| # taz.de -- „Kriegerin“ im ZDF: Das Beate-Zschäpe-Modell | |
| > Die ZDF-Regietalente-Sommerreihe startet mit „Kriegerin“. Ein Film über | |
| > die Neonaziszene, der aufklären will, aber doch nur eine einfache Deutung | |
| > liefert. | |
| Bild: Im wahren Leben heißt die bekannteste Kriegerin des rechten Lagers Beate… | |
| Im wahren Leben heißt die bekannteste Kriegerin des rechten Lagers Beate | |
| Zschäpe und schweigt derzeit vor einem Münchner Gericht recht | |
| ohrenbetäubend über ihre Rolle im Zwickauer Terror-Trio. Von Erkenntnis, | |
| Reue, Läuterung keine Spur. Ihr Verhalten und dazu Untersuchungsausschüsse | |
| scheinen vor allem ein Gefühl zu befördern: das einer tief empfundenen | |
| Ratlosigkeit. | |
| Aber als David Wnendt (Buch und Regie) 2011 seinen Film drehte – | |
| „Kriegerin“, nun der Auftakt der ZDF-Regietalente-Sommerreihe „Shooting | |
| Stars“ – hießen die NSU-Morde noch „Döner-Morde“ und Wnendt konnte das | |
| alles nicht wissen. Auch wollte er niemanden ratlos zurücklassen. Auch | |
| wollte er, dass sein Film konstruktiv ist, erklärend, aufklärend. Dass die | |
| Kriegerin (Alina Levshin) erkennt und bereut und sich läutert, damit wir | |
| uns mit ihr identifizieren können und ihr finaler Tod uns emotional so | |
| richtig berührt. | |
| Im Sommer 2013 ist der Vergleich obligatorisch. Über Beate Zschäpe ist zu | |
| lesen, sie habe sich als Kind häufig in der Obhut ihrer Großmutter | |
| befunden. Die Kriegerin aus dem Film hat Geborgenheit nur bei ihrem | |
| Großvater erfahren – der glaubte sein Leben lang daran, dass die Juden an | |
| allem Schuld seien. Die dysfunktionale Familie als Schmiede von | |
| Nazibräuten? | |
| „Es ist Krieg, und da ist alles erlaubt. Aber in jedem Krieg gibt es | |
| Opfer.“ Nur weiß die Kriegerin, wenn sie das aus dem Off spricht, noch | |
| nicht, dass sie das Opfer sein wird. Wir hingegen wissen es seit der ersten | |
| Szene, in der wir sie tot am Ostseestrand gesehen haben. Die Kriegerin ist | |
| ein Skingirl, eine Nazibraut, so steht es auf ihrem T-Shirt. Sie kämpft | |
| dagegen, dass in einer Demokratie jeder mitbestimmen kann. | |
| ## Läutere dich! | |
| Sie darf im Supermarkt nur deshalb an der Kasse sitzen, weil der Supermarkt | |
| ihrer alleinerziehenden Mutter gehört. Denn wo sonst, selbst im national | |
| befreiten Mecklenburg-Vorpommern, würde die Weigerung, das Geld von | |
| zahlungswilligen Kunden, stammen diese aus dem fernen Afghanistan, | |
| anzunehmen, etwas anderes bewirken als die fristlose Kündigung? | |
| Im Film gibt es noch eine Nachwuchs-Kriegerin, eine fünfzehnjährige | |
| Einserschülerin. Beate Zschäpe hat sich wohl eine Zeit lang als | |
| Malergehilfin verdingt, sie hatte zwei Stiefväter. Den Stiefvater der | |
| Nachwuchs-Kriegerin, einen Malermeister, als autoritär zu bezeichnen, wäre | |
| eine Untertreibung. Weil sich die Nachwuchs-Kriegerin seinem Rauchverbot | |
| widersetzt hat, lässt er sie die komplette Schachtel Zigaretten aufrauchen. | |
| Am Ende muss die Kriegerin für ein brutales Gewaltverbrechen nicht ins | |
| Gefängnis, um zu erkennen, zu bereuen, sich zu läutern. Für sie bedeutet | |
| das den Tod. Für uns, dass wir keine Nazibraut verloren geben müssen. | |
| Aufatmen. An die Möglichkeit, dass da eine Zschäpe nicht einmal im | |
| Gefängnis bereuen, sich läutern wird, wollen wir lieber gar nicht erst | |
| denken. | |
| 1 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Müller | |
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