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# taz.de -- Kommentar Intervention in Syrien: Zaudern verlängert den Krieg
> Der Westen muss die Rebellen kriegsentscheidend aufrüsten. Denn ein
> Regimewechsel ist die einzige Antwort auf den Einsatz von Chemiewaffen.
Bild: Die US-Regierung will die Kämpfer der Freien Syrischen Armee militärisc…
Es ist besser, aus den falschen Gründen das Richtige zu tun als aus den
richtigen Gründen das Falsche. Bisher bestand die Syrienpolitik der USA und
anderer westlicher Großmächte darin, sich aus dem Bürgerkrieg
herauszuhalten, in der legitimen Hoffnung, dadurch einen regionalen
Flächenbrand zu vermeiden und einen von innen organisierten Machtübergang
in Damaskus zu erleichtern.
Diese Strategie ist offenkundig gescheitert: der regionale Flächenbrand ist
längst da und hat dank des straflosen Eingreifens der libanesischen
Hisbollah eine Dimension erreicht, die dem Assad-Regime jetzt die Oberhand
zu geben scheint. So bereiten Großbritannien, Frankreich und nun auch die
USA sich auf militärische Unterstützung der Rebellen vor – und als klarste
Begründung dienen die Berichte über Einsätze chemischer Kampfstoffe durch
Assads Truppen.
Die Versuchung liegt nahe, in einer solchen Diskussion eine Wiederholung
der Debatte um Iraks Massenvernichtungswaffen vor dem Irakkrieg 2003 zu
sehen, die Berichte aus Syrien als Propaganda abzutun und jegliches
Eingreifen auf dieser Grundlage zu verurteilen.
Die Fälle Irak und Syrien sind allerdings nur bedingt vergleichbar. Saddam
Husseins Regime hatte bereits einmal Chemiewaffen eingesetzt, 1988 gegen
die irakisch-kurdische Stadt Halabja, und es legte internationalen
Inspektoren in den 1990er Jahren wiederholt Steine in den Weg.
## Niemand zweifelt am Einsatz von Chemiewaffen
Niemand bezweifelt, dass Syriens Regierung über Chemiewaffen verfügt. Dass
chemische Kampfstoffe durch Regierungsstreitkräfte in Syrien eingesetzt
worden sind, ist seit den Augenzeugenberichten der französischen Zeitung Le
Monde nicht mehr zu bestreiten; selbst der Fotograf der Zeitung musste sich
in Behandlung dafür begeben.
Es handelt sich zwar nach bisherigen Erkenntnissen nicht um großflächige
Einsätze gegen Zivilbevölkerungen wie im Irak 1988, sondern um punktuelle
Einsätze gegen Kombattanten; aber chemische und biologische Waffen sind
durch das Genfer Protokoll von 1925 international geächtet, ihr Einsatz in
jeglicher Form ist völkerrechtswidrig und es gibt daher eine mögliche
rechtliche Grundlage dafür, ihren Einsatz zu unterbinden, auch wenn Syrien
kein Unterzeichnerstaat der UN-Chemiewaffenkonvention ist.
So weit, so klar. Wenn das allerdings alles so ist wie geschildert, kann
die logische Reaktion darauf nicht sein, einfach der Gegenseite ein paar
Waffen zu liefern und zu sehen, was passiert. Das Risiko, dass das
Assad-Regime in Reaktion seine Chemiewaffeneinsätze ausweitet und
systematisiert, ist hoch.
Die einzige richtige Reaktion ist ein Eingreifen von der Art, das Regime
möglichst schnell kampfunfähig zu machen. Dazu aber sind die USA,
Frankreich und Großbritannien anscheinend nicht bereit.
## Rebellen müssen kampffähig bleiben
Es gibt Argumente für ein Aufrüsten der syrischen Rebellen. Das aktuelle:
sie stehen mit dem Rücken zur Wand, und nur wenn sie kampffähig bleiben,
kann das Assad-Regime überhaupt je an den Verhandlungstisch gezwungen
werden.
Das ist allerdings ein schwächeres Argument als das vorherige, wonach es
darum geht, endlich auch Syriens demokratische Opposition zu unterstützen,
wenn das Regime und die radikalen Islamisten längst auf äußere Freunde und
Lieferanten zählen können.
In der Konsequenz läuft die Argumentationslage darauf hinaus, den Krieg
möglichst festfahren zu lassen, um dann einen Friedensprozess zu starten –
die berühmte „Internationale Syrienkonferenz“, deren Zustandekommen jetzt
alle diplomatischen Bemühungen untergeordnet werden, deren mögliche
Ergebnisse aber völlig unklar bleiben. Erfahrungsgemäß kostet eine solche
Strategie des endlosen Palavers viel mehr Menschenleben als jede andere.
## Aufrüstüng zielt auf Regimewechsel
Wenn die Aufrüstung der Rebellen etwas bringen soll, muss sie
kriegsentscheidend sein. 2003 im Irak wurde den Kriegstreibern Bush und
Blair von der Linken vorgeworfen: Ihr sprecht von Massenvernichtungswaffen,
aber eigentlich geht es euch um Regimewechsel. Richtig: nur per
Regimewechsel wäre die Gefahr von Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen
zu bannen gewesen, so sie denn existiert hätten.
2013 in Syrien muss den Zauderern Obama, Cameron und Hollande klar sein:
Nur ein Regimewechsel in Damaskus ist eine angemessene Antwort auf die
Frage, die der Einsatz chemischer Kampfstoffe stellt. Alles andere
verlängert den Krieg und das Leid.
18 Jun 2013
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Schwerpunkt Syrien
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