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# taz.de -- Jugendkriminalität in Mexiko: Fußballspielen für die Zukunft
> Viele der Jugendlichen im mexikanischen Fußballprojekt „A ganar“ waren
> schon als Teenager im Gefängnis. Auf dem Sportplatz finden sie ihr
> Selbstwertgefühl wieder.
Bild: Gegen die Schatten der Vergangenheit: Aufwärmen bei „A ganar“.
CIUDAD JUÁREZ | Vor drei Jahren war eine Zukunft für 1.187 Jugendliche der
damals gefährlichsten Stadt der Welt unvorstellbar. Sie lebten in Ciudad
Juárez, waren in Morde und Entführungen ihrer Verwandten verwickelt – doch
auf dem Fußballplatz haben sie heute ein Mittel zum Sieg gefunden. Bevor
sie für das Programm „A ganar“ ausgewählt wurden, waren viele von ihnen
Opfer des organisierten Verbrechens in der direkt an die USA angrenzenden
Stadt.
Marco Antonio war in einer Jugendstrafanstalt, und während der Monate der
Inhaftierung war es das Schwierigste, sich Essen zu beschaffen; Liliana
erlitt eine Depression, die sie bis zum Psychiater führte, nachdem ihr
Stiefvater ermordet wurde und ihre Mutter entführt worden war; Blinzia war
lebensmüde, ihr Vater war an den Machetenwunden gestorben, die ihm bei
einem versuchten Überfall zugefügt worden waren; und Jacob raubte Häuser
aus, bis er verschleppt und von seinen Entführern fast umgebracht wurde.
Ciudad Juárez im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua hatte sich zum größten
Friedhof für ermordete Jugendliche entwickelt.
„A ganar“ wurde vor elf Jahren ins Leben gerufen, dank einer einfachen
Frage, die Pelé, König des Fußballs, auf einer Konferenz der
Interamerikanischen Entwicklungsbank in Washington stellte. Der Brasilianer
fragte den damaligen Präsidenten, Enrique Iglesias, ob es in der
Institution irgendein Projekt mit Fußball gebe – als der verneinte, wurden
der Multilaterale Investment Fonds und die Organisation „Partners of the
Americas“ beauftragt, ein Programm zu entwickeln, das Sport für die
Entwicklung der Jugendlichen einsetzen sollte.
Das Projekt startete 2006 in Brasilien, Uruguay und Ecuador. Die
Jugendlichen sollten durch den Fußball Werte wie Disziplin und Teamarbeit
lernen und so ihre Perspektive auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Später
wurde das Programm auf 16 Länder in Lateinamerika und der Karibik
ausgedehnt, bis es 2010 nach Mexiko kam.
## „Hey, ihr seid etwas wert“
„A ganar Juárez“ dauert bis zu einem Jahr, vier Monate machen die
Jugendlichen Praxisübungen auf dem Fußballplatz, um Respekt, Kommunikation
und Teamarbeit zu fördern; am Ende steht die praktische Ausbildung mit
einem Stipendium, bei dem sie eine der 18 Fachrichtungen lernen, die von
Krankenpflege über Gastronomie und Elektromechanik bis zu
Buchhaltungshilfe, Verwaltungstechnik und Informatik reichen.
Bevor Jacob Hernández zu „A ganar“ kam, hatte ihm noch nie jemand gesagt,
dass eine seiner Ideen gut sei. Jazmín Larios hatte mit ihren zwanzig
Jahren nicht begriffen, wie wertvoll sie war. „Sie haben uns beigebracht,
uns besser kennenzulernen, wie um zu betonen ’Hey, ihr seid was wert‘“,
sagt sie.
86 Prozent der jungen Teilnehmer haben einen Job gefunden, führen ihre
Studien fort oder haben ein eigenes Geschäft – und hier eine neue Familie
gefunden. Zu Beginn, als die Jugendlichen das Programm kennenlernten,
schien es ihnen unglaublich, dass Fremde ihnen anboten, ihre Studien zu
zahlen, für die nicht einmal ihre eigenen Eltern aufkommen konnten – ohne
im Gegenzug dafür etwas von ihnen zu verlangen. Später erkannten sie, dass
sie ihren Beratern und den Ausbildern vertrauen und von ihnen Orientierung
erhalten konnten, um so die Leute aus dem Knast oder dem Viertel, die sie
zu Verbrechen anstifteten, hinter sich zu lassen.
Die Überzeugung all derer, die am Programm „A ganar Juárez“ mitwirken –…
weiterhin mitwirken wollen, ist leicht zu erklären: Sie haben Hunderte von
Jugendlichen kennengelernt, die nach einer Chance schrien. Für die Stiftung
sind diese drei Jahre erst der Anfang, denn ihr Ziel ist, dass noch
Tausende auf den Platz treten, sich das Trikot überstreifen und dann den
Ball kicken.
Aus dem Spanischen von Silke Kleemann
22 Jun 2013
## AUTOREN
Claudia Solera
## TAGS
Mexiko
Fußball
Mexiko
Onlinespiele
Erdbeben
Mobilfunk
Landwirtschaft
Schwerpunkt Afghanistan
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