeskind-Bau moniert. So war Uni-Vize | |
Holm Keller Mitgesellschafter einer inzwischen aufgelösten Firma namens | |
Proportion GmbH, die Libeskind-Villen vermarktete. Ein Unternehmen, das | |
Fassaden für diese von Keller vermarkteten Häuser fertigte, trat als | |
Sponsor des Audimax-Neubaus auf. Die Prüfer beklagten Wettbewerbsverstöße. | |
## Zweifelhafte Bedingungen, undurchsichtige Vergütung | |
Der neue Bericht des Landesrechnungshofes offenbart nun, unter welch | |
zweifelhaften Bedingungen die Hochschule rund um den Bau externe | |
Beratungsleistungen einkaufte. So bemängeln die Prüfer, dass die Uni für | |
fast 200.000 Euro den Münchener Architekten Robert Ketterer beauftragte und | |
auf undurchsichtige Art vergütete. Konkrete Leistungsnachweise konnte die | |
Uni den Prüfern offenbar nicht vorlegen, teils wurden Zahlungen entgegen | |
den Gepflogenheiten vorab geleistet, Reisekosten pauschal abgegolten. | |
Ein Jahr lang habe die Uni Ketterer quasi ein „monatliches Gehalt“ in Höhe | |
von 6.104,70 Euro gezahlt. Warum die Hochschule einen Architekten aus | |
München beauftragte und nicht ein womöglich günstigeres örtliches | |
Planungsbüro, bleibt ein Rätsel: „Ungeachtet der Entfernung zu Lüneburg hat | |
der Architekt – bald nach Eintritt des Vizepräsidenten in die Hochschule – | |
verschiedene Projektaufträge für die Hochschule übertragen bekommen. Eine | |
frühere Beschäftigung für die Hochschule ist nicht bekannt“, schreiben die | |
Prüfer. | |
Klar ist dagegen: Uni-Vize Holm Keller und Ketterer sind alte Bekannte. | |
Ketterer war Geschäftspartner der von Keller mit betriebenen Proportion | |
GmbH. Mit Ketterer arbeitete der Leuphana-Vize bereits 2001 zusammen, lange | |
vor seiner Zeit an der Uni. | |
## „Baukünstlerische Beratungsleistungen“ | |
Auch andere Aufträge wirken merkwürdig. Dreimal aufs Neue schloss die | |
Hochschule Verträge mit der Potsdamer Anwaltskanzlei Dombert – obwohl alle | |
Aufträge „ganz überwiegend das Zentralgebäude betrafen und deshalb als | |
Einheit zu werten sind“, so die Prüfer. Der Verdacht: Die Uni könnte den | |
Auftrag gestückelt haben, um jeweils unter der Summe zu bleiben, ab der ein | |
förmliches Vergabeverfahren notwendig gewesen wäre. | |
Interessant auch: Obwohl Libeskind zum Professor an der Uni Leuphana | |
berufen wurde und in dieser Tätigkeit den Audimax-Bau realisieren sollte, | |
schloss die Hochschule einen Vertrag über 500.000 Euro für | |
„baukünstlerische Beratungsleistungen“ mit dessen New Yorker Büro ab. Eine | |
„redundante Vergütung derselben Leistung“ sei „nicht auszuschließen“, | |
fürchten die Prüfer. | |
Die Uni möchte auf die Details des Berichts nicht eingehen, weist die | |
Vorwürfe aber zurück. „In zentralen Punkten werden Schlüsse aus der Prüfu… | |
gezogen, die nicht zutreffend sind“, so ein Sprecher. Alle Verträge seien | |
„sachlich begründet“. Die niedersächsische Wissenschaftsministerin Gabrie… | |
Heinen-Kljajic (Grüne) will Aufklärung: „Bau und Finanzierung des | |
Zentralgebäudes brauchen mehr Transparenz“, sagte sie der taz. „Das gilt es | |
jetzt im Interesse der Universität und des Landes aufzuarbeiten.“ | |
3 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
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