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# taz.de -- Abtreibungsverbot in El Salvador: Das Leben der Frau spielt keine R…
> Das Verfassungsgericht in El Salvador urteilt, dass eine schwerkranke
> 22-Jährige nicht abtreiben darf. Obwohl ihr Fötus nicht überlebensfähig
> ist.
Bild: Protest vor dem Gerichtshof: „Gott ist Liebe, der Bischof ist ein Mörd…
SAN SALVADOR taz | Eine schwerkranke 22-jährige Schwangere soll ihr Kind
austragen, obwohl sie die Schwangerschaft nach Einschätzung ihrer Ärzte
möglicherweise nicht überleben wird. Auch ihr Kind wird spätestens ein paar
Tage nach der Geburt sterben: Der Fötus wächst mit einem schweren
Gehirnschaden heran. Trotzdem hat das Verfassungsgericht von El Salvador am
Mittwoch entschieden: Eine Ausnahme vom absoluten Abtreibungsverbot wird –
zumindest derzeit – nicht gestattet.
Es bestehe keine unmittelbare Gefahr für das Leben der jungen Frau,
urteilten vier der fünf Richter in einer Mehrheitsentscheidung. Die
Möglichkeit ihres Todes liege vielmehr noch in der Zukunft. Die Frau ist im
sechsten Monat schwanger.
Die 22-jährige Beatriz – ihr Nachname wird zu ihrem Schutz geheim gehalten
– hat bereits eine Risiko-Schwangerschaft hinter sich. Ihr heute
einjähriger Sohn wurde mit einen Notkaiserschnitt zu früh zur Welt gebracht
und ist heute leicht geistig behindert. „Ich will nicht sterben“, sagte
Beatriz in einem Telefoninterview aus dem Krankenhaus. „Ich muss mich um
meinen Jungen kümmern.“
Sie leidet an chronischem Nierenversagen und an Lupus, einer
Autoimmunerkrankung, die als Hautflechte beginnt, in schweren Fällen aber
auch Herz, Lungen, Nieren und Gehirn befällt und zum Kollaps dieser Organe
führen kann. Bei ihrem Fötus wurde Anenzephalie diagnostiziert: Das Kind
wird nahezu ohne Gehirn zur Welt kommen und spätestens nach ein paar Tagen
sterben. Die Ärzte sprechen von einer „Hochrisikoschwangerschaft“.
Da Abtreibungen in El Salvador ausnahmslos verboten sind, haben die Anwälte
von Beatriz beim Verfassungsgericht ein Ersuchen eingereicht, nach dem in
diesem Fall von einer Strafe abgesehen werden soll. Nach dem Gesetz müssen
abtreibende Frauen und die Ärzte, die den Eingriff vornehmen, für zwei bis
acht Jahre ins Gefängnis. Die Anwälte argumentieren mit dem
Verfassungsgebot, nach dem der Schutz des Lebens Vorrang haben muss. Die
Richter aber sehen keinen Handlungsbedarf.
## Katholische Bischöfe gegen den Rest der Welt
Der Fall bewegt die salvadorianische Öffgentlichkeit seit Wochen.
Gesundheitsministerin María Isabel Rodríguez, selbst eine Ärztin, hat
öffentlich eine Ausnahmeregelung für Beatriz verlangt. Auch amnesty
international und eine Gruppe von Menschenrechtsexperten der Vereinten
Nationen haben sich für Beatriz eingesetzt.
Nur die Bischofskonferenz der katholischen Kirche schrieb in einer
Erklärung: „Der Fall sollte nicht benutzt werden, um gegen das menschliche
Leben zu urteilen.“ Die Bischöfe meinen damit den zum Leben kaum fähigen
Fötus, nicht die schwangere Frau.
Der Einfluss der katholischen Kirche auf die Politik hat Lateinamerika
lange zu einem düsteren Kontinent gemacht, was das Recht der Frauen auf
ihren eigenen Körper angeht. Erst in den vergangenen Jahren wurden
Abtreibungsverbote gelockert.
In Mexiko und Uruguay haben Frauen heute das Recht, in den ersten drei
Monaten einer Schwangerschaft abzutreiben. Kolumbien, Argentinien und
Brasilien haben immerhin Ausnahmeregelungen eingeführt, zum Beispiel für
Schwangerschaften nach Vergewaltigungen oder bei Gefahr für das Leben der
Frau. Ein absolutes Abtreibungsverbot gilt außer in El Salvador noch in
Nicaragua und Chile.
30 May 2013
## AUTOREN
Toni Keppeler
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