# taz.de -- Nahost-Diplomatie: Kerry lässt nicht locker | |
> Der US-Außenminister drängt Israel und die Palästinenser zu Gesprächen. | |
> Doch ein Durchbruch lässt auf sich warten – nicht das erste Mal. | |
Bild: US-Außenminister Kerry und Palästinenserpräsident Abbas. | |
JERUSALEM taz | US-Außenminister John Kerry scheint gut ohne Schlaf | |
auszukommen. Um vier Uhr morgens verabschiedete er sich am Sonntag von | |
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, um anschließend gleich nach | |
Ramallah weiterzufahren, zum dritten Treffen innerhalb von drei Tagen mit | |
dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas. | |
Der Chefdiplomat aus dem Weißen Haus hatte seinen Aufenthalt in der Region | |
eigens verlängert, um Israel und die Palästinenser erneut an den | |
Verhandlungstisch zu bringen. Zwar gelang ihm auch im Verlauf seiner | |
fünften Nahost-Reise kein Durchbruch, dennoch sprach er von einem „echtem | |
Fortschritt“. | |
Kerrys Entschlossenheit, als Friedensstifter in Nahost Geschichte zu | |
machen, erinnert an das Engagement des früheren US-Präsidenten Bill | |
Clinton, als er im Sommer 2000 im Ringen um eine endgültige | |
Friedenseinigung zwei Wochen lang ununterbrochen als Vermittler herhielt. | |
Beiden Seiten dürfte nun klar sein, dass Kerry für sie auf absehbare Zeit | |
die letzte Chance darstellt. | |
Sollte der US-Außenminister scheitern, wird das Weiße Haus das Problem | |
Nahost in einer der unteren Schubladen ablegen. Weder die Israelis noch die | |
Palästinenser möchten schuld sein, wenn es nicht klappt, gleichzeitig | |
können sie ihre eigenen roten Linien nicht aufgeben, wollen sie auf | |
innenpolitischer Bühne das Gesicht wahren. | |
## Palästinenser bleiben skeptisch | |
Der palästinensische Chefunterhändler bei Friedensverhandlungen, Saeb | |
Erekat, zeigte sich im Anschluss an das Treffen von Kerry und Abbas wenig | |
zuversichtlicher. Zwischen der israelischen und der palästinensischen | |
Position bestehe noch immer eine „Kluft“, meinte Erekat. Die PLO | |
(Palästinensische Befreiungsbewegung) fordert die Anerkennung der | |
Waffenstillstandslinie von 1967 als Grundlage von Verhandlungen. Diese | |
Bedingung ist zwar nicht neu, trotzdem wirft sie den Friedensprozess um | |
Längen zurück. Bei früheren Verhandlungen hatten sich beide Seiten auf das | |
Prinzip Landaustausch geeinigt. | |
„Ohne Amnestie wird es keine Verhandlungen geben“, erklärte zudem der | |
Fatah-Funktionär Kaddoura Fares im israelischen Hörfunk. Die Entlassung von | |
gut einhundert Häftlingen, die seit über 20 Jahren hinter israelischen | |
Gittern sitzen, ist seit fünf Jahren überfällig und für Israel machbar. | |
Schwieriger ist die Forderung nach einem Baustopp in den Siedlungen, an dem | |
die Palästinenser seit fünf Jahren kompromisslos festhalten. | |
## Netanjahu stellt Referendum in Aussicht | |
Netanjahu wiederholte zu Beginn der sonntäglichen Regierungssitzung gestern | |
sein Mantra , dass Israel „jederzeit und ohne Vorbedingungen“ bereit ist, | |
erneute Friedensverhandlungen aufzunehmen. Um die Kritiker im Kabinett zu | |
beruhigen, versprach der Regierungschef, jede Einigung über eine | |
Zwei-Staaten-Lösung zur Abstimmung vor das Volk zu bringen. Ein Referendum | |
wäre die einzige Chance, denn die Mehrheit der Regierung lehnt die Gründung | |
des Staates Palästina ab. | |
Berichten der palästinensischen Nachrichtenagentur Maan zufolge steht die | |
Stadtverwaltung Jerusalems unmittelbar davor, den Neubau von 930 | |
Wohneinheiten in der Siedlung Har Homa zwischen Jerusalem und Bethlehem | |
abzusegnen. Es wäre der erste Neubau im Großraum Jerusalem seit Vereidigung | |
der neuen Regierung und möglicherweise das Ende von Kerrys Mission. „In | |
Jerusalem wird im Moment nicht gebaut“, bestätigte hingegen Wohnungs- und | |
Bauminister Uri Ariel von der nationalreligiösen Partei Habajit Hajehudi. | |
30 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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