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# taz.de -- Kommentar zur Netzneutralität: Die Telekom als Wegelagerer
> Kurz vor Ende ihrer Amtszeit will sich die EU-Kommissarin um
> Netzneutralität kümmern. Mit erheblichen Einschränkungen zwar, aber
> immerhin.
Bild: Mit grünen Haaren gegen das magentafarbene Geschäftsmodell: Protest geg…
Stellen wir uns das Internet wie eine Art abnutzungsfreies achtspuriges
Autobahnnetz vor. Darauf fahren vom kleinsten Motorrad bis zum gigantischen
Lastzug mit Anhängern Fahrzeuge jeder nur vorstellbaren Größe herum und
transportieren Menschen und Güter verschiedenster Herkunft unterschiedlich
weit an jeden beliebigen Zielort.
Wer die Auffahrt zur Autobahn genommen hat, bewegt sich darauf
weitestgehend gleichberechtigt fort. Ob freie Fahrt, ob Stau - völlig
unabhängig von der Größe des Fahrzeugs und seiner Beladung steht die
Fahrbahn allen zur Verfügung. So ähnlich funktioniert die Netzneutralität.
Datenpakete werden durch die weltumspannenden Leitungen gesandt und
unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Ziel und ihres Inhalts, ohne
Unterschied und ohne Rangfolge transportiert. Soweit die Theorie. Eine
Theorie, die inzwischen auch von der EU-Kommissarin für die Digitale
Agenda, Neelie Kroes, Zuspruch erhält. Mit Einschränkungen zwar, aber
immerhin.
Das ist gut. Die ohnehin nur in Grenzen gewährte Netzneutralität (man denke
an im Datenvolumen oder bei der Nutzung bestimmter Dienste wie etwa Skype
beschränkte Verträge bei Mobilfunkanbietern) ist ein Garant für den freien
Zugang zu Informationen und die Innovationskraft des Netzes.
## Künstliche Verknappung der Kapazitäten
Technisch sind alle Voraussetzungen erfüllt, um einen fairen und
gleichberechtigten Durchlauf, auch erheblicher Datenmengen, zu
gewährleisten. Jede Einschränkung dieses Umsatzes erfolgt nur durch eine
künstliche Verknappung der Kapazitäten.
Die Deutsche Telekom will genau diese künstliche Verknappung herbeiführen,
sobald ein bestimmtes Volumen überschritten wird. Das ist ein wenig so, als
würde die achtspurige Autobahn ohne Not einfach von einer Zugbrücke
unterbrochen, deren Zugang von Rittern in magentafarbenen Rüstungen
geschützt wäre. Wer selber Magenta trägt, darf dort zuerst passieren, dann
sind die dran, die am meisten zahlen.
Werden bestimmte Arten von Daten oder ausgesuchte Volumen des Datenumsatzes
begrenzt, andere hingegen bevorzugt, wie in den Tarifplänen der Deutschen
Telekom, spielt das vor allem großen Monopolen in die Hände. Diese werden
die einzigen sein, die das nötige Kleingeld aufbringen können, um die
zügige Passage zu gewährleisten.
Insofern ist der Konflikt um die Netzneutralität keiner zwischen der
Telekom und Google, welches z.B. mit Youtube einen Dienst anbietet, der
einen sehr hohen Datenumsatz hat. Natürlich will sich der Internet-Konzern
das Geld für den schnellen Transport lieber sparen, kann sich diesen im
Zweifelsfall aber leisten. Das sieht für kleine, innovative Unternehmen,
Kunstprojekte, politische Blogs und dergleichen aber ganz anders aus.
## Gesetzgeber muss Riegel vorschieben
Deren Daten werden im Zweifelsfall an der Zugbrücke warten müssen -
potentielle Kunden, Engagierte und Interessierte also schwerer erreichen.
Deren einzige Chance, ihren Zugang zu Informationen offen zu halten,
besteht dann nur darin, höhere Datenvolumen zu buchen und zu bezahlen -
gleich auf der anderen Seite der Zugbrücke, wo die Magenta-Ritter dann für
die Passage sowohl vom Absender, als auch vom Empfänger kassieren können.
Das ist, wie jede Wegelagerei, ein gerissenes Geschäftsmodell, aber eines,
dem der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben muss. Die Alternative wäre
eine Autobahn, die von einem Monopolisten betrieben wird, der alleine die
Preise zur Benutzung bestimmt. Befahren wird sie nur noch von anderen
Monopolisten, die wiederum entscheiden, welche Güter sich lohnen darüber zu
transportieren. Von Freiheit, Teilhabe und Innovation bliebe unterm Strich
nicht viel übrig.
Es geht also darum, ob die Autobahn im Interesse der Allgemeinheit
verbreitert oder im Interesse monopolistischer Profitmaximierung künstlich
verengt wird. Das EU-Parlament war sich zumindest in Teilen der
gesetzgeberischen Verantwortung in dieser wichtigen Frage schon länger
bewusst. Wie schön, dass sich ein Jahr vor dem Ende ihrer Amtszeit auch die
zuständige Kommissarin für das Thema erwärmen kann.
5 Jun 2013
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
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