# taz.de -- Nahost-Friedensprozess: Israel entlässt und baut | |
> Vor dem Start der Friedensverhandlungen kündigt Israel die Freilassung | |
> von 26 palästinenischen Langzeithäftlingen an – und den Bau von über | |
> 1.000 Siedlungswohnungen. | |
Bild: Kein Siedlungsstopp: Israelische Kinder feiern den Bau einer Hüpfburg in… | |
JERUSALEM ap | Die israelische Regierung hat die Namen von 26 | |
palästinensischen Häftlingen veröffentlicht, die im Rahmen der | |
Nahost-Friedensbemühungen freigelassen werden sollen. Die meisten von ihnen | |
sitzen seit mehr als 20 Jahren in Haft. 21 wurden einst wegen der Tötung | |
von Israelis verurteilt oder als palästinensische Kollaborateure | |
verdächtigt, anderen wurde versuchter Mord oder Entführung vorgeworfen. | |
Dies geht aus der vom israelischen Gefängnisdienst am Montag im Internet | |
veröffentlichten Liste hervor. | |
Die israelische Regierung hatte die Freilassung von insgesamt 104 | |
palästinensischen Häftlingen zugesagt. Die Palästinenser sahen dies als | |
Voraussetzung für die neuen Friedensverhandlungen, die am Mittwoch in | |
Jerusalem offiziell starten sollen. Die Freilassung ist in vier Schritten | |
geplant. In der ersten Welle sollen 14 Häftlinge in den Gazastreifen | |
entlassen werden, zwölf in das Westjordanland. | |
In Israel gibt es jedoch lautstarken Protest gegen die Freilassungen. Die | |
Häftlinge sind für viele Israelis Terroristen. Meir Indor, Chef einer | |
Gruppe, die die Opferfamilien vertritt, sprach von einem „traurigen Tag für | |
die betroffenen Familien und für die israelische Gesellschaft“. Nach der | |
Veröffentlichung der 26 Namen können in den kommenden zwei Tagen noch | |
Beschwerden bei Gerichten eingereicht werden. | |
Palästinenser und Israelis hatten sich unter amerikanischer Vermittlung | |
erstmals vor zwei Wochen wieder auf die Wiederaufnahme von | |
Friedensverhandlungen verständigt. Binnen neun Monaten soll ein Abkommen | |
stehen. | |
Die israelische Regierung gibt seither widersprüchliche Signale: Einerseits | |
erfüllt sie die Forderung nach Freilassung von Häftlingen, andererseits | |
setzt sie den von Palästinensern scharf kritisierten Siedlungsbau fort. Am | |
Sonntag hat Israel die Ausschreibung für den Bau von mehr als tausend neuen | |
Siedler-Wohnungen angekündigt. | |
## Bauminister weist Kritik zurück | |
Laut Ankündigung des Bauministeriums sollen in Ost-Jerusalem 793 Wohnungen | |
entstehen, im Westjordanland 394. Sie liegen im Süden und Nordosten des | |
1967 annektierten Teils von Jerusalem sowie in drei großen Siedlungsblöcken | |
im Westjordanland. Bauminister Uri Ariel von der nationalistischen Partei | |
Jüdisches Heim wies Kritik am Siedlungsbau kategorisch zurück: „Kein Land | |
der Welt akzeptiert Diktate anderer Länder zu den Orten, an denen es bauen | |
darf oder nicht.“ | |
Der palästinensische Unterhändler Mohammed Schtajeh sagte, die geplante | |
Ausschreibung zeige, dass „Israel es mit den Verhandlungen nicht ernst | |
meint“. Die Bauvorhaben sollten offenbar die Basis für ein von der | |
internationalen Gemeinschaft gewollten Verhandlungsergebnis zerstören, | |
nämlich einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967. Die USA müssten | |
„klar und entschlossen“ dagegen Position beziehen. | |
Netanjahu ließ die Kritik zurückweisen. Der angekündigte Siedlungsbau | |
ändere für die Friedensverhandlungen „nichts“, erklärte sein Sprecher Ma… | |
Regev. Schließlich würden Jerusalem und die Siedlungsblöcke immer zu Israel | |
gehören, egal wie eine Friedenslösung aussehe. | |
Aus Netanjahus Umfeld verlautete überdies, der Regierungschef habe sich am | |
Wochenende in einem Brief an US-Außenminister John Kerry über | |
„Provokationen“ durch Abbas beklagt. Dabei ging es um Äußerungen des | |
Palästinenserpräsidenten vom Juli, dass in einem Palästinenserstaat | |
überhaupt keine Israelis erwünscht seien. | |
Wegen des israelischen Siedlungsbaus in den besetzten Gebieten hatte es | |
seit fast drei Jahren keine direkten Friedensgespräche zwischen Israelis | |
und Palästinensern gegeben. Die Palästinenserführung hatte auf einen | |
kompletten Siedlungsstopp als Vorbedingung für die neuen Friedensgespräche | |
verzichtet. | |
## Siedlungsbauten für den Koalitionsfrieden | |
Laut israelischen Medienberichten war die Ausschreibung eine Bedingung | |
dafür, dass die Siedlerpartei Jüdisches Heim von Wirtschaftsminister | |
Naftali Bennett, die gegen die Freilassungen ist, in der Regierung | |
verbleibt. | |
Die vor zwei Wochen begonnenen direkten Friedensgespräche sollen am | |
Mittwoch in Jerusalem und später in Jericho in eine zweite Runde gehen. | |
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sicherte Deutschlands | |
Unterstützung der Verhandlungen zu. „Dies ist ein entscheidender Zeitpunkt | |
für Ihr Land, die Region und die ganze Welt“, sagte er am Sonntag nach | |
einen Treffen mit dem israelischen Präsidenten Schimon Peres. | |
„Wir dürfen auf keinen Fall den Kräften das Feld überlassen, die an einem | |
Erfolg von direkten Gesprächen nicht interessiert sind“, appellierte | |
Westerwelle, der auch die israelische Chefunterhändlerin und | |
Justizministerin Zipi Livni traf. Am Montag standen Treffen mit Netanjahu | |
und Abbas auf dem Programm. | |
12 Aug 2013 | |
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