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# taz.de -- Ägyptens Oberhaus für illegal erklärt: Schlappe für die Islamis…
> Das Verfassungsgericht hat das Oberhaus für illegal erklärt. Auch Wahl
> der verfassunggebenden Versammlung sei nicht korrekt. Ägypten steht am
> Nullpunkt.
Bild: Sicherheitskräfte schirmen das Verfassungsgericht in Kairo ab.
KAIRO taz | Ägyptens Verfassungsgericht hat am Sonntag die Wahlprozedur zum
Oberhaus für illegal erklärt und fordert jetzt die Auflösung der zweiten
ägyptischen Kammer. Damit würde Ägypten seine letzte gesetzgeberische
Versammlung verlieren, nachdem 2012 bereits das Unterhaus aufgelöst worden
war.
Das Gericht sprach allerdings die Empfehlung aus, das von Islamisten
dominierte Oberhaus so lange im Amt zu belassen, bis das Land wieder ein
Parlament gewählt hat. Dafür gibt es bisher noch keinen festgelegten
Termin. Die Wahl wird aber frühestens im Herbst erwartet.
An der gegenwärtigen politischen Machtkonstellation ändert sich zunächst
nichts. Bleibt das Oberhaus zunächst im Amt, wird weiterhin die dortige
islamistische Mehrheit die Gesetze machen. Hätte das Gericht die sofortige
Auflösung gefordert, wäre die gesamte gesetzgeberische Gewalt wieder an den
von den Muslimbrüdern unterstützten Präsidenten Mohammed Mursi
übergegangen.
Unklar ist die Konsequenz einer zweiten Entscheidung des Gerichts, wonach
auch die Wahl der verfassunggebenden Versammlung für illegal erklärt wurde.
Die Verfassung war 2012 in einem sehr kontroversen Prozess von der
verfassunggebenden Versammlung im Eilverfahren durchgedrückt worden.
## Volksabstimmung für Verfassung
Dort hatten fast ausschließlich die konservativ-islamischen Muslimbrüder
und ultrakonservativen Salafisten den Ton angegeben, nachdem sich die
Liberalen aus Protest weitgehend aus der Versammlung zurückgezogen hatten.
Jedoch wurde der Verfassungsentwurf dann im vergangenen Dezember in einer
Volksabstimmung abgesegnet.
Für die Verfassung selbst hat das jetzige Urteil des Verfassungsgerichts
wahrscheinlich keine Bedeutung mehr. Das Gericht hat in einem technischen
Detail die Ernennung der Mitglieder der damaligen verfassunggebenden
Versammlung für illegal erklärt und verweist den Fall nun zurück ans
oberste Verwaltungsgericht.
Dieses wird das Verfahren wahrscheinlich einstellen, weil die
verfassunggebende Versammlung nicht mehr existiert. Die Verfassung selbst
wurde in einer Volksabstimmung angenommen und ist damit dem Zugriff eines
Gerichts entzogen.
## Neuwahl des Parlaments
Mit einem aufgelösten Parlament, einem Oberhaus, das nur noch bis zur
Parlamentswahl arbeiten darf, und lauter werdenden Forderungen nach einer
frühen Präsidentschaftswahl steht Ägypten praktisch wieder am Nullpunkt.
Damit kommt baldigen Parlamentswahlen eine besondere Bedeutung zu.
Absehbar ist auch eine Verschärfung des Konflikts zwischen dem Präsidenten
und der Justiz. Der Ärger über die politische Führung der
Muslimbruderschaft ist im ganzen Land groß. Die Zustimmungsraten für
Präsident Mursi sind im Keller.
Aber die große Frage ist, ob sich die liberale Opposition bis zu den Wahlen
zusammenraufen kann, um die Mehrheitsverhältnisse im nächsten Parlament
tatsächlich entscheidend verändern zu können. Geschieht das nicht, wird das
Land auf absehbare Zeit durch den Konflikt zwischen Islamisten und
Liberalen sowie dem Präsidenten und der Justiz paralysiert bleiben.
2 Jun 2013
## AUTOREN
Karim Gawhary
## TAGS
Ägypten
Verfassung
Muslimbruderschaft
Salafisten
Volksabstimmung
Mohammed Mursi
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