# taz.de -- Netzneutralität im Petitionsauschuss: Schwammig und unkonkret | |
> Das Zwei-Klassennetz droht Wirklichkeit zu werden, auch wenn | |
> Netzaktivisten es bis in den Bundestag schaffen. Die Pläne der Regierung | |
> bestätigen alle Befürchtungen. | |
Bild: Haben es mit ihrem Anliegen bis in den Petitionsausschuss geschafft: Netz… | |
BERLIN taz | „Am Ende ist man auf die entscheidenden Fragen nicht | |
eingegangen“, fasst der 20-jährige Johannes Scheller seinen Auftritt vor | |
dem Petitionsausschuss des Bundestages zusammen. Scheller sprach im | |
Paul-Löbe-Haus zum Thema Netzneutralität. Die sieht er durch die | |
Telekom-Pläne zur Drosselung von Internet-Anschlüssen bei der | |
Überschreitung eines bestimmten Datenvolumens und der damit einhergehenden | |
Bevorzugung anderer Datenpakete gefährdet. Seinen Auftritt hat [1][eine | |
erfolgreiche e-Petition] möglich gemacht. 77.000 besorgte Bürger zeichneten | |
diese. | |
Johannes Scheller machte in seinem Vortrag klar, dass das Vorhaben der | |
Telekom eine Verletzung der Informationsfreiheit zur Folge hätte. Aus dem | |
Internet würde ein Zwei-Klassennetz werden – auch für Unternehmen und vor | |
allem für Start-Ups: Die einen können ein Upgrade bezahlen, die anderen | |
gucken in die Röhre. Auch richtete Scheller seinen Blick auf europäische | |
Nachbarn. So ist in den Niederlanden als auch in Slowenien die | |
Netzneutralität gesetzlich geregelt. | |
Nach Schellers zehnminütigem Vortrag wurde es dann deutlich vager. | |
Ausschussmitglied Reinhard Brandl (CDU) fragte den Petenten, warum er sich | |
mit dem Paragraphen 41a des Telekommunikationsgesetzes nicht zufrieden | |
geben würde. Dass die dortigen Formulierungen zu schwammig und unkonkret | |
seien, hatte Scheller zuvor bereits angemerkt. | |
Schwammig bedeutet in diesem Fall, dass die Bundesregierung eine | |
Rechtsverordnung erlassen kann, um „eine willkürliche Verschlechterung von | |
Diensten und eine ungerechtfertigte Behinderung oder Verlangsamung des | |
Datenverkehrs in den Netzen zu verhindern“. Immer wieder wurde von | |
Oppositionsabgeordneten gefordert, dass die Begriffe „willkürlich“ oder | |
„ungerechtfertigt“ konkretisiert werden müssen. | |
Bernhard Heitzer, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium ignorierte | |
die mehrmalige Forderung. Er lobte lieber die Vorzüge einer Verordnung | |
gegenüber einem entsprechenden Gesetz. Sie sei schneller und effektiver, so | |
Heitzer. Wann die Verordnung kommt, ist jedoch ungewiss. Auch sie müsste | |
noch Bundestag und -rat passieren. | |
## „Best-Effort“-Prinzip | |
Das Lob Heitzers ist konsequent, hat sein Ministerium doch gerade die Idee | |
zu einer Verordnung präsentiert. Ein erster [2][Vorschlag ist im Netz] | |
nachzulesen. „Diese Verordnung beruht auf drei Prinzipien: dem | |
„best-effort“-Prinzip, diskriminierungsfreier Netzzugang für alle Endnutzer | |
sowie diskriminierungsfreier Zugang zum Internet für alle Diensteanbieter“, | |
sagte Barbara Vogel-Middeldorf, die ebenfalls im Wirtschafsministerium | |
angestellt ist. | |
Das „best-effort“-Prinzip bedeutet hier, dass der | |
Telekommunikationsanbieter seinen Kunden schnellstmöglichen Transport | |
zusagt. Was die „best-effort“-Idee aber nicht ausschließt, ist das | |
Betreiben vieler paralleler Netze. Zahlt man für ein teures Netz, ist der | |
schnellstmöglich Transport schnell. Zahlt man wenig, ist der | |
schnellstmögliche Transport eben langsam. Im Verordnungsvorschlag steht | |
dementsprechend, dass die „Differenzierung von Entgelten nach | |
Qualitätsdienstklasse“ durchaus möglich ist. | |
Die Befürchtungen Schellers werden durch die Verordnung nicht ausgeräumt, | |
sondern verstärkt. Die Bundesregierung sei sich der Reichweite ihres | |
Handelns nur teilweise bewusst, sagt Scheller und ergänzt, dass die | |
wichtigen Punkte ungeklärt geblieben seien. „Es ist genauso gekommen, wie | |
wir es erwartet haben“, sagt Markus Beckedahl, von [3][netzpolitik.org]. Er | |
meint den von Netzaktivisten gehegten Verdacht, dass das | |
Wirtschaftsministerium über die Verordnung die Pläne der Telekom | |
legitimiert. Die Vertreter des Wirtschaftsministeriums haben sich im | |
Petitionsausschuss keine große Mühe gegeben, diese Befürchtungen | |
auszuräumen. | |
24 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2013/_04/_23/Petition_41906.html | |
[2] http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/I/informationspapier-entwurf-netzneut… | |
[3] http://netzpolitik.org/ | |
## AUTOREN | |
Christian Fleige | |
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