# taz.de -- Überwachung in Großbritannien: Abwarten und Tee trinken | |
> Die Briten reagieren gelassen auf die Enthüllungen über Überwachung der | |
> Geheimdienste. Aktuelle Warnungen vor Terroranschlägen kommen der | |
> Regierung da gerade recht. | |
Bild: Shoppen mit dem Union Jack: In London hat man anderes im Kopf als Überwa… | |
LONDON dpa | Seit Wochen veröffentlicht die linksliberale britische | |
Tageszeitung The Guardian Einzelheiten über die geheime Überwachung von | |
Telefon- und Internetdaten. Zuletzt kam heraus, dass der britische | |
Geheimdienst GCHQ sich Handlangerdienste sogar vom US-Dienst NSA in | |
Millionenhöhe bezahlen lässt. | |
Doch anstatt empört aufzuschrecken, reagieren britische Presse und | |
Bevölkerung betont gelassen. Nur Netzaktivisten und | |
Menschenrechtsorganisationen beteiligen sich nicht am kollektiven | |
Achselzucken. | |
Die Briten sind bereits an ein großes Maß an Überwachung gewohnt: Im | |
Vereinigten Königreich sind nach Angaben der Sicherheitsindustrie | |
schätzungsweise bis zu sechs Millionen Kameras installiert, eine halbe | |
Million davon allein in der Hauptstadt London. Der Bürger wird auf Schritt | |
und Tritt gefilmt. | |
Während Kritiker und Menschenrechtsgruppen diese Überwachungspolitik | |
wiederholt anprangerten, setzt die Regierung auf die Vorzüge eines starken | |
Staats. Da wird einerseits die verstärkte Sicherheitszusammenarbeit mit den | |
USA seit dem 11. September 2001 genannt. Andererseits wird auf die Londoner | |
Terroranschläge vom 7. Juli 2005 und auf die Gefahr möglicher Nachahmer | |
verwiesen. Offizielle Devise: Soviel Überwachung wie nötig, um das Land zu | |
schützen. | |
## Vorteile für Cameron | |
In gefährlichen Zeiten sind harte Überwachungsmaßnahmen angebracht, so die | |
stillschweigende Übereinkunft. Zu den wenigen Gegenstimmen gehört die | |
[1][Bürgerrechtsgruppe Liberty]. Deren Direktor Shami Chakrabarti | |
kritisiert im Gespräch „den Verkauf von Serviceleistungen der britischen | |
Abhördienste an eine ausländische Macht“ und spricht von unzulässigen | |
geheimen Abmachungen am Parlament vorbei. | |
Nach Auffassung des Politologen Rodney Barker von der London School of | |
Economics kommt der konservativ-liberalen Regierung von Premierminister | |
David Cameron die aktuelle Aufregung über die Attentatsgefahr auf der | |
arabischen Halbinsel zupass. „Es scheint kein Zufall zu sein, dass wir | |
gerade jetzt, da Leute dabei sind, sich an diese Schnüffelei-Geschichten | |
gewöhnen, [2][gesagt bekommen, dass vorsichtshalber Botschaften | |
geschlossen] werden müssen“, konstatiert Barker. „Das heißt soviel wie: | |
‘Wenn wir nicht so genau hinhören würden, hätten wir von der neuesten | |
Gefahr nichts gewusst‘.“ | |
Auffällig auch, dass Außenminister William Hague kurz nach den | |
Guardian-Enthüllungen über US-Investitionen in Höhe von 100 Millionen Pfund | |
in britische Geheimdienstaktivitäten die Überwachungsagentur GCHQ | |
(Government Communications Headquarters) besuchte. Dort betonte der | |
Minister einmal mehr, dass die Arbeit der Abhördienste dazu beiträgt, dass | |
die Briten in der Regel sicher schlafen können. Schon vor Wochen hatte | |
Hague betont, dass ungescholtene Bürger ja nichts zu verbergen hätten und | |
sich deswegen keine Sorgen machen müssten. | |
Nach Auffassung des Politologen Barker nutzt die Regierung auch ein | |
gewisses Desinteresse der Bürger aus. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten | |
stünden Datenschutz und Privatsphäre derzeit auf der Liste der Prioritäten | |
weit unten, sagt Barker. | |
4 Aug 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.liberty-human-rights.org.uk/index.php | |
[2] /Drohende-Anschlaege/!121180/ | |
## AUTOREN | |
Thomas Cronenberg | |
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