# taz.de -- Abtreibungsverbot in Irland: Maxiprotest gegen Minireform | |
> Suizidgefährdete Mütter dürfen ab 2013 auf der katholischen Insel | |
> abtreiben. Sonst niemand. Aber selbst das geht der Kirche zu weit. | |
Bild: Mahnwache für die wegen Abtreibungsverweigerung gestorbene Savita, Dubli… | |
DUBLIN taz | Das in der irischen Verfassung festgeschriebene absolute | |
Abtreibungsverbot fällt. Ab dem nächsten Jahr sollen | |
Schwangerschaftsabbrüche in Irland erlaubt werden – wenn auch nur unter | |
besonderen Umständen. Das gab die Regierung in Dublin am Dienstagabend | |
bekannt. Es hat 20 Jahre gedauert, bis sich die Politiker zu diesem | |
Entschluss durchringen konnten. | |
Die Pläne sehen eine Kombination aus Gesetzen und Vorschriften vor, die | |
spätestens im Sommer in Kraft treten sollen. Nicht gestattet wird ein | |
Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung oder bei Gefahr für die | |
Gesundheit der Schwangeren. Bei Suizidgefahr soll dagegen in | |
Übereinstimmung mit einem höchstrichterlichen Urteil von 1992 ein | |
Schwangerschaftsabbruch erlaubt sein. | |
Damals entschied der höchste Gerichtshof, dass eine Abtreibung zulässig | |
sei, wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr sei – und dazu zählten die | |
Richter ausdrücklich Suizidgefahr. | |
Das Urteil basierte auf dem „Fall X“, bei dem eine 14-Jährige nach einer | |
Vergewaltigung schwanger geworden war, aber zunächst aufgrund eines | |
Gerichtsurteils nicht zur Abtreibung nach England ausreisen durfte. Die | |
höchsten Richter hoben das Ausreiseverbot auf und verfügten, dass die | |
Modalitäten vom Gesetzgeber zu klären seien. | |
## Einfluss der Kirche schwindet | |
Die Politiker drückten sich um die erforderliche gesetzliche Regelung und | |
schoben das Problem stattdessen dem Volk zu. Doch das lehnte die | |
Regierungsvorschläge in fünf Volksentscheiden ab. | |
Erst nach dem Tod der 31-jährigen indischen Zahnärztin Savita Halappanavar, | |
die im Oktober in der Universitätsklinik der westirischen Stadt Galway an | |
einer Blutvergiftung starb, weil ihr die Ärzte trotz prolongierter | |
Fehlgeburt einen Schwangerschaftsabbruch verweigerten, sah sich die | |
Regierung zum Handeln gezwungen, zumal auch der Europäische Gerichtshof für | |
Menschenrechte Druck auf die Dubliner Regierung ausübte. | |
Die setzte ein Untersuchungsteam ein, das nun den Vorschlag vorlegte, den | |
die Regierung umsetzen will. Doch es gibt Widerstände in der Koalition. | |
Während die Labour Party wohl geschlossen für die neue Regelung stimmen | |
wird, haben bereits ein Dutzend Abgeordnete von Fine Gael, der stärksten | |
Partei im Parlament, ihren Unmut über die Einbeziehung der Suizidgefahr | |
geäußert. Premierminister Enda Kenny will jedoch Fraktionszwang verhängen. | |
Die katholische Kirche will die Suizidgefahr nicht gelten lassen. Da könne | |
ja jede kommen, das wäre der erste Schritt zu Abtreibung auf Verlangen, | |
argumentierten vier Erzbischöfe in einem offenen Brief. Sie forderten die | |
Bevölkerung auf, dafür „zu beten, dass unseren Politikern die Weisheit und | |
der Mut zuteil werden, das Richtige zu tun“. | |
Der Einfluss der Kirche in Irland ist jedoch aufgrund zahlreicher Skandale | |
stark geschrumpft, den Kampf gegen Verhütungsmittel, Ehescheidungen und die | |
Legalisierung von Homosexualität hat der Klerus verloren. Die begrenzte | |
Erlaubnis von Abtreibungen wird er ebenfalls nicht verhindern können. | |
19 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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