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# taz.de -- Kommentar Abtreibungsrecht Irland: Sieg für die Katholen
> Abtreibung ist legal nur bei Lebensgefahr für die Schwangere. Diese
> Gesetzesnovelle in Irland nützt allein den Kardinälen.
Das hätten sie sich auch sparen können. Irlands neues Abtreibungsgesetz,
das nach monatelangen Diskussionen und zum Schluss nächtelangen Debatten im
Parlament in der Nacht zum Freitag verabschiedet wurde, verbessert die
Situation für Schwangere in Not nur unwesentlich. Das Gesetz gestattet
Abtreibung bei Lebensgefahr für die Schwangere.
Nicht erlaubt ist hingegen ein Schwangerschaftsabbruch nach einer
Vergewaltigung oder bei Gefahr für die Gesundheit der Schwangeren. Bei
Suizidgefahr ist in Übereinstimmung mit einem höchstricherlichen Urteil von
1992 ein Schwangerschaftsabbruch möglich - falls drei Ärzte diese Gefahr
bestätigen.
Obwohl das Gesetz im Grunde das Abtreibungsverbot festschreibt, laufen die
Abtreibungsgegner Sturm - allen voran die katholische Kirche. Kardinal Seán
Brady, ihr höchster Würdenträger, drohte denjenigen Abgeordneten, die für
das Gesetz stimmen, mehr oder weniger offen mit Exkommunizierung. So sehr
der Kardinal sich um die Föten kümmert, so wenig scheren sie ihn, wenn sie
geboren sind. Jahrzehntelang deckte Brady die pädokriminellen
Machenschaften von Geistlichen. Er hat den vergewaltigten Kindern
eingeschärft, nur mit „autorisierten Priestern“ über die Vorfälle zu
sprechen. Die Täter wurden einfach in andere Gemeinden versetzt, wo sie
weiter ihr Unwesen trieben.
Für Brady ist die Abtreibungsdebatte das letzte Gefecht seiner Kirche. Das
Monopol in Moralfragen hat sie längst eingebüßt. Sicher, 83 Prozent gaben
bei der Volkszählung an, katholisch zu sein, aber das hängt eher mit Kultur
und Tradition als mit Glauben zusammen. Bei Umfragen befürworteten drei
Viertel der Befragten das neue Gesetz, noch mehr fanden, dass ein
Schwangerschaftsabbruch auch nach einer Vergewaltigung gestattet sein
sollte, und immerhin noch 39 Prozent wollen Schwangeren das Recht
zugestehen, selbst zu entscheiden, ob sie das Kind bekommen möchten.
Die Politiker der etablierten Parteien haben immer noch nicht gemerkt, dass
die meisten Iren liberaler sind als sie selbst. Vielleicht können sie es
auch nicht merken, weil die Wähler aus genau den kulturellen und
traditionellen Gründen ihr Kreuzchen auf dem Wahlzettel bei eben diesen
Parteien machen. Erst wenn sie sich davon frei machen, müssen sie nicht
weiterhin auf die EU warten, damit sie die Modernisierung der Grünen Insel
anschubst, wie sie es bei den Themen Scheidung, Verhütungsmittel und
Homosexualität getan hat.
Wenigstens hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
in Irland eine Debatte um Abtreibung und ein - wenn auch völlig
unzureichendes - Abtreibungsgesetz erzwungen, doch weiterhin müssen rund
4.000 Irinnen jedes Jahr zum Schwangerschaftsabbruch nach England reisen.
12 Jul 2013
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Schwerpunkt Abtreibung
Irland
Katholische Kirche
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