| # taz.de -- Kommentar Verkauf „Washington Post“: Eine neue Ära beginnt | |
| > Die „Post“ steht für investigativen Journalismus. Durch ihren Verkauf ist | |
| > die vierte Gewalt in den USA gefährdet. Doch es gibt Hoffnung. | |
| Bild: Das waren noch Zeiten: Bob Woodward (rechts) und Carl Bernstein, die geme… | |
| Nur noch die New York Times erfüllt die demokratische Wächterfunktion so | |
| ausgewiesen wie die Washington Post. Ihre widerständige Geschichte beginnt | |
| mit Watergate, geht über die Aufdeckung von geheimen Folterknästen in | |
| osteuropäischen Ländern und unhaltbaren Zuständen in Militärkrankenhäusern | |
| und aktuell diskutiert die Zeitung die Überwachungsmaschinerie der USA. | |
| Es wundert also nicht, dass Wikileaks die Washington Post nutzte, um | |
| geheimes Datenmaterial zu veröffentlichen. Oder dass Edward Snowdens Vater | |
| bisher nur mit einer einzigen Zeitung gesprochen hat, eben jener Grande | |
| Dame des investigativen Qualitätsjournalismus, der Post, wie sie in den USA | |
| genannt wird. | |
| Seit Montag ist bekannt, dass die Zeitung nicht länger im Besitz der | |
| Gründerfamilie Graham ist, sondern [1][an den Amazon-Gründer Jeff Bezos | |
| verkauft] wird. Ein Dammbruch. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass die | |
| klassischen Geschäftsmodelle von Zeitungen an ihr Ende kommen. Selbst wenn | |
| sie, wie im Falle der Post, über lukrative Nebengeschäfte verfügen und die | |
| Besitzer in allererster Linie ihre Verantwortung als Verleger wahrnehmen - | |
| und erst dann ans Geldverdienen denken. | |
| Der Verkauf erschüttert auch, weil damit nur noch die New York Times übrig | |
| bleibt als Qualitätsblatt. Und auch hier mehren sich die Gerüchte, dass die | |
| Sulzberger-Familie einen Verkauf erwägt. Was bedeutet das für ein Land, das | |
| von einem Präsidenten regiert wird, der noch weniger Pressekonferenzen gibt | |
| als George Bush? Und stattdessen Twitter und andere digitale Kanäle nutzt, | |
| um seine politischen Botschaften in die Welt zu senden, ohne sich dabei den | |
| kritischen Nachfragen von JournalistInnen stellen zu müssen. | |
| ## Ein Mann mit Sinn für technische Innovation | |
| Nichts Gutes. Zumal dort inzwischen Menschen, die auf die Verbrechen des | |
| Staates hinweisen, mit der Todesstrafe rechnen müssen. Und was bedeutet es | |
| für Wikileaks, wenn es keine Plattformen mehr gibt, die deren Inhalte | |
| publizieren, weil Goolge und Facebook vom Staat hart reglementiert werden | |
| können? Es bedeutet, dass die USA Gefahr laufen, ihre vierte Gewalt zu | |
| verlieren, die die Machenschaften der herrschenden Klasse bislang kritisch | |
| begleitet und sehr viel Geld investiert hat, um Menschenrechtsverletzungen | |
| oder Gesetzesbrüche aufzudecken. | |
| All diese Fragen bekommen durch den Verkauf der Post eine enorme Dramatik. | |
| Neu sind sie aber nicht. Denn es war klar, dass der bisherige Besitzer Don | |
| Graham irgendwann nicht mehr bereit ist, Jahr für Jahr Millionen in einen | |
| Betrieb zu stecken, der wohl nie wieder Gewinne erwirtschaften wird. Die | |
| Gute Nachricht ist, dass mit Jeff Bezos kein börsenorientiertes Unternehmen | |
| einen großen Zeitungstitel gekauft hat, sondern ein Mann mit einem großen | |
| Sinn für technische Innovationen. | |
| Es war schließlich das Lesegerät Kindle, das den Erfolg von Amazon weiter | |
| ausbaute. So besteht die Hoffnung, dass Bezos sein riesiges Vermögen | |
| investiert, um digitale Antworten auf die Zeitungskrise zu finden, die | |
| nicht die Abschaffung des Qualitätsjournalismus bedeuten müssen. Sondern | |
| vielleicht das Gegenteil ermöglichen durch Geräte, die den modernen | |
| Lesegewohnheiten entsprechen und erlauben, vergleichsweise preisgünstig zu | |
| publizieren. Dass dabei unter Umständen auch Apple mit seinem IPad | |
| Konkurrenz bekommt, könnte ein positiver Nebeneffekt sein. | |
| So wird dieser Montag zwar der Tag sein, an dem der klassische Weg der | |
| Washington Post zu Ende geht. Aber vielleicht auch ein Tag, an dem Graham | |
| eine mutige und richtige Entscheidung getroffen hat. | |
| 6 Aug 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ines Pohl | |
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