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# taz.de -- Unternehmens-Aus in Österreich: Schlecker wieder vor der Pleite
> Ein Streit über die Sonntagsöffnung und eine mysteriöse Millionenzahlung:
> Nun droht auch der österreichischen Nachfolgekette Dayli die Insolvenz.
Bild: Rudolf Haberleitner hatte über 900 Filialen der insolventen Schlecker-Ke…
WIEN taz | Ein Ende auf Raten droht der Drogeriekette Schlecker in
Österreich. Rund 3.000 Angestellte der jetzt unter dem Namen Dayli
firmierenden Kette bangen um ihre Arbeitsplätze. Denn eine Insolvenz
scheint unmittelbar bevorzustehen. Der von den Lieferanten gewährte
Zahlungsaufschub läuft am Mittwoch ab. Die Angestellten haben nach Angaben
des Betriebsrats weder Junigehalt noch Urlaubsgeld gesehen. Ein Investor,
der den notwendigen zweistelligen Millionenbetrag zuschießen würde, ist
nicht in Sicht.
An einen solchen scheint aber Dayli-Firmenchef Rudolf Haberleitner geglaubt
zu haben. Er soll vor einigen Tagen einem Betrüger, angeblich vermittelt
über einen Freund, auf den Leim gegangen sein. Ein als seriöser
Geschäftsmann auftretender Italiener habe die Rettung des Unternehmens in
Aussicht gestellt, wenn er für Gebühren und andere Spesen 1 Million Euro
als Vorschuss bekomme.
Haberleitner will einen Geldkoffer in einem Hotel der norditalienischen
Stadt Udine übergeben haben. Der Mann habe sich damit aus dem Staub
gemacht. Österreichs Polizei bestätigt, dass Anzeige erstattet worden sei.
Die italienischen Behörden prüfen gleichzeitig den Verdacht auf Geldwäsche.
Denn die Einfuhr von Beträgen über 10.000 Euro in bar ist meldepflichtig.
Den Italienern kommt die Sache aber suspekt vor. „Vielleicht war nicht
alles so, wie es der Unternehmer sagt“, mutmaßt der Vizepolizeichef von
Udine, Massimiliano Ortolan.
Den Drogeriemärkten wird durch die Geschichte kaum geholfen sein.
Haberleitner, ein 68-jähriger Harvard-Absolvent, der über Investmentfonds
und Firmensanierungen zu Geld gekommen ist, hatte letztes Jahr die über 780
österreichischen Schlecker-Filialen übernommen, dazu noch 288 Geschäfte in
Italien, 158 in Polen und weitere 120 in Belgien und Luxemburg. 50 Prozent
des Kapitals kommen vom Glücksspielkonzern Novomatic, der nach
Streitigkeiten inzwischen aber wieder ausgestiegen ist. Wie auch in
Deutschland zeichnen sich die ehemaligen Schlecker-Filialen durch eher
abseits der Geschäftsstraßen liegende Standorte aus.
## Haberleitner sieht sich als Wohltäter
Geplant war, die Läden durch ein neues Geschäftsmodell attraktiver zu
machen. So wird als Service etwa das Versenden von Faxen angeboten.
Außerdem gibt es bei Dayli kleine Imbisse. Damit wollte der Investor zum
einen die Sonntagsruhe umgehen, die in Österreich für Imbissbuden mit
begrenztem Warensortiment nicht gilt; ob Dayli unter diese Ausnahme fällt,
war umstritten. Zum anderen versuchte er im vergangenen April, für die
Angestellten den für diese ungünstigeren Kollektivvertrag für
Gastronomiebedienstete geltend zu machen.
Dabei spielte allerdings die Gewerkschaft nicht mit. Karl Proyer, Chef der
Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), sah in den Plänen eine „reine
Umgehungskonstruktion zulasten der Beschäftigten“. Die GPA erstattete
Anzeige gegen alle Geschäfte, die sonntags aufsperrten.
Haberleitner sieht sich jedoch als Wohltäter: „Wir lassen uns nicht
prügeln, wo wir doch Arbeitsplätze schaffen“. Doch Ko-Investor Novomatic
machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Generaldirektor Franz Wohlfahrt
zog das Begehren der Sonntagsöffnung zurück: „Wir wollen mit dieser Lösung
zur Versachlichung der aufgeheizten Diskussion der letzten Tage und zum
Wohl des Unternehmens und der über 3.800 Mitarbeiterinnen beitragen.“
Am Dienstagnachmittag wollten sich Geschäftsführung und Betriebsrat zu
einer Krisensitzung treffen, bei der Alternativen zum Konkurs auf der
Tagesordnung standen. Welche das sein könnten, blieb offen.
2 Jul 2013
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Insolvenz
Schlecker
Österreich
Staatsanwalt
Neoliberalismus
Schlecker
Tarifvertrag
Bio-Lebensmittel
Familie
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