# taz.de -- Flucht vor dem Bürgerkrieg: Herausforderung ja, Asylproblem nein | |
> Für die baldige Ankunft von knapp 1.000 Menschen aus Syrien in | |
> Norddeutschland fehlen noch Unterkünfte. Der Anstieg der Asylsuchenden | |
> belebt Ausländerfeindlichkeit. | |
Bild: Flüchtlingslager im Libanon: Von hier kommen die Menschen, die wegen des… | |
5.000 sind es bundesweit, gut 900 von ihnen sollen in den vier Nordländern | |
untergebracht werden – die Rede ist von Menschen, die vor dem syrischen | |
Bürgerkrieg geflohen sind und in den kommenden Wochen im ganzen | |
Bundesgebiet ankommen sollen. 470 von ihnen soll nach dem sogenannten | |
Königsteiner Verteilungsschlüssel Niedersachsen aufnehmen, 160 das Land | |
Schleswig-Holstein, 130 Hamburg, gut 100 Mecklenburg-Vorpommern und 50 | |
Flüchtlinge sollen in Bremen eine neue Heimat finden. | |
Die Unterbringung der Flüchtlinge stellt die Bundesländer vor Probleme. | |
Denn die Zahl der Asylsuchenden steigt seit 2007 kontinuierlich. Wurden | |
2007 bundesweit knapp 20.000 Asylanträge gestellt, so waren es 2011 über | |
45.000 und im vergangenen Jahr knapp 65.000. In diesem Jahr, so | |
prognostiziert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, könnte die | |
Hunderttausender-Schallmauer erstmals seit 1998 wieder durchbrochen werden. | |
Das reicht für Springers Regionalzeitung Hamburger Abendblatt, um in seiner | |
Ausgabe von Dienstag kraftvoll zu titeln: „Deutschland hat ein neues | |
Asylproblem“. | |
## Containerdörfer entstehen | |
Die Bundesländer bereiten sich derweil auf die erwarteten Flüchtlinge vor. | |
„Wir erweitern in diesem Jahr unsere Unterbringungsmöglichkeiten für | |
Flüchtlinge um 500 Plätze“, erläutert Bernd Schneider von der Bremer | |
Sozialbehörde. So sei in der Eduard-Grunow-Straße schon ein Übergangsheim | |
eröffnet worden. Außerdem werde an drei neuen Containerdörfern mit je gut | |
100 Plätzen gearbeitet, sagt Schneider. | |
Die Bauten stoßen auf unterschiedliches Echo. „In Bremen-Mitte und | |
Schwachhausen wurden die Flüchtlinge von der Nachbarschaft sehr positiv | |
begrüßt und ihnen unterschiedlichste Hilfe angeboten“, weiß Schneider. An | |
der Peripherie, in Bremen-Nord und West gäbe es allerdings in der | |
Nachbarschaft der Container-Wohnheime „deutliche Vorbehalte“ in der | |
Nachbarschaft. „Hier leben bereits ziemlich viele Armutszuwanderer aus | |
Rumänien und Bulgarien, so dass es heißt, die Stadtteile seien ’belastet‘ | |
genug“, beschreibt Schneider die Erfahrungen mit der Durchführung des | |
Unterbringungs-Programms. | |
In den anderen Bundesländern sieht es nicht viel anders aus. Nachdem | |
zwischen 1997 und 2007 die Zahl der Flüchtlinge aufgrund der | |
Asylgesetzgebung um 80 Prozent zurückging, bauten alle Länder ihre | |
Unterbringungsplätze rapide ab – und müssen sie nun genauso rapide wieder | |
aufstocken. | |
In Niedersachsen und Schleswig-Holstein, wo das Innenministerium davon | |
ausgeht, dass die ersten Flüchtlinge nicht vor September eintreffen werden, | |
bemühen sich die Landesregierungen derzeit sich mit den Kommunen ins | |
Benehmen zu setzen, wo noch Unterbringungskapazitäten geschaffen werden | |
können. | |
In Schleswig-Holstein etwa hat sich die Zahl der neu aufgenommenen | |
Flüchtlinge in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum selben | |
Vorjahreszeitraum fast verdoppelt – von knapp 800 auf über 1.500. | |
Innenminister Andreas Breitner (SPD) betont: „Die Lage spitzt sich zu.“ | |
Hamburg prüft derweil, ob Flüchtlinge aus dem Hamburger Kontingent auch in | |
den Nachbarländern untergebracht werden können, wie das seit Jahren schon | |
in der wegen ihrer abgelegenen Lage hoch umstrittenen Flüchtlingsunterkunft | |
in Horst geschieht. | |
Die gestiegene Zahl an Flüchtlingen führt dabei bereits nicht nur in den | |
Medien zu Sprachwendungen, die an die Mitte der neunziger Jahre erinnern, | |
wo Asylantenflut und Flüchtlingsschwemme zum allgemeinen Sprachgebrauch | |
gehörten und das Bild vom mit Zuwanderern vollen und im sinken begriffenen | |
Boot ausländerfeindliche Vorbehalte förderte. So forderte Lübecks | |
Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) vor wenigen Tagen via Lübecker Nachrichten | |
den Bund auf, „die versuchte Zuwanderung übers Asylrecht endlich zu | |
begrenzen“. | |
Eine Äußerung, die im Kieler Kabinett nicht für Erheiterung sorgte und | |
Innenminister Andreas Breitner (SPD) zu einer sofortigen Reaktion | |
ermunterte. „Unser Boot ist nicht voll“, konterte Breitner via Facebook: | |
„Wenn in vielen Ecken der Welt Krieg herrscht und der arabische Frühling | |
sich zu einem Herbst mit Flucht und Bürgerkriegen entwickelt, dann kann | |
unsere europäische Antwort kein Flüchtlingsstopp sein.“ | |
Das sieht Bernd Schneider aus Bremen ähnlich: „Ein Asylproblem haben | |
Staaten wie Jordanien oder der Libanon, die gerade hunderttausende | |
Flüchtlinge aufnehmen müssen – nicht wir“, lautet die klare Aussage des | |
Bremer Behördensprechers. | |
25 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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