# taz.de -- Blockupy in Frankfurt: „Den kapitalistischen Betrieb gestört“ | |
> 2.000 Demonstranten haben die Europäische Zentralbank (EZB) umzingelt. | |
> Auch anderswo in der Bankenstadt wurde eifrig protestiert. | |
Bild: Blockupy-AktivistInnen rütteln an der Polizeiabsperrung vor der Europäi… | |
FRANKFURT/MAIN taz | Nach den Blockaden ist vor den Blockaden – das gilt | |
zumindest am Freitag in Frankfurt am Main. Am frühen Morgen umzingelten | |
rund 2.000 Demonstranten des linken Blockupy-Bündnisses die Europäische | |
Zentralbank (EZB), am Nachmittag protestierten sie nach einer kurzen | |
Stärkung in der Vokü an weiteren Orten in der Bankenstadt. | |
Zunächst stand die Deutsche Bank auf dem Blockade-Plan. Vor den Türmen von | |
Deutschlands größtem Kreditinstitut protestierten rund mehrere Hundert | |
Aktivisten gegen „neokolonialen Landraub und Spekulationen auf | |
Nahrungsmittel“. Die Polizei riegelte die Gebäude der Bank ab, es blieb | |
friedlich. | |
Danach standen vor allem zwei Ziele auf dem Programm: Der größte deutsche | |
Flughafen in Frankfurt - und eine der umsatzstärksten Einkaufsmeilen | |
Deutschlands, die "Zeil". Rund 800 Aktivisten zogen ab 12 Uhr zum | |
Frankfurter Airport, um dort gegen „rassistische Grenz- und | |
Abschieberegimes der EU“ zu protestieren. Denn der größte deutsche | |
Flughafen ist zugleich das Abschiebedrehkreuz der Republik: 2012 wurden | |
mehr als ein Drittel aller 7651 Abschiebungen aus Deutschland von Frankfurt | |
aus vorgenommen. | |
Allerdings durften laut einer Gerichtsentscheidung aus Sicherheitsgründen | |
nur 200 Demonstranten in den Flughafen-Terminal.Nach Angaben von Blockupy | |
waren 800 angereist, die Polizei sprach von 600 bis 700. Es kam zu | |
Rangeleien, die Beamten setzten nach Angaben von Demonstranten Pfefferspray | |
ein, erst nach Verhandlungen mit der Polizei durften exakt 200 Aktivisten | |
in den Terminal – die Polizei zählte sie durch. Der Rest protestierte vor | |
der Türen des Flughafens. | |
## Katz und Maus mit der Polizei | |
Anders das Bild auf der Zeil, wo sich etwa 1.000 Aktivisten versammelten, | |
um „die brutalen Arbeitsverhältnisse der globalen Textilproduktion“ zu | |
thematisieren und „die Akteure der kapitalistischen Ausbeutung laut und | |
sichtbar markieren“. Dieses Ziel wurde erreicht: Kleingruppen blockierten | |
über zwei Stunden hinweg die Eingänge verschiedener Geschäfte und spielten | |
dabei Katz und Maus mit der Polizei, die wegen der unübersichtlichen Lage | |
sowie der vielen Passanten sichtlich überfordert war – und bei etlichen | |
Blockaden zu spät kam. | |
So blockierten etwa 20 Aktivisten den Eingang zur New Yorker-Filiale und | |
skandierten: „Menschen sterben – für diese T-Shirts.“ Schließlich räum… | |
die Polizei die Blockade – um selbst etwa zehn Minuten den Eingang | |
abzuriegeln. Ein junges Mädchen ärgerte sich darüber: „Ich wollte dort | |
einkaufen, blöde Polizei.“ | |
Andere Geschäfte wie der viel kritisierte Billiganbieter Primark | |
entschieden, vorsorglich ihre Läden dichtzumachen. „Ein vorauseilender | |
Gehorsam, der uns in die Hände spielt“, kommentierte ein Aktivist | |
süffisant. Während also vor der Primark-Filiale etwa 500 Demonstranten | |
Parolen skandierten, wurden die im Geschäft verbliebenen Kunden aus dem | |
Hintereingang ins Freie geleitet – nachdem sie ihren Einkauf beendet | |
hatten. | |
Rund 30 Aktivisten versammelten sich dort, etliche wiesen die Kunden des | |
Billiganbieters auf die „skandalösen Arbeitsbedingungen in Bangladesch“ | |
hin, andere beklatschten sie hämisch. Eine mit zwei Primark-Einkaufstüten | |
beladene junge Frau meinte daraufhin: „Ich will lieber nicht wissen, was in | |
Bangladesch passiert, sonst kriege ich ein schlechtes Gewissen.“ | |
## "Es wird Zeit" | |
Andere Passanten begrüßten hingegen die Aktionen von Blockupy: „Es wird | |
Zeit, dass endlich etwas passiert“, so eine ältere Dame, die von Weitem das | |
Gerangel zwischen Demonstranten und Polizisten vor einem Modegeschäft | |
beobachtet. Schließlich zogen die Beamten mindestens zwei Protestierer in | |
das Geschäft und nahmen diese in Gewahrsam. | |
Ein Polizeisprecher bestätigte am späten Nachmittag „vereinzelte | |
Ingewahrsamnahmen“, nannte aber keine genaue Zahl. Außerdem seien | |
Farbbeutel auf Geschäfte geworfen worden. | |
Das Blockupy-Bündnis bewertet die zweite Hälfte des Aktionstages, an dem es | |
weitere Spontandemos, Flashmobs und Diskussionsveranstaltungen gab, als | |
vollen Erfolg: „Wir haben den kapitalistischen Normalbetrieb massiv | |
gestört“, so der Bündnis-Sprecher Hanno Bruchmann. | |
Und das ist noch nicht das Ende: Für Samstag planen die | |
Kapitalismuskritiker eine „aktivistische Demonstration, bei der wir | |
ebenfalls Krisenakteure markieren wollen“, so Bruchmann. Das Bündnis rechne | |
mit „über 10.000 Teilnehmern“. | |
Mitarbeit: Leonie Sontheimer | |
31 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Timo Reuter | |
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