# taz.de -- EZB-Blockade in Frankfurt: Banker tarnen sich wegen Blockupy | |
> Blockupy-Aktivisten haben die EZB in Frankfurt umzingelt. Um zu ihren | |
> Arbeitsplätzen zu kommen, verkleiden sich die Banker mit Karottenhosen. | |
Bild: Alles ruhig in Frankfurt: Blockupisten spielen Ball mit der Polizei. | |
FRANKFURT/MAIN taz | Blockupy ist angekommen: Rund 2.000 linke | |
Demonstranten haben am frühen Freitagmorgen die Europäische Zentralbank | |
(EZB) im Herzen Frankfurts erreicht. Die Polizei ließ die Protestierenden, | |
von denen sich die meisten bereits um sechs Uhr vom Blockupy-Camp nahe der | |
Messe in Richtung Innenstadt aufmachten, zunächst gewähren. | |
Kurz vor der EZB war dann aber Schluss: Hamburger Gitter, Wasserwerfer und | |
ein Großaufgebot der Polizei verhinderten ein Weiterkommen. Die Polizisten | |
wollten „die Handlungsfähigkeit der EZB gewährleisten“ – während das Z… | |
von Blockupy war, „den üblichen Geschäftsablauf öffentlich sichtbar zu | |
stören“. | |
Sichtbar waren die Blockaden definitiv – und sie beeinflussen das | |
öffentliche Leben in Frankfurt: U- und Straßenbahnen fahren nicht, der | |
Hauptbahnhof ist abgeriegelt, Geschäfte, besonders im Sicherheitsbereich um | |
die EZB, sind geschlossen. Allerdings ist die EZB nicht lahmgelegt, so | |
zumindest eine Sprecherin der Bank: „Wir arbeiten, am Willy-Brandt-Platz | |
und an anderen Orten.“ Wo die Ausweichquartiere liegen, wollte sie „aus | |
Sicherheitsgründen“ nicht verraten. | |
Ein Polizeisprecher schätzte die Lage ähnlich ein: „Die EZB war nicht | |
völlig blockiert, die Angestellten kamen zur Arbeit, also mussten die | |
Blockaden nicht auflösen.“ Blockupy hingegen wertet die Aktion als Erfolg: | |
„Mehr als 3.000 Menschen haben das Gebäude am Willy-Brandt-Platz in | |
Frankfurt am frühen Freitagmorgen umzingelt und abgeriegelt“, so ein | |
Bündnis-Sprecher. Ob wirklich vereinzelt EZB-Mitarbeiter ihre Arbeitsstätte | |
erreichten, war in der unübersichtlichen Lage rund um die Bank nicht | |
eindeutig festzustellen. | |
So oder so, die Blockupy-Aktionen beeinflussen nicht nur das öffentliche | |
Leben, sondern auch die Arbeit der Banken. Etliche Kreditinstitute wie | |
Deutsche Bank und Sparkassen lassen ihre Filialen im Innenstadtbereich | |
wegen Blockupy geschlossen. Auch für die Mitarbeiter der Banken herrscht | |
ein gewisser Ausnahmezustand: Viele haben sich am Freitag freigenommen, | |
andere arbeiten von zu Hause aus. Und diejenigen, die dennoch an ihren | |
angestammten Arbeitsplatz wollen, tun dies meist in zivil, also ohne Anzug | |
und Krawatte. | |
## „Beweisen Sie, dass Sie kein Banker sind“ | |
Vor der Commerzbank außerhalb der Sicherheitszone um die EZB etwa | |
erschienen vereinzelt Banker in Pullover, orangefarbenener Karottenhose | |
oder Jeans, um unerkannt zu bleiben – mit Erfolg, sie erreichten die Bank. | |
Anders ein Mann, der in Anzug durch die Blockaden laufen will. „Beweisen | |
Sie, dass Sie kein Banker sind“, wird er von Demonstranten aufgefordert. | |
„Ich habe Patienten“, stammelt der Betroffene etwas unsicher, dann verlässt | |
er die Blockade und verschwindet in den Gassen zwischen den Banktürmen. | |
„Bank-Patienten“, unkt ein Demonstrant. | |
Obwohl die Polizei die Blockaden vor der EZB im Gegensatz zu den | |
Blockupy-Protesten des letzten Jahres dieses Mal duldete, gibt es heftige | |
Kritik an den Einsatzkräften. Dies hat vor allem mit einem Vorfall vom | |
Donnerstagmittag zu tun: Die Polizei stoppte auf der Autobahn fünf Busse | |
mit anreisenden Demonstranten aus Berlin. | |
Bereits während der Demos 2012 hielt die Polizei stundenlang Aktivisten in | |
Gewahrsam, was im Nachhinein vom Amtsgericht Gießen für rechtswidrig | |
befunden wurde. In diesem Jahr durften die Busse zwar nach einiger | |
Wartezeit weiterfahren, aber nur, nachdem die Polizei die Protestierenden | |
kontrolliert und deren Personalien aufgenommen hatte. | |
## Flüchtlinge müssen umkehren | |
Das Pikante: In den Bussen befanden sich auch Aktivisten des Berliner | |
Refugee Camps. Die Flüchtlinge mussten schließlich umkehren, weil sie sonst | |
ihren Aufenthaltsstatus gefährdet hätten. „Die Taktik der Polizei zielt auf | |
pure Einschüchterung. Es ist zudem ein Skandal, dass das Menschenrecht auf | |
freie Meinungsäußerung so mit Füßen getreten wird“, so Ani Dießelmann von | |
Blockupy. | |
Trotz dieses Ärgers herrscht in diesem Jahr eine entspanntere Atmosphäre | |
als 2012, als die Stadt Frankfurt fast alle Veranstaltungen verboten hatte. | |
Das massive Polizeiaufgebot verwandelte die Innenstadt der Bankenmetropole | |
damals zudem in eine Geisterstadt – aus Angst vor Ausschreitungen, die | |
allerdings ausblieben. Dieses Jahr bleibt es bis zum späten Vormittag bis | |
auf ein paar Rangeleien und vereinzelten Pfefferspray-Einsätzen friedlich. | |
Ein Polizeisprecher sagte, es sei „weitgehend ruhig gewesen“. (Mitarbeit: | |
Jörn Alexander) | |
31 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Timo Reuter | |
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