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# taz.de -- Medienrechtler über Klage gegen WAZ: „Eine unsichere Strategie“
> Das Verteidigungsministerium verklagt die „WAZ“, weil sie Geheimdokumente
> veröffentlichte. Markus Kompa sieht kaum Chancen für die Behörde.
Bild: Will sich nicht in die Karten schauen lassen: Verteidigungsminister Thoma…
taz: Herr Kompa, die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) hat Ärger mit
dem Verteidigungsministerium, weil sie geheime Bundeswehr-Papiere aus
Afghanistan ins Netz gestellt hat. Wer hat nun Recht?
Markus Kompa: Der Stand des Verteidigungsministeriums ist ziemlich schwach.
Es sieht durch die Veröffentlichung das Urheberrecht verletzt. Das ist in
dem Fall eine unsichere Strategie.
Wieso unsicher?
Weil das Urheberrecht nicht die Aufgabe hat, Dinge geheimzuhalten. Es soll
auch nicht Informationen dem öffentlichen Wissen entziehen. Sondern es soll
wirtschaftliche und ideelle Interessen schützen. Aber diese Papiere sind
nicht zum Geldverdienen geschrieben worden, sondern um die Mitglieder des
Bundestags zu unterrichten.
Und dann sind die Papiere frei?
Das deutsche Urheberrecht schützt Werke, die einen Mindeststandard an
Schöpfungshöhe haben. Der wird bei solchen sachlichen Berichten nicht
erreicht. Zudem handelt es sich um quasi amtliche Werke. Amtliche Werke –
wie Urteile, Gesetzestexte und Verordnungen – sind öffentliche Werke. Die
sind von vornherein vom Urheberrecht ausgenommen. Allerdings muss ich
einschränken: Die Afghanistan-Papiere sind eigentlich keine amtlichen
Werke, weil sie nicht offiziell veröffentlicht sind.
Auf den Dokumenten steht dick „Nur für den Dienstgebrauch“. Darf denn jeder
einfach geheime amtliche Dokumente ins Netz stellen?
Nein, einfach so nicht. Aber das ist keine Frage des Urheberrechts – doch
nur darauf beruft sich das Ministerium.
Das Ministerium kann also noch auf andere Weise verlangen, die Papiere zu
löschen?
Nein. Jetzt sind sie ja geleakt und damit ist das Thema durch.
So einfach ist das also: Ich lade etwas hoch, und schon ist die
Geheimhaltung futsch?
Man könnte damit Rechtsbruch begehen. Wir sehen es gerade in den USA, wo
der Journalist James Risen in den Knast gehen soll, weil er seine Quelle
beim Geheimdienst CIA nicht preisgeben will. Journalisten bewegen sich
immer im Spannungsfeld, wenn sie über Staatsgeheimnisse berichten. In den
Afghanistan-Papieren werden Staatsgeheimnisse verraten, was für
Journalisten strafrechtliche Probleme bedeuten kann.
Die WAZ-Journalisten argumentieren auch mit dem Informationsinteresse der
Bürger.
Wenn man zu dem Schluss kommt, dass diese Texte nun doch urheberrechtlich
geschützt sind, haben sie ein Problem. Es gibt nämlich nur wenige
Ausnahmen. Man darf zum Beispiel einen Pressespiegel erstellen, also ganze
Artikel zur Dokumentation kopieren. Und zitieren ist auch erlaubt.
Ansonsten ist das Urheberrecht umfassend – ein scharfes Schwert.
Ein Pressespiegel sind die Afghanistan-Papiere nicht und mehr als ein Zitat
allemal.
Genau. Persönlichkeitsrechte und Pressefreiheit etwa müssen immer
gegeneinander abgewogen werden. Im Urheberrecht gibt es aber nach
bisheriger deutscher Rechtsprechung keine Ausnahme zugunsten eines
Berichtsinteresses. Nun gibt es jedoch eine neuere Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs, die besagt, dass auch aus ideellen Gründen
Urheberrecht gebrochen werden darf.
Worum ging es?
In dem Fall hat ein Designer Fotografen von seiner Modenschau ausgesperrt.
Er sah durch ihre Bilder sein Recht an der von ihm geschaffenen Kleidung
verletzt. Er bekam zwar Recht, weil die Fotografen Geld verdienen wollten.
Die Richter stellten aber klar: Wären die Fotografen Journalisten, die etwa
über magere Models berichten, dann dürften sie dieses Recht brechen und
ihre Bilder schießen.
25 Jul 2013
## AUTOREN
Jens Twiehaus
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