# taz.de -- Kommentar Barack Obama: Auf Partnersuche in Berlin | |
> Der US-Präsident sprach vieles an. Zumeist lieferte er jedoch nur Phrasen | |
> und leere Hülsen. Einzig das Signal zum Abbau der US-Atomwaffen verdient | |
> Respekt. | |
Bild: Hemdsärmelig vor dem Brandenburger Tor: US-Präsident Barack Obama. | |
Alle haben auf diesen einen großen Satz gewartet, mit dem sich der erste | |
schwarze US-Präsident am Brandenburger Tor in die Geschichtsbücher der Welt | |
reden würde. Aber wie viele andere Erwartungen wurde auch diese enttäuscht. | |
Obama hielt eine Rede, die weitgehend im Ungefähren blieb, die waberte und | |
kein Thema ausließ, mit dem man in der freien Welt punkten kann. In | |
mondäner Lässigkeit handelte sie von Schwulen und Lesben genauso wie vom | |
Recht auf Bildung, einem Jackett und einem gefüllten Magen. | |
Und doch gab es dann den einen signifikanten Satz, der den Kern der Rede | |
ausmachte: „Wir müssen unsere Anstrengungen, Guantánamo zu schließen, | |
verdoppeln“, sagte der Präsident an diesem heißen Berliner Mittwoch, einen | |
Tag nachdem die Liste der 46 Männer veröffentlicht wurde, die ohne | |
rechtskräftiges Urteil den Rest ihres Lebens im Folterknast auf Kuba | |
verbringen sollen. | |
Wie so oft ist es die Wahl der Verben, die Auskunft darüber gibt, welche | |
wirkliche Entschlusskraft hinter den Worten eines Politikers steht. Obama | |
sprach viel von wollen und nannte wieder keinen konkreten Zeitpunkt. | |
## Die Balance, die gefunden werden müsse | |
Stattdessen sprach er immer wieder von der Balance, die gefunden werden | |
müsse zwischen dem [1][Recht auf Privatheit und den Schnüffelinteressen] | |
eines Staates. Oder von dem Einsatz von Drohnen und anderen Notwendigkeiten | |
militärischer Interventionen. | |
Eine Rede aus Phrasen und Hülsen. Eine Enttäuschung für jene, die gehofft | |
hatten auf … Ja, worauf eigentlich? Offensichtlich gibt es ihn nicht mehr, | |
diesen Satz für die Geschichtsbücher, der den amerikanischen Anspruch in | |
sich trägt, die westliche Welt zu führen. | |
Es gab aber etwas anderes. Es gab ein Angebot des amerikanischen | |
Präsidenten. Obama nutzte das Brandenburger Tor, er nutzte Berlin, er | |
nutzte auch Angela Merkel und ihre ostdeutsche Herkunft, um ein klares | |
Signal an Russland zu senden. | |
Mit seinem Angebot, das US-Atomwaffenarsenal um ein Drittel zu verringern, | |
stieß er in den vielleicht einzigen Bereich vor, in dem er derzeit | |
außenpolitisch etwas Positives anstoßen kann: eine weltweite atomare | |
Abrüstung. Hier mit einem klaren Bekenntnis voranzugehen verdient allen | |
Respekt. | |
Dass dieser Appell an Russland von Deutschland aus in alle Welt gesendet | |
wurde, zeigt dabei, welch zentrale Rolle Berlin aus amerikanischer Sicht in | |
den Verhandlungen mit Russland spielt. | |
Vielleicht ist dieser eine Satz Obamas entsprechend mit unsichtbarer Tinte | |
in die Geschichtsbücher der Welt geschrieben. Obama hat damit indirekt | |
mitgeteilt, dass er nicht mehr der Präsident ist, der anderen sagen will, | |
was sie zu tun haben. Dass er ein Präsident ist, der Partner braucht für | |
seine Vorhaben. Und darum, ganz hemdsärmelig, bei seinen deutschen Freunden | |
wirbt. | |
19 Jun 2013 | |
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## AUTOREN | |
Ines Pohl | |
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