# taz.de -- Aufstand der Flüchtlinge (3): Zu Fuß durch Bayern | |
> In Franken planen Flüchtlinge einen 300-Kilometer-Marsch. Sie wollen mit | |
> der Aktion erneut auf ihre schwierige Lage aufmerksam machen. | |
Bild: Schöne Landschaft, trostloses Leben: Rapsfeld im Fränkischen | |
MÜNCHEN taz | Zehn Monate lang lebt Lukas Yohannes bereits im | |
niederbayerischen Passau. Der 22-Jährige kam mit dem Flugzeug direkt aus | |
Äthiopien. Sein Onkel hat ihm die Reise bezahlt. 200.000 äthiopische Birr, | |
das sind umgerechnet knapp 8.000 Euro. Wenn Lukas Yohannes über das | |
berichtet, was ihm als Sympathisant der Oppositionspartei widerfahren ist, | |
kommen ihm schnell die Tränen. | |
In Deutschland hat er Asyl als politischer Flüchtling beantragt. Das war im | |
November 2012. Auf eine Antwort von den Behörden wartet er seither | |
vergeblich. „Es gab noch nicht mal ein Gespräch, keinen Termin, nichts“, | |
sagt Yohannes. „Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie es in Zukunft mit | |
mir weitergehen soll.“ | |
Fest steht aber: Herumsitzen und warten möchte er nicht. Stattdessen will | |
er kämpfen, so wie viele Asylsuchende in Bayern. „Wir sind nicht illegal“, | |
sagt Yohannes. „Wir wünschen uns das Recht, uns frei bewegen zu dürfen, das | |
Recht, die Sprache zu erlernen und arbeiten zu können. Das sind unsere | |
Forderungen.“ | |
Es gehe ihm um Gleichberechtigung, wie er sagt, und um die Anerkennung der | |
Flüchtlinge als menschliche Wesen, die man nicht einfach so versauern | |
lassen dürfe. Deshalb war Yohannes bereits beim Streik der Asylsuchenden am | |
Münchner Rindermarkt dabei. | |
## Keine Instrumentalisierung | |
Mehr als 50 Flüchtlinge hatten Ende Juni auf dem kleinen Platz in der | |
Innenstadt ein notdürftiges Zeltlager errichtet und waren zuerst in den | |
Hunger- und später in den Durststreik getreten – so lange, bis die Polizei | |
den Protest auflöste und die Streikenden ins Krankenhaus brachte. | |
Immer wieder hieß es danach, die Flüchtlinge seien instrumentalisiert | |
worden. „Das ist absolut falsch“, sagt Yohannes. „Wir haben uns | |
zusammengesetzt und uns beraten. Jeder von uns hat das Risiko zu sterben | |
ganz bewusst in Kauf genommen.“ | |
Nun haben die bayerischen Flüchtlinge einen neuen Plan: Am 15. August | |
wollen sie von Würzburg und Bayreuth aus nach München marschieren. Das sind | |
jeweils knapp 300 Kilometer. Auf dem Weg sollen möglichst viele Flüchtlinge | |
dazustoßen. „Schwer zu sagen, wie viele teilnehmen werden“, sagt Yohannes. | |
„Ich rechne mit mindestens 200, vielleicht auch mehr.“ | |
Auch diesmal ist der Protest von Asylbewerbern organisiert. Er selbst | |
koordiniert die TeilnehmerInnen aus Passau. Eine Sondergenehmigung für 10 | |
Euro hat er bereits beantragt, um nach Würzburg zu fahren. Etwa 30 weitere | |
Flüchtlinge aus Passau wollen es ihm gleichtun. Anfang September wollen die | |
Flüchtlinge in München ankommen – kurz vor der bayerischen Landtagswahl am | |
15. September. | |
10 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Marlene Halser | |
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