# taz.de -- Schäden durch Hochwasser: Versicherer ohne Regenschirm | |
> In flutgefährdeten Gebieten sind Versicherungsverträge gegen Hochwasser | |
> schwer zu bekommen oder zu teuer. Die Betroffenen müssen sehen, wo sie | |
> bleiben. | |
Bild: Hochwasser: Zu viel Risiko für die Assekuranz. | |
HAMBURG taz | Jeden Tag gibt es neue Bilder aus den Hochwasssergebieten: | |
Unermüdliche Fluthelfer, Wassermassen, unerreichbare Häuser, gesperrte | |
Bahnstrecken und Straßen, vernichtete Existenzen. Und gigantische Zahlen: | |
Rund 12 Milliarden Euro volkswirtschaftlichen Schaden wird das aktuelle | |
Hochwasser in Deutschland, schätzt die Rating-Agentur Fitch, 400 Millionen | |
Euro mehr, als nach ihren Berechnungen die Elbeflut von 2002 kostete. | |
Davon werden die Versicherungen wieder nur einen Teil tragen. Fitch rechnet | |
mit 2,5 bis drei Milliarden, der Rückversicherungsmakler Aon Benfield mit | |
vier Milliarden Euro. 2002 hatte die Branche 1,8 Milliarden Euro | |
ausgezahlt. | |
Das Problem: Die normalen Haftpflicht- und Gebäudeversicherungen sehen | |
keinen Schutz gegen Elementarschäden wie Erdbeben und Hochwasser vor. Wer | |
sich gegen Naturgefahren finanziell schützen will, kann unter Umständen | |
eine Zusatzversicherung abschließen. | |
Der Versicherungsverband GDV gibt daher den Verbrauchern die Schuld an der | |
Unterversicherung: „99 Prozent aller Gebäude in Deutschland sind gegen | |
Hochwasser versicherbar“, sagt ein GDV-Sprecher, problemlos vom | |
Schreibtisch aus. Davon würden die Verbraucher aber nur ungenügend Gebrauch | |
machen. Obwohl nach 2002 mehr Zusatzverträge abgeschlossen worden seien, | |
sei immer noch erst ein Drittel der Deutschen gegen Naturgefahren | |
versichert. Andere Quellen gehen noch von deutlich weniger aus. | |
## DDR-Policen bieten teilweise Schutz | |
Unabhängig von solchen statistischen Ungewissheiten leben von den | |
ausreichend Versicherten nur wenige in den besonders flutgefährdeten | |
Gebieten. Häuser, aber auch Firmengelände und öffentliche Gebäude wie der | |
Dresdner Zwinger, die dicht an Elbe, Oder und Rhein liegen, lassen sich nur | |
zu einem sehr teuren Tarif oder gar nicht gegen Überschwemmungen absichern. | |
Die gleichen Probleme haben historisch gewachsene Altstädte wie in Köln | |
oder Bad Schandau, aber auch Neubaureviere, die vor allem in den sechziger | |
und siebziger Jahren flussnah und im Vertrauen auf moderne | |
Flussregulierungen angelegt wurden. Und auch Anrainer von kleineren Flüssen | |
und Bächen, die ebenfalls bei Hochwasser gefährlich über die Ufer treten | |
können. Die finanziellen Risiken erscheinen der Assekuranz oft | |
unkalkulierbar hoch. Der Versicherungsverband GDV gesteht daher zu, dass | |
„einzelne Gebäude nicht wirtschaftlich sinnvoll versichert werden können“. | |
Glück im Unglück haben Flutopfer in Ost und Südwest, die noch ältere | |
Verträge besitzen. So war in Policen aus DDR- und Wendezeiten der Schutz | |
gegen Elementarschäden üblich, und in Baden-Württemberg galt bis Mitte der | |
neunziger Jahre für Häuslebauer und Grundstückseigentümer eine | |
Versicherungspflicht. | |
## Sonderkündigungsrecht nach Schadensfällen | |
Bei der Flut 2002 war die Versicherungswirtschaft mit einem blauen Auge | |
davongekommen: Bund und Länder sprangen mit 7,1 Milliarden Euro helfend | |
ein. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich sorgt sich, dass es noch | |
schlimmer kommen könnte. Versicherer wollten den roten Bereich weiter | |
ausdehnen: „Sprechen sie keine Schadensfallkündigungen aus“, mahnte er | |
zuletzt im Bundesrat. | |
Wie Banken bei Krediten haben Versicherer nach dem 2007 verabschiedeten | |
Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ein Sonderkündigungsrecht nach | |
Schadensfällen. Da von der zweiten Jahrhundertflut in nur wenigen Jahren | |
auch Gebiete in bislang risikoarmen Gefährdungszonen betroffen sind, könnte | |
die Assekuranz in weiteren Gebieten Deutschlands ihre Regenschirme | |
einklappen. | |
Erst einmal wollen die Versicherer aber bei der Bewältigung der | |
Hochwasserfolgen „Kante zeigen und ihr Image aufpolieren“, lautet die | |
interne Botschaft des Bundesverbandes der Assekuranz-Führungskräfte. | |
Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) versprach die Branche eine schnelle | |
Bearbeitung der Schadensfälle. Soweit versichert. | |
14 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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