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# taz.de -- NSU-Prozess beginnt: Morde, Bomben, Raubüberfälle
> Es wird ein gigantisches Verfahren. Das Münchner Oberlandesgericht
> verhandelt ab Montag die beispiellosen Taten des NSU.
Bild: Eingang zum OLG München, wo am Montag, 6. Mai 2013, der Prozess um die N…
MÜNCHEN/BERLIN taz | Am Montagmorgen wird ein Gefangenentransporter die an
Händen und Füßen gefesselte Hauptangeklagte Beate Zschäpe von der JVA
Stadelheim in die Stadtmitte bringen. Die Route: streng geheim. Um zehn Uhr
beginnt dann vor dem Münchner Oberlandesgericht der „Jahrhundertprozess“,
wie er in den Medien schon vor Beginn genannt wird. Zu Recht.
Todesopfer rechter Gewalt gab es in der Bundesrepublik schon erschreckend
viele, mehr als 150 seit der Deutschen Einheit. Auch neonazistische
Terrorgruppen trieben schon ihr Unwesen, zuletzt 2003, als eine
„Schutzgruppe“ festgenommen wurde, die einen Anschlag auf das Jüdische
Zentrum in München plante.
Doch in dieser Form sind die Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds
(NSU) beispiellos – genauso wie das Versagen des Staates. Zehn Morde, zwei
Bombenanschläge, fünfzehn Raubüberfälle. Über ein Jahrzehnt lang wurden
diese Verbrechen nicht als das erkannt, was sie waren: tödliche Aktionen
von Rassisten, die mit „Taten statt Worten“ für Angst und Schrecken sorgen
wollten.
Vier Untersuchungsausschüsse befassen sich seit Monaten mit dem NSU. Nun
endlich beginnt auch die juristische Aufarbeitung. Auf der Anklagebank
sitzen Beate Zschäpe, die mutmaßlich einzige Überlebende der Terrorzelle
NSU, sowie vier Helfer der Neonazi-Gruppe im Untergrund.
## Mord- und Sprengstoffanschläge
Zschäpe hat nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft zusammen mit Uwe
Mundlos und Uwe Böhnhardt Ende der 90er eine Terrorgruppe gegründet. Ihr
Ziel war laut der 488 Seiten langen Anklageschrift, aus der Illegalität
heraus durch Mord- und Sprengstoffanschläge ihre nationalsozialistisch
geprägten völkisch-rassistischen Vorstellungen von der Erhaltung der
deutschen Nation zu verwirklichen. Deshalb wird Zschäpe eine Mittäterschaft
bei allen Morden, Anschlägen und Überfällen vorgeworfen.
Es wird ein gigantischer Prozess, der nach Einschätzung des Münchner
Gerichtspräsidenten „deutlich“ länger als ein Jahr dauern wird. Bereits
jetzt sind 80 Termine bis Mitte Januar 2014 angesetzt. 212 Zeugen sind
allein bis September geladen, dazu eine Reihe von Sachverständigen.
Die Sicherheitsvorkehrungen sind streng. Im Vorfeld machten Gerüchte die
Runde, rechte Sympathisanten und Störer könnten versuchen, in das
Gerichtsgebäude zu gelangen, wie möglicherweise auch Menschen mit
Rachegelüsten. Durch schärfste Kontrollen soll das nun ausgeschlossen
werden.
Der Schwurgerichtssaal A101 im Münchner Strafjustizzentrum in der
Nymphenburger Straße wurde für 1,25 Millionen Euro umgebaut. Zum
Prozessauftakt sind zwar Demonstrationen gegen Rassismus und rechte Gewalt
angemeldet, eine konkrete Gefahr sieht die Polizei aber nicht – weder von
rechts noch von links.
## Urteil wohl erst 2015
Mit einem Urteil ist nach derzeitigem Stand wohl erst für 2015 zu rechnen.
Nur eine könnte das Verfahren mit einer Aussage drastisch abkürzen: Beate
Zschäpe. Bisher macht sie von ihrem Recht, zu schweigen, Gebrauch.
Die Opferangehörigen hoffen, dass sich das im Laufe des Prozesses ändern
wird. „Das würde die Taten des NSU nicht ungeschehen machen“, so die
Nebenklägeranwälte Jens Rabe und Stephan Lucas. „Aber es könnte den Opfern
zumindest bei der Bewältigung ihres Leids helfen.“
Sogar der Bundesinnenminister hat die Rechtsextreme vor Kurzem
aufgefordert, „zur Besinnung“ zu kommen „und zur Aufklärung dieser
schrecklichen Taten“ beizutragen. Auch das dürfte ohne Beispiel sein.
5 May 2013
## AUTOREN
Wolf Schmidt
Marlene Halser
## TAGS
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Beate Zschäpe
Prozess
Oberlandesgericht München
Schwerpunkt Rechter Terror
Beate Zschäpe
Zschäpe
NSU-Prozess
Schwerpunkt Rechter Terror
Manfred Götzl
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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