# taz.de -- US-Behörden schicken Staatsschutz: „Guten Tag, was planen Sie he… | |
> Ein hessischer Aktivist lädt bei Facebook zu einem „NSA-Spaziergang“ ein. | |
> Kurz darauf sitzt der Staatsschutz im Wohnzimmer, denn die | |
> US-Militärpolizei war besorgt. | |
Bild: „Dagger Complex“ in Griesheim: Zapft hier die NSA mit? | |
BERLIN taz | Daniel Bangert staunte nicht schlecht, als am letzten | |
Donnerstag um 7.17 Uhr in seiner Wohnung in der hessischen Stadt Griesheim | |
das Telefon klingelte. Die Polizei war dran. Und als er dann aus dem | |
Fenster blickte, saßen vor seiner Haustür zwei Beamte im Polizeiwagen. Sie | |
wollten gerne mal mit ihm reden. Über die NSA. Und was er so plane. | |
Denn der 28-Jährige hatte etwas getan, das er heute „leichtsinnig“ nennt. | |
Via Facebook hatte der Griesheimer, der auch bei den [1][Occupy-Protesten | |
in Frankfurt] aktiv war, zuvor mitgeteilt, [2][er wolle gerne mal einen | |
„Spaziergang“ zum sogenannten „Dagger-Komplex“ machen]. Das ist ein | |
US-Stützpunkt in der 26.000-Einwohner-Stadt, dem gerne nachgesagt wird, so | |
etwas wie eine deutsche Zentrale für US-amerikanische Schnüffeleien aller | |
Art zu sein. Zuletzt geriet die US-Basis nach den Enthüllungen Edwards | |
Snowdens im Zusammenhang mit dem NSA-Datenskandal erneut [3][in die | |
Schlagzeilen]. | |
Der „NSA-Spion-Schutzbund e.V.“, so schrieb es also Bangert in seinem | |
Facebook-Eintrag vom 4. Juli, „lädt zum Entdecken und Beobachten ein.“ Er | |
wolle am Samstag mal bei den US-Spionen vorbeigehen und sich den | |
Gebäude-Komplex angucken. Seine Frage: Wer kommt mit? | |
Und dann gab es einen Vorgeschmack in Sachen Überwachung: Auf Facebook | |
reagierten zwar nur wenige seiner Freunde auf den Vorschlag. Dafür aber | |
reagierten die US-Behörden. Die US-Militärpolizei, die für die Sicherung | |
des vermeintlichen Spitzelstützpunktes, auf dem amerikanische Hoheitsrechte | |
gelten, zuständig ist, rief bei den deutschen Polizeikollegen an – und bat | |
diese, der Sache nachzugehen. So bestätigt es eine Sprecherin des | |
zuständigen Polizeipräsidiums Südhessen mit Sitz in Darmstadt der taz. | |
Und so kam Daniel Bangert kurze Zeit später in seinem Wohnzimmer dann zu | |
einem freundlichen Gespräch mit einem uniformierten Herrn von der | |
Polizeiwache Griesheim und einem Beamten des Zentralkommissariats 10, | |
Abteilung Staatsschutz, aus dem Polizeipräsidium in Darmstadt. Die beiden | |
erkundigten sich bei Bangert, was er so plane und fragten ihn nach seinen | |
Motiven. Er sagte, er plane ein heiteres Beisammensein. Sie sagten, er | |
plane eine Demonstration. Und so schickten sie ihn zum Ordnungsamt, um | |
seine Sache ordentlich anzumelden, und baten ihn freundlich, so zumindest | |
berichtet es Bangert, das Gespräch bitte nicht öffentlich zu machen. | |
Warum eigentlich? Die zuständige Polizeidirektion Südhessen, unter deren | |
Dach der Staatsschutz sitzt, nennt den Besuch heute jedenfalls einen „ganz | |
normalen Vorgang“. Denn, so eine Sprecherin: „Gerade was über Facebook | |
geposted wird, kann Ausmaße annehmen, die man vorher nicht absehen kann.“ | |
Es sei Anliegen der Polizei gewesen, den Anmelder über seine Rechte und | |
Pflichten zu informieren. Und weil es um ein politisches Anliegen gegangen | |
sei, sei nunmal der Staatsschutz zuständig. | |
Bangerts Version geht so: „Da werden ernsthaft deutsche Beamte von | |
US-Spionen beauftragt, meiner lächerlichen Facebook-Aktion nachzugehen“. Zu | |
seinem Spaziergang am Samstag kamen dann rund 75 Leute. Ein Zaungast war | |
auch dabei: Die US-Militärpolizei guckte zu, was da so ging. | |
15 Jul 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.occupyfrankfurt.de/ | |
[2] http://www.facebook.com/events/162381927278279/ | |
[3] http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2013/nsa103.html | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
## TAGS | |
Prism | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
NSA | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Edward Snowden | |
Staatsschutz | |
Soziale Bewegungen | |
Snowden | |
Prism | |
Edward Snowden | |
NSA | |
Edward Snowden | |
NSA | |
NSA | |
Überwachungsgesellschaft | |
Internet | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Der Bundesinnenminister klärt auf: Kümmert euch selbst, ihr Deppen! | |
Die Bürger müssen ihre E-Mails verschlüsseln, rät Innenminister Friedrich | |
in der Abhöraffäre. Aber natürlich. Warum ist da bloß vorher niemand | |
draufgekommen? | |
USA fordern Snowden zur Rückkehr auf: Sag mir, wo zuhause ist | |
Die USA finden, Edward Snowden sollte „mutig“ sein und in seine Heimat | |
zurückkehren. Russlands Präsident Putin will auch etwas: nicht die | |
Beziehungen zu Amerika gefährden. | |
Hype um Big Data: Big Brothers große Schwester | |
Die Stasi wollte noch jedes Individuum „kennenlernen“. Heutige | |
Geheimdienste machen sich diese Mühe nicht mehr: Sie glauben „Big Data“ sei | |
die Lösung. | |
Tauziehen um Asyl für Edward Snowden: Moskaus Devise heißt Herunterspielen | |
Bei den russischen Behörden ist angeblich noch kein Antrag des | |
Ex-US-Geheimdienstlers eingegangen. Desen Chancen, unerkannt zu entkommen, | |
schrumpfen. | |
Geschichte des Abhörens: Schäden auf beiden Seiten der Wanze | |
Der Legende nach soll bereits Dionysos seine Gefangenen abgehört haben. Vom | |
alten Syracus bis zur NSA: eine Geschichte der akustischen Überwachung. | |
Technikphilosoph über Spähprogramme: „Das waren offene Geheimnisse“ | |
Physiker und Philosoph Sandro Gaycken über die Ausspähpraktiken der | |
Geheimdienste, das Problem der Innentäter und unangebrachte Panik. | |
Kommentar Überwachungsgesellschaft: Die digitale Unterwerfung | |
Die Empörung über die gigantische Ausspähung privater Daten ist groß, aber | |
ein Protest dagegen kaum vorhanden. Wir haben verlernt, kollektiv zu | |
handeln. | |
Netzüberwachung durch die NSA: Die Bundesregierung weiß von nichts | |
Die Debatte über eine weitreichende Netz-Überwachung in den USA erreicht | |
nun auch die Bundesregierung. Doch die gibt sich bisher ahnungslos. |