# taz.de -- Verkauf der „Washington Post“: Skepsis für die Zukunft | |
> Nach dem Schock über den Verkauf an den Amazon-Gründer wird die Kritik | |
> lauter. Manche Beobachter vermuten politische Motive hinter dem Kauf. | |
Bild: Hat Amazon-Gründer Jeff Bezos politische Motive bei dem Kauf der „Wash… | |
WASHINGTON dpa | Es steht nicht gut um die traditionsreiche Washington | |
Post, die in diesem Monat von der Eigentümerfamilie Graham an den | |
Amazon-Gründer Jeff Bezos verkauft wurde. Die Auflage sank seit Ende 2007 | |
um gut 30 Prozent auf rund 440.000, der Newsroom hat mehr als 200 | |
Mitarbeiter weniger. Ob nun alles besser wird? Nach dem ersten Schock | |
werden die kritischen Stimmen immer lauter. | |
„Es ist in gewisser Art eine epochale Geschichte, der Niedergang der | |
Grahams und der Niedergang der Washington Post„, kommentiert John Cassidy, | |
Redakteur des New Yorker-Magazins. „Mich interessiert mehr die andere Seite | |
daran – was Bezos selbst mitbringt, was seine Interessen sind.“ Er selbst | |
sei skeptisch, was die Zukunft der Zeitung angehe. | |
Es ist eine Skepsis, die auch andere teilen. Viele vermuten bei Bezos | |
hinter dem Kauf politische Motive. Bradley Graham und Lissa Muscatine, zwei | |
ehemalige Mitarbeiter der Washington Post, die jetzt einen beliebten | |
Buchladen in Washington führen, schreiben etwa in einem offenen Brief: „In | |
jedem Fall wird der Kauf der Post mit Sicherheit den Einfluss von Bezos und | |
Amazon in Washington, der bereits beträchtlich ist, erhöhen.“ | |
Verdächtig erscheint ein früher in diesem Jahr unterzeichneter Vertrag mit | |
einem Wert von 600 Millionen Dollar (rund 453 Millionen Euro) zwischen | |
Amazon und dem Geheimdienst CIA. Darin geht es um die Zusammenarbeit bei | |
der Online-Datenspeicherung. | |
## Wird Bezos die Berichterstattung beeinflussen? | |
Erst kürzlich besuchte US-Präsident Barack Obama ein Amazon-Lager in | |
Tennessee, um dort eine Rede vor Angestellten zu halten. Der Mitbegründer | |
von „Free Press“, einer gemeinnützigen Organisation für öffentliche | |
Interessen und Demokratie, Robert McChesney, erklärte: „Zeitungen mit | |
Monopolstellung, insbesondere die Washington Post in der Hauptstadt der | |
Nation, die vielleicht wirtschaftlich gesehen kein rentables Unternehmen | |
mehr sind, haben immer noch große politische Macht.“ | |
Diese seien jetzt ein „Spielzeug“ für jene Milliardäre, die diese aggress… | |
benutzen könnten, um ihre eigene Politik voranzutreiben. Die Sorge: Bezos | |
könnte in Zukunft, direkt oder indirekt, die Berichterstattung der | |
Washington Post beeinflussen. | |
Viele schreckt zudem das Vorgehen von Amazon im Buchhandel auf. Dort setzt | |
das Unternehmen häufig auf Niedrigpreise, um die Konkurrenz unter Druck zu | |
setzen und den eigenen Marktanteil zu steigern. „Wir haben Schwierigkeiten, | |
Don Grahams Zuversicht zu teilen, dass der Amazon-Gründer das Richtige tun | |
wird und die hohen journalistischen Standards der Post erhalten wird“, | |
schreiben Graham und Muscatine. | |
Reporter der Zeitung gewannen bisher 47 Pulitzer-Preise und waren in den | |
70ern maßgeblich am Aufdecken des „Watergate“-Skandals um US-Präsident | |
Richard Nixon beteiligt. Zudem habe Bezos bisher keine Erfahrung im | |
Zeitungsgewerbe und es sei fraglich, ob mit ihm als Außenseiter in | |
Washington die tiefe Verbundenheit der Washington Post zur Region erhalten | |
bleibe. | |
## Nicht alle sind kritisch | |
Diese Sorgen werden aber nicht von allen Kommentatoren geteilt. So äußerten | |
sich beispielsweise die legendären Reporter Carl Bernstein und Bob | |
Woodward, die für die Washington Post die Watergate-Affäre aufdeckten, | |
positiv zum Verkauf. „Er ist der Innovator, er hat das Geld und die Geduld, | |
wir werden sehen. Ich denke, auf eine gewisse Art und Weise könnte das die | |
letzte Chance der Post sein zu überleben, zumindest in einer gewissen Form | |
von dem, was sie einmal war“, sagte Woodward der Huffington Post. | |
Der Zeitungsberater Alan D. Mutter betonte zudem, dass dies das erste Mal | |
sei, dass jemand, der ursprünglich aus dem digitalen Bereich kommt, eine | |
bedeutende Zeitung kauft. „Ich glaube, er hat die Zeitung gekauft weil er | |
sich das Unternehmen neu vorstellen möchte und die Post eine weltweite | |
Kultmarke ist“, sagt er, „und er kennt sich damit aus, weltweite Kultmarken | |
aufzubauen.“ | |
21 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Lisa Wolf | |
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