# taz.de -- Stammzellen aus geklonten Embryonen: Technik wie bei Dolly | |
> Durchbruch oder Grenzüberschreitung? US-Genforscher glauben, dem Klonen | |
> von Menschen näher gekommen zu sein. Andere Experten reagieren skeptisch. | |
Bild: Dolly war einzigartig, gerade weil sie es nicht war. Das Klonschaf wurde … | |
BERLIN taz | Das Thema „[1][Menschenklonen]“ mit all seinen umstrittenen | |
ethischen Facetten ist wieder auf der politischen Agenda. Jahrelang waren | |
alle Versuche, geklonte Menschenembryonen zur Stammzellgewinnung zu nutzen, | |
gescheitert. Jetzt teilte der Zellbiologie Shoukhrat Mitalipov mit, es sei | |
ihm erstmals gelungen, aus einem Menschenklon Zellen zu gewinnen, die sich | |
zu jedem beliebigen Typ von Körperzellen entwickeln lassen. | |
Sein Forscherteam von der Oregon Health & Science University in Portland | |
sprach gar von einem „Durchbruch“: Damit sei man der Heilung von | |
Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer, Multiple Sklerose oder | |
Herzerkrankungen ein deutliches Stück näher gerückt. Die Euphorie wird | |
allerdings nicht von allen Stammzellforschern geteilt. Denn eine | |
medizinische Verwendung – sollte sie überhaupt jemals vertretbar sein – ist | |
noch lange nicht Sicht. | |
„Ich bin skeptisch, ob uns das im therapeutischen Bereich weiterbringt“, | |
sagte etwa der Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle der | |
Nachrichtenagentur dpa. Brüstle arbeitet selbst mit embryonalen | |
Stammzelllinien. In den letzte Jahren ist er vor allem bekannt geworden, | |
weil er versuchte, in seinem Labor geschaffene embryonale Stammzellen | |
patentieren zu lassen. Selbst Insider sind von den Klonexperimenten in | |
Portland überrascht. | |
Denn seit Jahren schon setzen die meisten Wissenschaftler bei der Forschung | |
entweder auf Stammzellen, die aus sogenannten „überschüssigen“ Embryonen | |
gewonnen wurden – sie sind bei der künstlichen Befruchtung „übrig“ | |
geblieben – oder auf „induzierte pluripotente Stammzellen“ (iPS). Dabei | |
handelt es sich um entwicklungsfähige Zellen, die aus Körpergewebe gewonnen | |
werden. Unter anderem durch das Einschleusen eines bestimmen | |
Proteincocktails können diese Zellen quasi „rückprogrammiert“ werden. | |
## Im Reagenzglas kultiviert | |
Diese iPS-Zellen haben zwar nicht mehr das volle Entwicklungspotenzial. Sie | |
lassen sich aber zu verschiedenen Zelltypen entwickeln – je nachdem, ob es | |
sich ursprünglich etwa um Muskelzellen oder um Hautzellen handelte. Daneben | |
gibt es zahlreiche vielversprechende Forschungsansätze mit adulten | |
Stammzellen, die aus Körpergewebe isoliert werden. Dies ist ethisch nicht | |
umstritten. Im Körper sind sie für die Regeneration der verschiedenen | |
Zelltypen zuständig. | |
Das Forscherteam aus Portland nutzte bei der Herstellung ihrer Embryonen | |
fast das gleiche Verfahren, mit dem 16 Jahre zuvor am schottischen | |
Roslin-Institut das Klonschaf Dolly „hergestellt“ wurde. Die | |
Wissenschaftler transferierten nun die Zellkerne von menschlichen | |
Hautzellen in die zuvor entleerte Hülle einer menschlichen Eizelle. Aus | |
dieser entwickelten sich dann die Embryonen. Nachdem diese mehre | |
Zellteilungszyklen durchlaufen haben, entnahmen die Forscher einzelne | |
Zellen, um sie im Reagenzglas weiter zu kultivieren. | |
Nach Angaben der US-Forscher zeigen diese keine Anomalien oder | |
Fehlentwicklungen. Sie hätten die „Fähigkeit, sich wie normale embryonale | |
Stammzellen in viele andere Zellarten zu verwandeln, sagte Shoukhrat | |
Mitalipov. Diese große Entwicklungsfähigkeit ist auch das Argument, warum | |
embryonale Stammzellen besser als andere Stammzellen medizinisch verwendbar | |
sein sollen. | |
Zudem können durch das Klonen fast genetisch identische Zellen für einzelne | |
Patienten hergestellt werden, die angeblich nicht abgestoßen werden. Ob | |
dies tatsächlich so ist, muss aber noch bewiesen werden. Ein großen Problem | |
ist auch, dass – geklonte und nicht geklonte – embryonale Stammzellen bei | |
Tierversuchen Tumore auslösten. | |
In Deutschland wären die Klonversuche nach dem Embryonenschutzgesetz | |
verboten. Schon deshalb müssten sie verboten sein, so Jochen Taupitz, | |
Jurist und Mitglied im Deutschen Ethikrat, „weil es unzulässige | |
Menschenversuche sind“. | |
16 May 2013 | |
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Wolfgang Löhr | |
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