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# taz.de -- Die Wahrheit: Die Heide wackelt
> Auf einem Metal-Konzert erlebt man mitunter positive Überraschungen. Ja,
> es gibt sie noch, die ansehnlichen und hörbaren neuen Gruppen.
Bild: Wenn das der Bettvorleger wüsste: der Föööhrer als Kunstwerk des isra…
Mein Kollege Till führt ein Doppelleben. Abends zieht er sich sein
Metal-Satirikerkostüm über und sorgt unter seinem Superhelden-Kampfnamen
„Burgwächter“ für Recht und Ordnung in den Heavy-Kaschemmen der Republik,
denn er weiß, aus großer Macht erwächst auch große Verantwortung. Tagsüber
mimt er in seiner Alias-Existenz als Marc den seriösen, harmlos anmutenden
Artist-&-Repertoire-Manager, vulgo: Hausmeister, des Braunschweiger
Majorlabels Firefield Records. Und in dieser Eigenschaft lud er mich ein zu
einem Konzert seines „neuesten Signings“ President Evil.
Er lehnte sich weit aus dem Fenster. „Alter, wir kommen gerade aus
Oldenburg. Ich gebe dir mein Ehrenwort, ich wiederhole: mein Ehrenwort, da
haben die Jungs den Laden richtig schön zerlegt. Komm also besser vorbei!“
Marc traue ich nicht über den Weg. Aber da ich es mir mit Till lieber nicht
verderben wollte, kam ich also besser vorbei.
„Hoppla, jetzt kommen die Ratten doch noch aus ihren Löchern“, schnaubte er
mir entgegen. Der Hansa Kultur-Club war ganz ansehnlich gefüllt, die
Thrasher von Revolt gaben sich sichtlich Mühe, machten aber den Fehler,
ihren Heimatort Wolfsburg zu verraten. In Braunschweig gibt so was gleich
Abzüge in der A-Note.
Dann President Evil. Souverän und sympathisch die Bühnen-Action. Der Sound
dicht wie eine Betonwand. Das Solospiel wurde auf ein Mindestmaß reduziert.
Man wollte nicht aus dem Blick verlieren, worum es geht, und nicht ein
Instrument abziehen von der eigentlichen Arbeit – am Groove. Und der saß.
Voll auf der Viertel vor zwei. Immer leicht vorgezogen, wie es sich gehört,
wenn die Karre richtig rund läuft. „Volbeat“, sagte mein Nebenmann nach
zwei, drei Songs. „Genau!“ – „Sach ich doch!“ – „Ja.“ – „Si…
Ich kannte den freundlichen Zausel neben mir nicht, aber er hatte Recht.
Die Gitarren klangen nicht ganz so rund in den Mitten, es kratzte und
rappelte noch ein bisschen mehr im Karton. Aber es ist ein ziemlich
attraktives ästhetisches Konzept, das Volbeat vorgelegt haben:
zeitgenössischen Metal mit dem ältesten Rock ’n’ Roll kurzzuschließen.
Gegen noch eine Band, die sich an diesem Crossover abarbeitet, kann keiner
etwas haben. „Warum auch nicht!?“, gab ich meinem Nebenmann nach zwei, drei
weiteren Songs zu verstehen. „Stimmt auffallend.“ – „Was ich sage.“ �…
„Klärchen.“ – „Na also.“
Es war gut, dass wir beide mal darüber geredet hatten. Danach hörten wir
noch eine gute Stunde lang einer eingespielten, fulminant am selben Strang
ziehenden Band zu, der es fast noch mehr Spaß zu machen schien als den
Anwesenden, weil sie zurzeit offenbar gar nicht mehr will, als einfach so
weiterzuspielen.
Ich wollte den A&R-Manager der Band noch beglückwünschen zum Neuzugang,
aber es ging nicht mehr. Er hing besoffen, vor Glück vermutlich, auf einem
Barhocker und deklamierte wirres Zeug: „My heart belongs to you but my cock
is community property … Let the blood run red … The war drags ever on …
Morgen mache ich mir ein Gulasch, dass die Heide wackelt!“
27 May 2013
## AUTOREN
Frank Schäfer
## TAGS
Metal
Heavy Metal
Musik
Auto
Urlaub
Metal
Hitler
Kreuzfahrt
Heavy Metal
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