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# taz.de -- Erwartungen an den NSU-Prozess: Der lange Weg zur Wahrheit
> Ist Beate Zschäpe Täterin? Oder schuf sie die Fassade des Neonazi-Trios
> und wusste von nichts? Am Montag beginnt der Prozess gegen Zschäpe und
> vier weitere Angeklagte.
Bild: Gut bewacht: NSU-Ermittlungsakten
MÜNCHEN taz | Die großen Prozesse gegen alte Nazis liegen Jahrzehnte
zurück. Am Montag beginnt in München der wichtigste gegen neue Nazis.
Niemand würde den NSU-Prozess mit den Nürnberger Prozessen gegen
Kriegsverbrecher nach dem NS-Regime zwischen 1945 und 1949 vergleichen oder
die Frankfurter Auschwitz-Prozesse der 1960er Jahre als Vergleich
heranziehen. Die Dimensionen dieser Prozesse waren einzigartig.
Trotzdem gibt es eine Verbindungslinie. Der „Nationalsozialistische
Untergrund“ NSU machte schließlich schon durch seinen Namen klar, in
welcher Tradition er sich sah: durch Morden eine vermeintliche Reinheit von
Volk und Nation zu exekutieren. Eineinhalb Jahre nach Auffliegen des NSU
begreift man immer noch nicht, warum ausgerechnet im Land der NS-Täter eine
neonazistische Terrorgruppe mehr als ein Jahrzehnt ungestört rauben, bomben
und zehn Menschen töten konnte. Warum waren Staat, Gesellschaft und Medien
so blind?
Eine umfassende Antwort darauf wird der Strafprozess in München nicht geben
können. Das Gericht hat eine andere Aufgabe als die parlamentarischen
Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in mehreren Landtagen. Das Gericht
muss vor allem herausfinden, ob es genügend Beweise gibt, um die mutmaßlich
einzige überlebende NSU-Terroristin Beate Zschäpe und die vier mit ihr
angeklagten Helfer zu verurteilen.
Es wird ein langwieriger Indizienprozess, der mehr als zwei Jahre dauern
kann. Ob das Münchner Oberlandesgericht in Zschäpes Fall der Anklage folgt
und sie als zehnfache Mörderin verurteilt, ist offen. Zschäpe selbst
schweigt, und ihre Anwälte haben angekündigt, dass es dabei auch bleiben
soll.
## Wichtiger Beitrag zur Wiedergutmachung
Die ganze historische Wahrheit ans Licht zu befördern, wird der Prozess
nicht leisten können. Und doch kann das Gericht viel zur Wiedergutmachung
beitragen: indem der 6. Strafsenat unter Vorsitz von Richter Manfred Götzl
die Fakten penibel herausarbeitet und am Ende ein überzeugendes Urteil
fällt, das auch in der Folgeinstanz hält.
Er wird dafür auch frühere Mitarbeiter und V-Leute der
Verfassungsschutzämter vorladen müssen, die sich im Umfeld des NSU bewegten
– oder wie bei einem der Morde sogar am Tatort waren. Die Rolle der
Behörden lässt sich in diesem Verfahren gar nicht ausblenden. Entscheidend
wird aber auch sein, dass das Gericht die Opferangehörigen einbindet. Das
wird nicht einfach bei 77 Nebenklägern mit 53 Anwälten. Doch nur wenn das
Oberlandesgericht ihr Anliegen ernst nimmt, können Wunden geheilt werden.
Zu lange hat dieser Staat sie missachtet.
6 May 2013
## AUTOREN
Wolf Schmidt
Wolf Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
München
Beate Zschäpe
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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