| # taz.de -- Viele EU-Staaten erschweren Abtreibung: Mit Gott gegen die Selbstbe… | |
| > Nicht nur Polen beschränkt das Abtreibungsrecht. Auch andere EU-Staaten | |
| > behandeln Schwangerschaftsabbrüche noch immer restriktiv. | |
| Bild: Im Namen des Herrn, der christlichen Hardliner und der Judikative: Antiab… | |
| WARSCHAU/BERLIN taz | Obwohl Polens Abtreibungsrecht zu den strengsten in | |
| der Europäischen Union gehört – ein Schwangerschaftsabbruch ist nur bei | |
| Gefahr für Leib und Leben der Mutter, bei schwerer Schädigung des Fötus | |
| oder nach einer Vergewaltigung zulässig – forderte die katholisch-nationale | |
| Partei Solidarisches Polen vor Kurzem das totale Verbot jeder Abtreibung. | |
| Ein Kind sei immer eine „Gabe Gottes“ und stehe über dem Leben der Mutter. | |
| Fast wäre das Gesetz tatsächlich verabschiedet worden, denn etliche | |
| Abgeordnete der liberalen Regierungspartei Bürgerplattform wollten für den | |
| Oppositionsvorschlag stimmen. Erst im letzten Moment wurde das | |
| „Muttermördergesetz“, wie Feministinnen das Projekt nannten, verhindert. | |
| Doch nicht nur in Polen, auch in anderen Teilen der EU wird das | |
| Selbstbestimmungsrecht schwangerer Frauen nach wie vor durch die | |
| Gesetzgebung beschränkt. | |
| In Zypern etwa sind Schwangerschaftsabbrüche nur unter Bedingungen möglich. | |
| Auf der Mittelmeerinsel – die Bewohner sind zu etwa 77 Prozent orthodoxe | |
| Christen, die zweitgrößte Religionsgruppe sind Muslime – müssen Schwangere | |
| vor einem Abortus zwei Ärzte konsultieren. Von dieser Regelung ausgenommen | |
| sind lediglich Vergewaltigungsopfer. Diesen reicht die Bestätigung der | |
| Anzeige der Vergewaltigung bei der Polizei. | |
| Auf den zwischen Großbritannien, Norwegen und Island liegenden | |
| Färörer-Inseln sind Schwangerschaftsabbrüche zwar grundsätzlich legal, wenn | |
| das Leben der Mutter in Gefahr ist. Auch nach Vergewaltigungen und bei | |
| absehbarer schwere Missbildung des Fötus darf abgetrieben werden. | |
| Allerdings muss bei verheirateten Frauen der Ehemann zustimmen. Die | |
| überwiegende Mehrheit der Bewohner der zu Dänemark gehörenden Inselgruppe | |
| sind protestantische Christen. | |
| Im ebenfalls protestantischen Finnland müssen grundsätzlich ein Arzt oder | |
| die staatliche Gesundheitsbehörde einer Abtreibung zustimmen. | |
| Im katholischen Irland ist Abtreibung auch nach fünf Volksabstimmungen in | |
| 20 Jahren nach wie vor illegal. Erlaubt ist der Eingriff lediglich, wenn | |
| das Leben der Mutter in Gefahr ist. Immerhin schließt das Suizidgefährdung | |
| – nach katholischem Glauben ist Selbstmord eine Todsünde – mit ein. Etwa | |
| 6.000 Irinnen treiben jährlich im benachbarten Großbritannien ab, wo der | |
| Eingriff legal ist. | |
| Luxemburg fordert von abtreibungswilligen Frauen eine einwöchige Wartezeit | |
| zwischen Antrag und Eingriff. Ärzte müssen nicht abtreiben, es sei denn, | |
| das Leben der Schwangeren ist in Gefahr. Offizielle Zahlen zur religiösen | |
| Zugehörigkeit der Luxemburger gibt es aus gesetzlichen Gründen nicht, aber | |
| nach Schätzungen sind etwa 87 Prozent der Einwohner des Herzogtums | |
| katholisch. | |
| In den ebenfalls mehrheitlich katholischen EU-Ländern Tschechien und der | |
| Slowakei sind Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich legal – aber Frauen, | |
| die abgetrieben haben, dürfen erst sechs Monate nach dem letzten Eingriff | |
| erneut eine Schwangerschaft abbrechen. | |
| Im katholischen Portugal muss ein anderer Arzt als der, der den Eingriff | |
| vornimmt, bestätigen, dass eine Vergewaltigung stattfand oder Gefahr für | |
| das Leben des Kindes besteht. Und im ebenfalls katholischen Spanien muss | |
| eine Vergewaltigung bei der Polizei angezeigt worden sein, bevor eine | |
| Abtreibung durchgeführt werden darf. Eine absehbare Schädigung des Fötus | |
| müssen zwei Spezialisten bestätigen, die den Eingriff nicht vornehmen. Alle | |
| Abtreibungen müssen den Gesundheitsbehörden gemeldet werden. | |
| Der Inselstaat Malta schließlich ist das einzige Mitgliedsland der | |
| Europäischen Union, in dem Abtreibung grundsätzlich illegal ist. Große | |
| Teile der zu 98 Prozent katholischen Bevölkerung wehren sich, zusammen mit | |
| Regierung und Klerus, seit Jahren heftig gegen jede Liberalisierung von | |
| Schwangerschaftsabbrüchen. Das gilt auch dann, wenn diese, wie im Jahr 2000 | |
| bei einer Aktion von Abtreibungsbefürwortern, auf Schiffen auf dem | |
| Mittelmeer – also nicht auf maltesischem Territorium – durchgeführt werden. | |
| 1 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| R. Rossig | |
| G. Lesser | |
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