# taz.de -- Kommentar Hartz-IV-Aktivistin: Die falsche Konsequenz | |
> Die ehemalige Arbeitsvermittlerin Inge Hannemann hat Mut gezeigt. Sie ist | |
> zur Symbolfigur geworden, doch ihr Kampf scheint leider fast | |
> aussichtslos. | |
Bild: Nicht nur die „Kunden“ des Jobcenters haben es schwer, Inge Hannemann… | |
Inge Hannemann wird bis zur Hauptverhandlung nicht wieder im Jobcenter | |
arbeiten dürfen. Die [1][Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg] ist | |
bedauerlich, aber wenig überraschend. | |
Durch ihren öffentlichen Protest ist Inge Hannemann zu einer Symbolfigur | |
geworden. Dafür, dass bei der Betreuung von Arbeitslosen häufig nur die | |
Quote zählt, aber nicht, ob jemand auch ein sinnvolles Training oder eine | |
anständig entlohnte Stelle angeboten bekommt. | |
Inge Hannemann hat unseren Blick nicht nur auf die „Kunden“ gelenkt, wie | |
Arbeitslose mittlerweile im Orwellsprech der Jobcenter heißen, sondern auch | |
auf diejenigen, die hinter den Schreibtischen sitzen. Sie haben zwar die | |
Macht, über Leistungskürzungen zu entscheiden, sind aber häufig selbst | |
frustriert. Die Anforderungen an sie wachsen, ihre Spielräume schrumpfen. | |
Hannemann dürfte gewusst haben, dass sie mit ihrer scharfen öffentlichen | |
Kritik am eigenen Arbeitgeber das Risiko eingeht, ihre Stelle wegen | |
geschäftsschädigenden Verhaltens zu verlieren. Sie ließ sich trotzdem nicht | |
davon abhalten, nachdem sie vergeblich versucht hatte, Dinge intern zu | |
verändern. Das ist mutig. | |
Allerdings scheint ihr Kampf fast aussichtslos. Im Jahr 2012 stellte der | |
Bundesrechnungshof, ein ungleich wichtigerer Akteur, den Arbeitsagenturen | |
ein vernichtendes Zeugnis aus. Vermittelt würden vor allem die wenig | |
problematischen Fälle, die man schnell aus der Arbeitslosigkeit | |
herausbekomme, Statistiken würden geschönt, so das Fazit. Ernsthafte | |
Konsequenzen: keine. | |
Das Problem liegt dabei nur zum Teil bei der Bundesagentur für Arbeit. Sie | |
hat nur einen begrenzten Spielraum, eigenverantwortlich zu agieren und muss | |
sich oft nach Gesetzen richten, die die Politik beschließt. Dort sind die | |
Weichen gestellt worden, die Menschen wie Inge Hannemann empören. | |
Denn mit den Hartz-Reformen haben Arbeitslose keine Chance mehr, sich gegen | |
Stellen zu wehren, die weit unter einer anständigen Entlohnung liegen. Noch | |
dazu schrumpft das Budget der Bundesagentur, Geld für sinnvolle | |
Qualifizierungen ist immer weniger vorhanden. Das alles ist der eigentliche | |
Skandal - und nicht das, was Inge Hannemann getan hat. | |
Update, 31. Juli, 13 Uhr: Der letzte Absatz wurde nach Leserhinweisen | |
präzisiert. | |
31 Jul 2013 | |
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## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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